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Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis

Titel: Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis
Autoren: Peter Schwindt
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hielt Katlyn am Arm fest. „Lass uns woandershin gehen.“
    Er nahm sie bei der Hand und führte sie zu der Quelle, die vor dem Burgtor aus einem Felsen entsprang. Gwyn setzte sich ins Gras und Katlyn kniete sich neben ihn. Über ihnen stand der Mond am Himmel und zauberte einen silbernen Rand auf die vorüberziehenden Wolken. Die Luft war kühl.
    „Es beginnt“, sagte Gwyn niedergeschlagen.
    „Was beginnt?“, fragte Katlyn verwirrt.
    „Lancelot hat mich gewarnt. Wenn man König ist, so sagte er, verändern sich die Dinge. Zunächst nur langsam, kaum merklich, doch als ich vorhin das Tor aufgestoßen habe und die Treppe hinabgestiegen bin, habe ich sie verspürt.“
    Katlyn schaute Gwyn verunsichert an.
    „Die Einsamkeit“, erklärte Gwyn. „Die Einsamkeit, die mit der Macht einhergeht.“
    Katlyn lachte und es klang so hell, dass Gwyns Herz einen Schlag lang aussetzte. „Gwyn, du bist nicht allein“, rief sie.
    „So? Bin ich das nicht?“ Er schaute sie hoffnungsvoll an.
    „Nein, du Dummkopf! Wir sind alle bei dir! Und wir werden dich nie verlassen!“
    „Aha“, machte Gwyn nur, denn er hatte sich eigentlich eine persönlichere Antwort erhofft. Er öffnete den Verschluss der Kiste und holte die Krone hervor, um sie ins Mondlicht zu halten. Dann setzte er sie sich auf den Kopf. Er ließ sie los und sie rutschte ihm vor die Augen.
    „Sie ist ein wenig groß“, stellte Katlyn fest.
    „Ja, das habe ich vermutet“, sagte Gwyn tonlos, als er sie wieder absetzte.
    „Aber weißt du, das wird sich ändern!“ Katlyn lächelte. „Du wirst wachsen.“
    „Glaubst du?“
    „Ich bin mir sicher. Eines Tages wirst du so groß sein, dass dir keine Krone mehr passt.“ Sie stand auf und reichte Gwyn die Hand. Er ergriff sie und ließ sich von Katlyn auf die Beine ziehen.
    „Die Zukunft ist düster genug“, sagte sie. „Lass uns mit den anderen feiern und diesen Abend genießen.“

 
    Eine neue Tafelrunde
     
     
     
    „Ich glaube, das war die wüsteste Feier, der ich je beigewohnt habe“, krächzte Tristan müde. „Der Met, den diese Leute brauen, hat es jedenfalls in sich.“ Schon seit einiger Zeit rührte er seinen Teller mit Haferbrei um, ohne jedoch einen Bissen zu sich zu nehmen.
    „Du verträgst nichts mehr“, murmelte Degore in seinen Bart. Seine Augen waren blutunterlaufen und um die Nase war er erstaunlich blass. Auch er schien keinen sonderlichen Appetit zu haben. „Nimm dir ein Beispiel an unserem König und seinen Freunden. Sie wirken frisch wie ein Frühlingsmorgen.“
    „Oh, süßer Vogel Jugend“, murmelte Tristan und Gwyn musste grinsen.
    Die Feier, die Daffydd zu seinen Ehren arrangiert hatte, war trotz der misslungenen Krönungszeremonie schnell zu einer äußerst ausgelassenen Veranstaltung geworden. Nach all den Jahren waren die Bewohner von Dinas Emrys froh gewesen, endlich wieder einen Anlass zum Tanzen, Singen und Lachen zu haben. Nun saßen sie alle gemeinsam in der Küche und nahmen übernächtigt ein verspätetes Frühstück ein.
    „Ihr habt Euch gestern wacker geschlagen“, sagte Gwyn zu Tristan.
    „Wacker geschlagen? Wobei?“ fragte er irritiert.
    „Nun, bei diesem Trinkspiel, das Ihr aus dem Stegreif erfunden habt“, antwortete Orlando und legte noch etwas von dem Brei nach. „Aber leider musstet Ihr Euch dem erfahreneren Ritter geschlagen geben.“
    „Ja, Sir Lancelot hat Qualitäten an den Tag gelegt, die man bei ihm niemals vermutet hätte“, sagte Cecil teils ironisch, teils bewundernd.
    Tristan blickte jetzt auf und schaute sich in der Runde um. „Wo ist er eigentlich? Liegt er etwa noch im Bett?“
    Katlyn schüttelte den Kopf. „Ich habe ihn bereits kurz nach Sonnenaufgang bei der Schmiede gesehen. Vermutlich wollte er mit körperlicher Ertüchtigung jene Dämonen aus seinem Kopf vertreiben, die der Met heraufbeschworen hatte.“
    „Kurz nach Sonnenaufgang? Aber da war das Fest doch gerade erst zu Ende!“ sagte Degore.
    „In der Tat“, sagte Katlyn, die ein Grinsen nur schwer unterdrücken konnte, und schenkte sich noch einen Becher Milch nach.
    „Hat der alte Angeber etwa nicht geschlafen?“, fragte Tristan.
    „Nein, hat er nicht“, sagte eine aufgeräumte Stimme hinter ihm. Alle drehten sich zu Lancelot um, der frisch und erholt aussah, als hätte er kurz zuvor ein Bad in einem kühlen Bergsee genommen. Er kletterte über die Bank, setzte sich neben Degore und legte einen Arm um dessen Schulter. „Ihr hingegen seht aus, als wäret Ihr am
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