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Härtling, Peter

Härtling, Peter

Titel: Härtling, Peter
Autoren: Hölderlin
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erfahren, die den Dichter Hölderlin erst hat groß werden lassen.

VI.
    Härtlings »Hölderlin« besteht freilich nicht nur aus einem, sondern aus zwei Romanen. Er hat nicht nur einen Roman über Hölderlin geschrieben, sondern auch einen über sich selbst.
    Zuallererst ist er sich als Autor ein Thema. Er schreibt, wie er mit Stoffen, Materialien der eigenen Erinnerung umgeht. Deutlich werden die Stimmungen, die ihn beim Arbeiten begleiten, welche Empfindungen davon im Roman wieder auftauchen und warum. Härtling erzählt, wie sich das Schreiben dieses Romans vollzieht, eine kleine Dichterschule in eigener Sache.
    Wie Hölderlin hat sich Härtling als Schriftsteller auch in einer Nachfolgerolle befunden. Ruhm im engeren Freundeskreis umgab sie beide rasch. Doch dann fand Härtling in seiner Zeit die Positionen besetzt. Härtlings Schiller beispielsweise hieß Böll oder sein Schubart Heißenbüttel. Er gehörte nicht wie Böll und Heißenbüttel jener Generation an, die begonnen hatten, die Nachkriegsliteratur zu schreiben. Unter diesen Pionieren mußte er sich erst einen Platz erkämpfen.
    Härtling hat mit dem »Hölderlin« auch seinen schwäbischen Heimatroman geschrieben. Mit Liebe spricht er von Flüssen, Gegenden, Ortsansichten – Menschen kommen keine vor. Er hat sich, wie Hölderlin, an der Enge gestoßen, aber er hat in diesem schwäbischen Dichter nicht nur in der Ablehnung einen Verbündeten gefunden. »Daß ein Gespräch wir sind« – diese Vorstellung Hölderlins vom Menschen, die Nürtingens Enge weit hinter sich läßt, hat Härtling übernommen. Alles, womit dieses Gespräch unterbrochen wird, ist gegen uns gerichtet. Daher rührt auch Hölderlins Friedensliebe, bei Härtling, bescheidener, dessen Pazifismus. Beide hat der Krieg geprägt. Hölderlin kannte im Grunde den Frieden nur aus Büchern, und Härtling hat durch den Krieg seine Eltern verloren und eine der einschneidensten politischen Erfahrungen gemacht: Über Nacht waren aus Nazis glühende Demokraten geworden, die ihm, dem Pimpf von einst, sogar noch drohten. Gewalt und Lüge sind deshalb bei beiden geächtet.
    Durch Hölderlin ist Härtling mit Folgen für sein Denken auf das ihm liebste Paar gestoßen: Ernst und Charlotte Zimmer. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie den kranken Hölderlin aufnahmen und sich um ihn kümmerten, rührte und bestärkte Härtling. Sie sind für ihn in ihrer praktizierten Freundlichkeit und Sorge um einen Dichter das konkret gewordene Gespräch und verkörpern in seinem Denken nicht weniger als das Modell einer besseren Zukunft. Zudem stehen sie für die Aussicht, daß diese Zukunft, da sie einmal bereits real war, verwirklicht werden könne. Allerdings, das lehrt der Hölderlin-Roman, müßte es mehr Zimmers geben. Entschieden mehr. Und das rasch.

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    Editorische Notiz

    Die Erstausgabe von Peter Härtlings »Hölderlin. Ein Roman« erschien zum ersten Mal 1976 im Hermann Luchterhand Verlag, Darmstadt und Neuwied. 1989 kam der Roman, neu durchgesehen, in der Luchterhand Bibliothek heraus. Dem Abdruck hier liegt der Text der 1. Auflage dieser Ausgabe zugrunde. Orthographische und grammatikalische Fehler sowie Inkonsequenzen in der Interpunktion wurden beseitigt.
    K.S.

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    Lebensdaten von Peter Härtling

    13.11.1933 Geburt in Chemnitz. Kindheit in Hartmannsdorf bei Chemnitz, wo der Vater eine Rechtsanwaltskanzlei unterhält.

    1941 Umzug nach Olmütz/Mähren, der Vater versucht sich dem direkten Zugriff der Nazis zu entziehen.

    1945 Flucht nach Zwettl/Niederösterreich, dort erlebt Härtling den Einmarsch der russischen Armee. Weitere Flucht zusammen mit der Mutter, der Großmutter und der Tante nach Wien und von dort mit vielen Zwischenstationen Richtung Westen.

    Juni 1945 Tod des Vaters im russischen Kriegsgefangenenlager Döllersheim. Härtling erfährt davon erst ein Jahr später.

    Anfang 1946 Eintreffen in Nürtingen. Nach einem ¾ Jahr ohne Schule geht Härtling wieder zum Gymnasium.

    Oktober 1946 Selbstmord der Mutter.

    1948 lernt Härtling den früheren Kommunisten und Maler Fritz Ruoff kennen, einen Mann, der von den Nazis verfolgt wurde und für Härtling ein Mentor wird.

    Winter 1951 verläßt Härtling das Gymnasium, er kommt mit den Lehrern nicht zurecht, die ihren Dienst versehen, wie sie das seit den Nazis gewohnt sind. Für kurze Zeit arbeitet Härtling in der Buchhaltung einer Glühlampenfabrik.

    Frühjahr 1951 besucht Härtling die von HAP Grieshaber gegründete
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