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Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis

Titel: Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis
Autoren: Peter Schwindt
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einen Überblick über die Versorgungslage geben?“
    „Sicher“, antwortete der Hofmeister und räusperte sich. „Dank Eurer großzügigen Jagderlaubnis haben wir das erste Mal seit sehr langer Zeit genug zu essen. Dennoch wird es vermutlich ein harter Winter für uns, denn wir hatten kein Saatgut, das wir auf die Felder ausbringen konnten. Deswegen wird es dieses Jahr noch keine eigene Ernte geben.“
    „Müssen wir mit einer Hungersnot rechnen?“, fragte Lancelot.
    „Glücklicherweise nicht. Wir haben genug Fleisch räuchern und pökeln können. Außerdem verspricht es eine hervorragende Obsternte zu werden. Wir werden also im Herbst genügend Äpfel zum Trocknen haben. Das Gleiche gilt für viele Kräuter. Wenn wir uns bescheiden, sollten die Vorräte für den Winter reichen. Doch das löst nicht unser drängendstes Problem.“
    „Die Bewohner von Dinas Emrys sind zu alt“, stellte Degore fest.
    „Und ihr seid zu wenige“, ergänzte Lancelot.
    Daffydd holte tief Luft und nickte. „Ich habe mir erlaubt, eine Volkszählung durchzuführen. Derzeit leben 187 Männer und 156 Frauen in Dinas Emrys. Die Jüngsten von ihnen haben die dreißig weit überschritten, im Schnitt sind die meisten älter als fünfzig. Die Arbeitskraft wird in einigen Jahren rapide sinken.“
    „Und wie habt Ihr dieses Problem in vergangenen Zeiten gelöst?“, fragte Lancelot.
    „Alle sieben Jahre ist König Goon ausgezogen und hat den Bauern die Kinder abgekauft.“
    „Schon bald werden die ersten vertrauenswürdigen Boten ausgesandt, um nach Kindern zu suchen“, verkündete Gwyn. „Wir werden die Boten in das Geheimnis der verbundenen Augen einweihen, damit sie mit den Kindern in unser Reich zurückkehren können.“
    „Ihr wollt diese Tradition wirklich wieder aufleben lassen?“, fragte Lancelot und musterte Gwyn skeptisch.
    „Ich vermute, Ihr seid mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden“, sagte Daffydd freundlich.
    „Nein, das bin ich in der Tat nicht. Es hat für mich etwas von Menschenraub.“
    „Wir haben diese Kinder nie gestohlen. Wenn sie uns aber aus der Not heraus angeboten wurden, haben wir sie gerne genommen. Damit das Kind später etwas über seine Herkunft erfahren konnte, haben wir festgehalten, wie die Eltern heißen und wo sie leben.“ Daffydd lächelte jetzt und entblößte dabei seinen zahnlosen Kiefer. „Auch mich hat man als kleinen Jungen nach Dinas Emrys geholt und ich bin König Goon bis heute dankbar dafür. Ich habe hier eine glückliche Kindheit verleben dürfen. Man hat mir sogar Lesen und Schreiben beigebracht.“
    „Ich denke, es ist eine gute Sache, Kinder armer Familien nach Dinas Emrys zu holen“, sagte Degore schließlich.
    „Wer ist sonst noch dafür?“, fragte Gwyn.
    Bis auf Lancelot hoben alle ihre Hand.
    „Ihr seid immer noch dagegen?“
    „Nein“, brummte Lancelot. „Aber ich ziehe es vor, mich in diesem Fall der Stimme zu enthalten.“
    „Dann ist es beschlossen“, rief Gwyn. „Daffydd, wählt vier vertrauenswürdige Männer aus und schickt sie auf die Reise. Sagt ihnen, sie sollen vor der Erntezeit im Herbst wiederkommen. Gebt ihnen alle entbehrlichen Felle mit, damit sie sie unterwegs verkaufen oder gegen Saatgut tauschen können. Wenn dabei noch etwas für das eine oder andere Stück Vieh herausspringen sollte, umso besser.“
    Der Hofmeister nickte.
    „Kommen wir zum nächsten Punkt: Wie weit ist der Wiederaufbau der Burg gediehen?“
    „Der Palas, in dem wir uns hier versammelt haben, wurde als Erstes instand gesetzt, denn wir wussten nicht, wann Ihr zurückkehren würdet. Dann folgten die Straßen und die Wirtschaftshäuser. Der Wehrturm kann, wie ihr schon bemerkt habt, ebenfalls wieder bewohnt werden.“
    „Was ist mit den Verteidigungsanlagen?“, wollte Lancelot wissen.
    Daffydd schüttelte den Kopf. „Keine Verteidigungsanlagen. Sie waren unsere geringste Sorge.“
    „Warum?“, fragte Lancelot überrascht. „Immerhin hat auch der Schutzzauber, der auf Dinas Emrys liegt, Mordred nicht davon abgehalten, vor fünfzehn Jahren keinen Stein mehr auf dem anderen zu lassen.“
    „Ein Zufall.“
    „Der sich jederzeit wiederholen könnte!“
    „Sicher. Doch bis jetzt hat es uns an elementareren Dingen gemangelt als Waffen. Wir hatten nicht einmal mehr Holz. Geschweige denn Werkzeuge!“ Daffydd beugte sich nach vorne. „Und davon abgesehen: Wer hätte Dinas Emrys verteidigen sollen? Die meisten von uns sind so schwach, dass sie noch nicht einmal
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