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Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis

Titel: Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis
Autoren: Peter Schwindt
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Gefährten zu gesellen, die ihre Plätze in der hintersten Reihe eingenommen hatten. Eine feierliche Stille lag über dieser Versammlung von Rittern und Bauern. In diesem Moment, dem triumphalsten in seinem Leben, fühlte sich Gwyn so einsam wie nie zuvor. Am liebsten hätte er sie alle zu sich hinaufgerufen. Langsam schritt er die Treppe hinab und blieb vor der Versammlung stehen. Verdammt, was sollte er jetzt tun? Was erwartete man von ihm? Musste er jetzt eine Ansprache halten? Nervös knetete er die schweißnassen Hände.
    Daffydd, der bemerkt hatte, in welchen Schwierigkeiten der junge König steckte, richtete sich auf, und mit ihm die Männer und Frauen, die sich hier eingefunden hatten, um einem neuen Anfang beizuwohnen. Dann ging Daffydd zu einem Tisch, auf dem eine mit silbernen Beschlägen verzierte Kiste aus Ebenholz stand. Er nahm sie in beide Hände und stellte sich neben Gwyn. Daffydd schaute feierlich in die Runde, als sich plötzlich ein breites Lächeln auf sein faltiges Gesicht legte.
    „Der König ist heimgekehrt!“ rief er mit lauter, fester Stimme in die Runde. Dann brach ein ohrenbetäubender Jubel los.
    Daffydd öffnete den Deckel der Kiste und hielt sie Gwyn entgegen. Auf rotem Samt lag eine goldene, mit weißen Perlen und schwarzem Obsidian verzierte Krone, die entfernt an einen Lorbeerkranz erinnerte.
    „Ihr müsst sie aufsetzen“, flüsterte Daffydd.
    Gwyn nahm die Krone in die Hand und betrachtete sie mit seltsam abwesendem Gesicht. Sie war schwerer, als ihr filigranes Aussehen vermuten ließ. Er biss sich nervös auf die Unterlippe, dann tat er etwas Ungeheuerliches: Gwyn legte die Krone behutsam in die Kiste zurück und verschloss den Deckel. Der Jubel verstummte augenblicklich.
    „Ich bin der König von Dinas Emrys!“ Gwyn ließ die Worte wie Steine in die Stille fallen. „Ich bin der Fischerkönig! Und ich lege vor euch hiermit einen feierlichen Eid ab: Sobald der Gral wieder in unserem Besitz ist, werde ich mich krönen lassen. Ich werde mich nicht aus der Verantwortung stehlen und hoffe, dass ich mit eurer Hilfe ein kluger Herrscher sein werde.“
    Das angespannte Schweigen löste sich in ein vielstimmiges Gemurmel auf. Gwyn, dem der Schweiß in dicken Tropfen auf der Stirn stand, atmete erleichtert aus. Er hob die Hand und es kehrte wieder Stille ein.
    „Ich weiß, wie sehr ihr euch freut, dass die Zeiten der Ungewissheit vorüber sind. Und ich habe gesehen, dass ihr ein Fest vorbereitet habt. Bitte, feiert und seid fröhlich, denn die dunklen Tage haben nun ein Ende gefunden!“
    Ein wenig überrascht über den Verlauf der Zeremonie standen die Menschen noch einen Moment unschlüssig herum. Daffydd gab ein Zeichen und Musik spielte auf. Zögernd begab sich einer nach dem anderen zu den Tischen, die etwas abseits aufgebaut worden waren und alles boten, was Leib und Seele erfreute: Met und Wildbret, Fisch in Kräutertunke, Bucheckernbrot, Würste, deftigen Schinken und Töpfe voll dampfender Suppe.
    „Es tut mir leid“, flüsterte Daffydd. „Vielleicht hätte ich vorher mit Euch sprechen sollen. Aber als wir in der letzten Woche die Krone von König Goon fanden, waren alle ganz aufgeregt gewesen. Viele betrachteten es als ein Zeichen des Himmels!“
    Gwyn legte seinem Hofmeister beruhigend die Hand auf die Schulter. „Ich weiß, Ihr habt in bester Absicht gehandelt.“
    Daffydd lächelte und schaute sich um, als wüsste er nicht, was er nun mit der Kiste anfangen sollte.
    „Ich werde sie nehmen“, sagte Gwyn. „Warum geht Ihr in der Zwischenzeit nicht ein wenig mit Eurer Familie feiern? Ihr habt es Euch verdient. Und richtet bei der Gelegenheit Gilda meinen Dank aus.“ Gwyn zeigte auf seinen Waffenrock.
    „Sehr wohl, Herr.“ Daffydd verneigte sich und gab Gwyn die Kiste.
    „Ich frage mich, ob es eine weise Entscheidung ist, die du soeben getroffen hast“, sagte Lancelot, als sich der Hofmeister entfernt hatte. „Für sie hat die Krone eine andere Bedeutung als für dich.“
    Gwyn warf einen Blick in die Menge. „Ich bin mir sicher, Daffydd wird es ihnen erklären.“ Die Festgesellschaft schien den Schock erstaunlich schnell abgeschüttelt zu haben. Die Musik war laut und die ersten Bauern begannen schon ausgelassen zu tanzen.
    „Steht nicht abseits“, sagte Gwyn zu seinen Gefährten. „Ich möchte nicht, dass sie denken, wir fühlen uns ihnen nicht zugehörig.“
    Lancelot verneigte sich knapp und zog mit den anderen ab.
    „Nein, du nicht“, sagte Gwyn und
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