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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola
Autoren: Die Farbe von Kristall
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Beratung dauert 1 Stunde 20 Minuten. Der von
dem Obmann verkündige Wahrspruch spricht den Angeklagten von der Ermordung
seiner beiden Eltern frei, dagegen schuldig des Mordes seiner ersten Frau
sowie des Mordversuchs gegenüber der zweiten und dritten Frau und den beiden
Kindern.
     
    Erstes
Morgenblatt   Montag,
23. März 1914
    Frankfurter
Zeitung und Handelsblatt
     
    Wie ein
Berichterstatter meldet, soll der Giftmörder Karl Hopf Montag Vormittag sieben
Uhr im Hof des Strafgefängnisses zu Preungesheim hingerichtet werden, Die
letzte Hinrichtung in Preungesheim geschah am 1. April 1912. Damals wurde der
Arbeiter Johann Pöllmann, der Mörder des Agenten Biener, enthauptet. Am   17. August 1911 war der Zeugfeldwebel   Müller von Hanau in Preungesheim hin
gerichtet worden, am 12. November 1904   Groß und Stafforst, die den Klavierhändler Lichtenstein ermordet hatten.

    Lehren
des Prozesses Hopf
    Die
folgenden Ausführungen (...) sollen einiges erörtern, was im Laufe der
Untersuchung und Verhandlung zutage getreten und der Besprechung wert ist. Das
öffentliche Urteil über Karl Hopf stand eigentlich von Anfang an fest, als er
nach seiner Verhaftung zugegeben hatte, daß er seine Frau Wally durch Arsen
und Bakterien aus dem Wege räumen wollte, um in den Besitz einer hohen
Versicherungssumme zu gelangen. (...) Aber nicht von Hopf soll jetzt die Rede
sein, sondern von einigen Dingen, die mit seinen Taten in engem Zusammenhang
stehen und die Öffentlichkeit in hohem Grade interessieren.
    Da
wirft sich zunächst von selbst die Frage auf: wie war es möglich, daß ein Privatmann
ohne wissenschaftliche Qualifikation imstande war, sich diese Bakterien zu
verschaffen, welche die schlimmsten aller Krankheiten hervorrufen können? (...)
Höchstes Bedenken muß es erregen, daß ein Mann einfach auf einen Bestellschein
hin, weil seine Briefbogen den Vermerk »chemisches und bakteriologisches
Laboratorium« trugen, nicht einmal, sondern öfters Kulturen der giftigsten
Bakterien zugeschickt bekam. (...)
    Wie kam
es, daß erst bei der Erkrankung der dritten Frau, obgleich auch bei seinen früheren
Opfern Symptome der Vergiftung zutage traten und obgleich in Niederhöchstadt,
seinem ehemaligen Wohnort, einer dem andern zuraunte, daß Hopf seine beiden
Frauen vergiftet habe, das Verbrechen entdeckt ward?
    Haben
die Ärzte so gehandelt wie es sein soll und muß? Es ist nicht leicht, auf diese
Frage ohne weiteres sofort die richtige Antwort zu finden, und man darf nicht
blindlings dem »Volksurteil« zustimmen, das auf Grund der Aussagen in dem Hopfprozeß
sozusagen den Bankerott der ärztlichen Wissenschaft erklärt hat. Zweifellos
aber sind auch für den Laien erkennbar, ärztliche Verstöße vorgekommen.
    Nehmen
wir den Fall der ersten Frau, der Frau Josefa. Sie war
    von
Anfang Oktober bis Ende November krank. Das Hauptsymptom war Erbrechen, bis zu
achtzigmal am Tag! Schon die enorme Zahl hätte, so kalkuliert der
Laienverstand, den Arzt schließlich lehren müssen, daß eine Vergiftung vorlag.
(...) Vor allen Dingen aber muß man es rügen, daß eine chemische Untersuchung
des Erbrochenen unterblieben ist.(...) Der Arzt hätte aber auch mißtrauisch
werden müssen, erstens, weil er Schlimmes von Hopf hörte und zweitens, weil
dieser die Arzneien selbst zubereitete. Das durfte von ihm unter keinen Umständen
zugelassen werden. Dazu kommt, daß die Sektion in so überaus mangelhafter Weise
vorgenommen wurde. Eine regelrecht ausgeführte Sektion hätte wohl wichtige
Anhaltspunkte gegeben, und die Folge wäre dann sehr wahrscheinlich gewesen,
daß schon 1902 die Verbrecherlaufbahn Hopfs ihr Ende gefunden hätte. (...)
    Irren
ist menschlich! Diese Worte fielen am letzten Tag der Verhandlung, kurz vor
der Rechtsbelehrung der Geschworenen, am Tische der Staatsanwaltschaft. Sie
bezogen sich auf den Niederhöchstädter Arzt, der menschlich und medizinisch
geirrt habe. Die Irrungen im Fall Hopf sind damit aber nicht beendet. (...)
Auch die Gerichte haben geirrt und gefehlt, die Gerichte, die früher dem
Ankläger Hopf zur Ehrenrettung verhalfen, und die benachbarte
Staatsanwaltschaft, die dem Giftmordverdacht nicht nachging, sondern die Sache
auf sich beruhen ließ, weil der angebliche Sachverständige, der Arzt, davon
abriet. (...)
    Der
Gendarmerie Wachtmeister, derselbe Zeuge, der hier vernommen wurde, hatte mit dem
Staatsanwalt gesprochen, um einen Haftbefehl gegen Hopf zu erhalten, bekam aber
die Antwort, es sei nichts zu
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