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Hahn im Korb.

Hahn im Korb.

Titel: Hahn im Korb.
Autoren: Andrea Camilleri
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zusteuerte.
      »Ich würde gern mit dir sprechen, morgen vielleicht, wenn es dir paßt.«
    »Wann es Ihnen beliebt.«
    Er fragte sich nicht, worüber der Herr Doktor mit ihm reden wollte, wenngleich ihn seine Bitte ein wenig verwunderte. Sie pflegten eigentlich keinen besonders vertraulichen Umgang, und die wenigen Male, bei denen Vito ärztliche Hilfe gebraucht hatte, hatte man sich auf die nötigsten Worte beschränkt. Im übrigen hatte das Unglück, das seiner Tochter zugestoßen war, Scimeni zu einem muffigen Griesgram gemacht. Auch heiraten wollte er nicht mehr, nachdem er Witwer geworden war.
    »Also sagen wir um sechs Uhr bei mir zu Hause.«
    »Selbstverständlich. Gute Nacht.«
      Der Arzt blieb stehen und beobachtete Carmela, die, sich mit einer Hand an der Mauer abstützend, auf ihn zukam.

    »Und ich sage dir, das ist eine Bande von Halunken!«
      Masino saß, die Hände in der Hosentasche, ein Streichholz zwischen den Zähnen, rittlings auf dem Rand des Billardtischs. Er erhob nicht die Stimme, gab sich jedoch alle Mühe, seine Worte besonders provokativ klingen zu lassen.
      »Einige kann man aus dem Spiel lassen«, meinte Pasquale vorsichtig und verfolgte dabei noch immer angestrengt die Bahn der Kugel.
    »Keinen einzigen.«
      »Auch nicht meinen Bruder?« fragte Vasalicò und legte seinen Stock auf den Filz des Billardtischs.
      »Dein Bruder gibt den Ton an«, legte Masino seelenruhig nach.
      Vasalicò blickte um sich. In diesem Augenblick kam Vito herein und begriff sofort, daß es besser war, sich nicht einzumischen. Wie so oft würde die Diskussion zwischen Masino und Vasalicò, dessen Bruder Bürgermeister war, nur auf ein Wortgefecht hinauslaufen.
      »Da ist doch nichts, kommt schon, lassen wir das sein«, griff Pasquale als Streitschlichter ein. Dann aber brauste er plötzlich auf: »Ja ist es denn möglich, daß ihr jeden Abend …?!«
    »Du bist dran«, sagte Masino zu Vasalicò, und der griff, im Zweifel, ob die Aufforderung der Streiterei oder dem Spiel galt, lieber zum Billardstock.
      »Die von der Gemeindeverwaltung müßten alle enden wie der Bürgermeister von Masàra«, fuhr Masino fort, »dem sie abends um neun eine vor den Latz geknallt haben. Der hatte nämlich denen von Masàra hoch und heilig versprochen – das muß sich einer vorstellen, ausgerechnet dort, wo jeder zweite Haushalt einen Verwandten im Knast sitzen hat –, eine Amnestie für alle Häftlinge zu erlassen, wenn sie ihm ihre Wählerstimme gäben. Und diese Idioten dort haben ihm geglaubt und ihn gewählt. Als ihnen dann, nach ein paar Monaten, aufging, einen Riesenschwachsinn gemacht zu haben …«
      »Ich kenn' die Geschichte besser als du!« unterbrach ihn Vasalicò.
      »Wenn du sie wirklich kennst, solltest du deinem Bruder sagen …«
      »Verdammt noch mal, spielen wir dieses Spiel jetzt zu Ende oder nicht?« platzte Pasquale heraus.
      Sofort machte Vito sich Pasquales Eingriff zunutze und sagte zu Masino: »Gib mir zwei Schachteln Nazionali.«
      Ohne die Hand aus der Hosentasche zu nehmen, schlurfte der hinüber zum anderen Raum, wo Zigaretten verkauft wurden. Aber bevor er durch die Tür ging, drehte er sich zu Vasalicò um.
    »Dumm ist nur, daß wir hier nicht in Masàra sind.«
    Vasalicò tat so, als hätte er nichts gehört.
      »Ich begreife nicht«, sagte Vito, während Masino das Klappbrett hob, um hinter die Theke zu gehen, »warum du so ein Vergnügen daran hast, Vasalicò zu verarschen.«
      »Das geht dich einen Furz an«, erwiderte Masino und schob ihm die zwei Zigarettenpäckchen hin.
    »In Ordnung, aber eines schönen Tages wird er richtig
    sauer werden …«
    »Na und? Soll er doch.«
      »Wir sehen uns morgen.« Vom anderen Raum her ertönte Vasalicòs Abschiedsgruß, aber keiner von den beiden erwiderte ihn.
      » Buona notte«, wünschte Pasquale und steckte den Kopf zur Tür herein.
      »Ja und?« fragte Masino erneut, als hätte er nicht einmal Pasquales Gruß gehört.
      »Lassen wir es gut sein«, sagte Vito und folgte Pasquale, der schon bei der Tür angelangt war.
      »Wenn du fünf Minuten auf mich wartest«, sagte Masino, »mach' ich hier dicht und begleite dich nach Hause. Unterwegs kannst du mir dann erklären, was Vasalicò mir so alles antun könnte«, sagte er lachend.
      »Lassen wir das besser; entschuldige, aber morgen muß ich früh raus und aufs Land. Du hältst mich sonst noch bis zum Tagesanbruch wach.«

    »Es ist gleich
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