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Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition)

Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition)

Titel: Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition)
Autoren: Angelika Hesse
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Schultern und guckt ganz ernst. „Nun sag doch, was ist denn passiert?“ Ich schniefe weiter, bringe es jedoch nicht fertig ausgerechnet meiner Mutter von meinem Kummer zu erzählen. Es ist eine Sache sich kindgerecht trösten zu lassen, aber eine andere der Mutter die tiefsten intimsten Geheimnisse anzuvertrauen. Von Tim weiß niemand, nicht mal Ida, und die ist immerhin meine allerbeste Freundin.
     
    Warum ich nicht mal meinen Freundinnen von ihm erzählt habe? Keine Ahnung. Vielleicht weil ich die alberne Vorstellung hatte irgendwann in ferner Zukunft Tim als Überraschungsfreund zu präsentieren. Dabei hatte ich noch nie einen Freund. Ich kann nicht mal gut küssen. Natürlich habe ich schon mal richtig geküsst, erst vor ein paar Wochen, diesen Mike. Gut, es war nur ein schneller Kuss vor der Toilette und der war auch nicht sonderlich intensiv, aber ich habe es zumindest getan.
     
    Ein paar von unseren Jazzdance-Mädels hatten heimlich Bier auf dem Vereins-Fest erschlichen. Nele sieht schon wie mindestens sechzehn aus und die Handballjungs aus der B-Jugend haben uns ebenfalls versorgt. Ich wollte nicht als Spielverderberin abgestempelt werden, also habe ich meine zwei Gläser so schnell wie möglich runtergekippt, um den fiesen bitteren Geschmack wieder loszuwerden. Ich war sofort angeschickert. Als ich dumm kichernd schwankte, hat Mike mich einfach gepackt und mir seine Zunge in den Mund gesteckt. Ich war so verdutzt, dass ich im ersten Moment nicht reagieren konnte. Er rührte mit seiner Zunge herum und nach einer kurzen Schreckensekunde machte ich mit. Es ist bestimmt nicht mal aufgefallen, dass es mein erster Kuss war. Danach ging er zu seinen Freunden zurück und ich war auf der einen Seite stolz, aber auch enttäuscht, weil sich weder die berühmten Schmetterlinge im Bauch, noch sonst ein anderes phänomenales Gefühl eingestellt hatte. Stattdessen schmeckte sein Kuss nach Bier und war alles andere als spannend.
     
    Aber Mike war ja auch nicht Tim und bei Tim bekam ich schon zittrige Knie, wenn er nur den Fuß in den Bus setzte. Ich bin noch nie in meinem Leben so verliebt gewesen. Die kurze verknallte Phase in Leon aus der Parallelklasse zählt da nicht. Der Anflug dieser Schwärmerei war genau in dem Moment vorbei, als er beim gemeinsamen Sportunterricht mit seinem besten Kumpel um die Wette gefurzt hat und auch noch stolz als Sieger aus diesem niveaulosen Wettbewerb hervorgegangen war. Aber was kann man schon von einem Vierzehnjährigen erwarten? Die Jungs in meiner Stufe sind doch alle total pubertär. Da bildet Leon keine Ausnahme, auch wenn er kleben geblieben und somit ein Jahr älter ist.
     
    Ich ziehe ein letztes Mal die Nase hoch und sage tapfer „Ist schon gut, Mutti. Es ist nichts Schlimmes. Nur ein dummer Streit.“ Oh bitte, schau mich jetzt nicht weiter so mitleidig und ungläubig an, sonst wird sich die Wasserschleuse nie schließen.
    „Was immer dich auch bedrückt, du weißt, dass du jederzeit mit allem zu mir kommen kannst, ja?“ Sie drückt mich noch einmal fest und verlässt dann das Zimmer. „Komm doch runter zum Essen.“
Essen? Wohl weniger. Ich kriege heute keinen Bissen mehr hinunter. Ein kurzer Blick in den Spiegel zeigt mir das ganze Ausmaß meiner Misere: Meine Augen sind ganz grün und glasig. Normalerweise sind sie braun mit einem Grünstich. Papa sagt immer, wenn ich wütend bin, kann man das in meinen Augen lesen. Sie würden dann ihre Farbe verändern. Mein Gesicht ist fleckig, die Augenlider rot und dick geschwollen. Noch schlimmer als bei Ida während der Birkenblüte. Und das heißt was! Während des Pollenfluges ist sie mit ihrem Heuschnupfen richtig arm dran.
     
    Auf dem Handy sind drei neue Nachrichten. „Hi. Treffen uns um drei zur Eisschokolade. Ida.“ Die zweite Nachricht ist von Sara wegen einer Hausaufgabe, dann wieder eine Ida-sms „Wo bleibst du? Wir sitzen bei Starbucks. Meld dich! Kann nicht telefonieren, Karte fast leer.“ Ich schicke eine knappe Nachricht zurück „Konnte heute nicht. Cu morgen.“ Morgen, ja morgen, da werde ich wie gewohnt zur Schule gehen und keiner wird ahnen, wie mir zumute ist. Alles wird sein wie immer, nur, dass ich ab morgen einen Bus früher nehmen werde.

 
     
    3.Kapitel
     
    „Paula. Du musst aufstehen. Es ist schon kurz nach sieben.“ Verschlafen strecke ich mich und genieße mit geschlossenen Augen mein warmes Nest. Sieben Uhr? Hat sie gerade wirklich sieben Uhr gesagt? Abrupt setzt die Erinnerung an
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