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Guten Abend, Gute Nacht

Guten Abend, Gute Nacht

Titel: Guten Abend, Gute Nacht
Autoren: Jeremiah Healy
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übereinstimmend die Geschichte. Alle waren überzeugt, daß Daniels und die Verstorbene eine sexuelle Beziehung hatten.
    Aus einem Bericht der Ballistik ging eindeutig hervor, daß es sich bei dem Revolver um die Mordwaffe handelte. Ein zweiter Bericht vom Gerichtsmediziner bestätigte zwei Schußver-letzungen in der Brust als Todesursache, für Geschlechtsverkehr oder Notzucht vor oder unmittelbar nach Eintritt des Todes fanden sich keine Hinweise.
    Es lagen auch Laborberichte über William vor. Die State Police in der 1010 Commonwealth Avenue hatte durch einen Paraffintest an Williams Händen nachweisen können, daß er kurz vorher eine Waffe abgefeuert hatte. Ein weiterer Bericht besagte, daß bei einer Blutuntersuchung keinerlei Drogen festgestellt worden waren — abgesehen von Flurazepam, was zum Teufel auch immer das war. Das letzte Blatt der Akte stammte von einem gerichtlich bestellten Psychiater, der Daniels zum Zeitpunkt der Tat für voll zurechnungsfähig und jetzt verhandlungsfähig erklärte. Ich notierte mir alle relevanten Namen und Adressen, und klappte den Ordner dann zu.
    Rothenberg kam wieder herein, als ich meine Liste gerade in die Jackentasche schob. Er hielt mehrere maschinengeschriebene Blätter in der Hand.
    »Tut mir leid, daß es so lange gedauert hat«, sagte er vergnügt.
    »Ich habe mir die Zeit auch allein vertrieben.«
    »Und?«
    »Können wir reden? Klartext, meine ich?«
    Rothenberg runzelte die Stirn, schenkte mir dann ein »Warum nicht? «-Achselzucken.
    »Wie sieht Daniels’ Verteidigung aus?« sagte ich.
    »Genau da liegt das Problem. Als Williams Mutter mich angerufen hat, hatte ich bereits den Bericht im Fernsehen über den Mord gesehen.«
    »Und?«
    »Hm, wir hatten einen Mord, bei dem Hypnose eine gewisse Rolle spielte. Ich habe mich auf den Fall gestürzt, weil... sind Sie auf dem laufenden, was die juristische Bewertung der Hypnose im Staat Massachusetts betrifft?«
    »Nein.«
    »Okay.« Er legte die Papiere auf den Schreibtisch. »Manche Staatsgerichte sagen, ein hypnotisierter Zeuge könnte vor Gericht aussagen, andere vertreten den Standpunkt, er oder sie kann nicht, da allein schon der bloße Akt des Hypnotisierens gewisse Erinnerungen auslöschen und andere erst erschaffen kann. Können Sie mir folgen?«
    »Noch, ja.«
    »Nun, unser Oberster Gerichtshof hat im Fall Kater entschieden, daß er einen Zeugen als zulässig akzeptieren würde, der gewisse Fakten vor Beginn der Hypnose dargelegt hat, aber keine Fakten, die unter oder nach einer Hypnose geäußert wurden. Alles klar?«
    »Ja, aber...«
    »Lassen Sie mich ausreden. Ich dachte, wir hätten hier einen großartigen Präzedenzfall in Erweiterung zu Kater. Sehen Sie: Kann ein eines Verbrechens Beschuldigter davor bewahrt werden, in den Zeugenstand treten zu müssen, kann er als Zeuge abgelehnt werden, um seine Seite eines Ereignisses darzustellen, das erst bekannt wurde, nach dem er hypnotisiert worden war?«
    »Das hat den Fall zunächst für Sie interessant gemacht?«
    »Genau.«
    »Und was hat sich geändert?«
    »Das hier«, sagte er, schob mir die maschinengeschriebenen Seiten zu.
    Es war eine Abschrift von Notizen, die Rothenberg während eines Gespräches mit Daniels vor einer Woche im Middlesex County-Gefängnis im Gerichtsgebäude von Cambridge gemacht hatte. Rothenberg sprach weiter, während ich las. »Wir teilen uns hier zu so vielen eine Sekretärin, daß es eine Woche dauert, bis man etwas getippt kriegt, wenn’s nicht gerade um Leben oder Tod geht.«
    Ich las die Abschrift zu Ende. Falls stimmte, was darin stand, bestätigte Daniels selbst buchstäblich jedes Detail der Polizeiversion.
    Ich schaute auf. Rothenberg sagte: »Verstehen Sie jetzt?«
    »Ich glaube, ja. Selbst wenn der Richter Daniels Aussage trotz Hypnose zuließe, würde Daniels sich doch nur selbst ans Kreuz nageln.«
    »Genau«, sagte Rothenberg, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Er lächelte seinen begabten Schüler an. »Daniels in den Zeugenstand zu rufen, wäre der reinste Selbstmord.«
    »Und damit ist der Präzedenzfall dann hin.«
    »Hm-hmmmh.«
    Ich schob die Abschrift zurück. »Und was jetzt?«
    Rothenbergs Lächeln verschwand, statt dessen setzte er eine resignierte Miene auf. »Wir plädieren auf verminderte Anklage. Sofern wir können.«
    »>Sofern wir können    »Versetzen Sie sich doch einmal an die Stelle des DA. Besser noch, an die Stelle seines ausführenden
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