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Gute Maedchen tuns im Bett, boese ueberall

Gute Maedchen tuns im Bett, boese ueberall

Titel: Gute Maedchen tuns im Bett, boese ueberall
Autoren: Anne West
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vorbereiteten. Bevor sie zu ihrem Liebsten auf das Lager sanken, ließen sie ihre Gedanken in die weite Welt der Erotik schweifen, spielten alles durch, was sie kannten und was sie sich wünschten. Dadurch fanden sie zu sich selbst, waren bereit und offen. Allein durch die Macht des Geistes konnten sie sich in höchste sexuelle Erregung versetzen. Sie ließen es zu, die Erotik in ihrem Kopf stattfinden zu lassen. So wurde eine Spannung aufgebaut, die sich in ihren Bewegungen, Handlungen und ihrer Ausstrahlung niederschlug. Ebenso haben sich die asiatischen Kulturen eine äußerst blumige Sprache zu eigen gemacht, um den Ritus der sexuellen Vereinigung zu umschreiben: »Chinesische Schlittenfahrt«, »Gans, die auf dem Rücken fliegt« und ähnliche Metaphern. Das mutet beim ersten Hinhören wie eine künstlerische Verharmlosung des guten, alten Rein-Raus-Spielchens an, doch steckt eine weibliche Überlegung dahinter, die uns Westlern eine Menge einbringt: Das Vorspiel besteht nicht nur aus Handlungen, sondern auch in der mentalen Vorbereitung. Und wie wird die Phantasie mehr auf Touren gebracht als durch eine treffende Bildersprache des sonst so klinisch anmutenden Vorgangs der geschlechtlichen Vereinigung? Doch wie Lord Byron schon sagte: »Ich hasse es, eine ermattete Metapher zu Tode zu hetzen«, sollte man sich nicht immer der gleichen Bilder bedienen, um seinen Partner anzumachen. Wir nennen es »kleine Schweinereien ins Ohr flüstern«, ich möchte es als verbale Erotik bezeichnen. Manche Verbalerotiker reden lieber über Sex, als es tatsächlich zu tun. Doch in unserer Gesellschaft haben sie es nicht einfach. Immer wieder treffen sie jemanden, der es nicht ertragen kann, darüber zu reden. Für einen Verbalerotiker gibt es nichts Schlimmeres, als seine Phantasien, heißen Versprechungen und süßen, kleinen Lügen nicht in die Gestalt lockender Worte zu kleiden. Und für einen Menschen, der nie gelernt hat, solche Andeutungen zu genießen, anzunehmen und zuzuhören, gibt es nichts Schlimmeres, als diese Ausbrüche von verhaltener Wollust über sich ergehen zu lassen. Wenn diese Gegensätze aufeinanderprallen, steht die Beziehung - egal welcher Art unter keinem guten Stern. Denn der eine Partner fühlt sich nach kurzer Zeit frustriert, daß der andere nicht auf seine Art der verbalen Erotik anspricht, der andere wird sich bedrängt fühlen und sich in die Ecke des Zwangs-erregt-Seins gedrückt sehen. »Wozu muß ich über eine Sache reden, die mir eh Spaß macht wenn ich nicht dazu gezwungen werde!« Männer und Frauen, die also nicht dieses wundervolle Spiel der verbalen Erotik beherrschen, empfinden starkes Unbehagen, wenn sie auf geflüsterte Obszönitäten reagieren sollen. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens kann es an dem Wie liegen: Fäkalausdrücke wie Arschficken, Fotze, Möse, Titten, Schwanz und Geile Sau sind nicht jedermanns Sache und müssen es auch nicht sein. Aber seltsamerweise können auch zarte Andeutungen Abscheu hervorrufen. Das ist der zweite Grund: Sie haben nie gelernt und es auch nie gewagt, über Sex und seine Ausschweifungen überhaupt zu reden. Es ist ihnen unangenehm. Manch einer versteckt es als romantische Veranlagung, daß alles ohne große Worte geschehen muß. Okay, das ist prima, wenn man sich einfach in die Arme fallen kann und den Koitus ohne ein Wort vollzieht, ein harmonisches Spiel zweier ineinander verschlungener Körper, ein Aufbegehren der Sinne im gemeinsamen Orgasmus. So oder ähnlich verschleiern die Gegner der verbalen Erotik ihre Ablehnung.
    Aber es kommt noch schlimmer: Ich kenne eine wundervolle Frau: sinnlich, attraktiv, sexy, intelligent. Ich hatte immer den Eindruck, daß sie ein erfülltes Sexualleben führte, besonders bei ihrer natürlichen Ausstrahlung. Sie war so fraulich. Und dann vertraute sie mir an, daß ihr Freund beim Sex keinen Ton von sich gebe. Und daß er ihr nie irgendwelche provozierende oder schöne Dinge sagte, die sonst für jede Frau fast selbstverständlich sind: Du riechst gut, dein Haar ist so weich, du hast eine wundervolle Haut. Er liebt sie offensichtlich. Aber bringt keinen Ton heraus. Sie traute sich schon gar nicht mehr, ihn mit verführerischen Blicken zu umgarnen, denn wie oft hatte sie nach einem Abend, den sie gemeinsam bei Freunden verbracht hatten und dann aufgeheizt nach Hause gekommen waren, diesen Spruch absoluter Ignoranz gehört: »Jetzt trinken wir erst mal einen Grappa.« Na toll. Einer anderen Freundin passierte
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