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Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition)

Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition)

Titel: Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition)
Autoren: Angelika Hesse
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ihr nicht so öde. Bei meinem Namen angekommen, hält sie inne „Paula, what´s wrong with your face?“ Ich zucke die Achseln und bitte auf die Toilette gehen zu dürfen. Sie nickt. „Wash your face, honey.“ Die Klasse kichert.
     
    Gut, es war heute Morgen etwas dunkel im Zimmer. Ich habe wahllos einen der Make up Tiegel gegriffen und ins Gesicht geschmiert. Hier im grellen Licht der Neonröhre sehe ich den Grund für die allgemeine Belustigung. Mein Teint ist dunkelbraun mit starker Rotstichtendenz, schlecht verteilt und scheckig. Am Hals und an den blonden Haaransätzen zeigen sich krasse Ränder. Als Achtjährige bin ich Karneval als Indianer Squaw gegangen, da sah ich ungefähr genauso aus. Und so bin ich Tim unter die Augen getreten. Kein Wunder, dass er mich angestarrt hat. Ich muss die African Nuance von Mama erwischt haben, die sie im Sommer unter ihr normales Make up mischt.
     
    Selbstverständlich ist keine Seife im Spender. Das Phänomen der fehlenden Toilettenartikel besteht in dieser Schule, seit ich denken kann. Sollte ich irgendwann einmal zur Schulsprecherin gewählt werden, wird dieser Punkt als erstes ins Wahlprogramm aufgenommen.
     
    Die Farbe lässt sich nur mit viel hartem Recycling-Toilettenpapier und Wasser abschrubben. Mein Gesicht ist rot, brennt und spannt irritiert, meine Laune ist auf dem Tiefpunkt. Ich habe mich bei Tim bis auf die Knochen blamiert. Ich bin nur eine kleine Dreizehnjährige ohne Hüften und mit blondem Spaghettihaar, die für große Jungs schwärmt, aussieht wie Elf und weder Ahnung von der Liebe noch vom Schminken hat.
     
    Im Vergleich zu meinen Freundinnen bin ich unterentwickelt. An mir gibt es weder Kurven noch lohnt sich die Anschaffung eines BHs. „Du musst mehr essen, dann ist in der Jeans auch was drin“, meint Mama immer, wenn ich mich über meinen nicht vorhandenen Knackpo beschwere.
„Sei froh, dass du so dünn bist. Die meisten beneiden dich darum“, tröstete Ida mich, als wir letztens neue Hosen im Partnerlook kauften. Ida brauchte ihre ganze zwei Nummern größer und sah viel besser darin aus.
     
    Ida ist in jeder Beziehung weiter als ich. Sie hatte sogar schon einen Freund. Jeden Sommer verbringt sie mit ihrer Familie die letzten zwei Ferienwochen in einer kleinen Wohnung am Gardasee. Dort hat sie Nino kennengelernt, den Sohn von Pizzeria Betreibern. Die gesamte letzte Woche waren sie so richtig zusammen, schickten sich noch monatelang Emails, wobei seine zum Schluß immer recht knapp ausfielen. In den letzten Monaten musste Ida ihm mindestens drei Mails schreiben, bevor überhaupt eine Antwort kam. „Das liegt an seinem schlechten Englisch“, entschuldigte sie ihn. Immerhin hatte er sogar einmal „Ti amo“ geschrieben und dass er sich freuen würde, sie in den nächsten Sommerferien wiederzusehen. „Liebe versteht sich ohne Worte“, lachte sie, als ich fragte, wie sie sich verständigt hätten. Trotzdem hat sie sich vor einigen Wochen bei einem online Sprachkurs angemeldet. Wenn wir jetzt in die italienische Eisdiele gehen, bestellt sie ihr Gelati immer mit einem per favore und sagt grazie, obwohl da hauptsächlich deutsche Aushilfen jobben, von denen sicherlich keiner ein Wort Italienisch spricht.
     
    Neben Nino gab es noch Florian oder gibt es Florian, je nachdem wie man es sieht. Er wohnt in derselben Reihenhaussiedlung wie Ida, nur zwei Hauseingänge entfernt. Wenn ich früher bei Ida war, spielten wir zu dritt draußen. Er ist eigentlich ihr „Sandkastenfreund“. Ida bezeichnet ihn immer als „ ihren Freund “, aber man weiß eigentlich nie genau, ob sie gerade „mein Sandkastenfreund“ oder „mein richtiger Freund“ meint, denn das ist ihr wohl selber nicht immer klar. Fakt ist, dass sie letztes Jahr, noch vor den Sommerferien und somit vor Nino, ab und zu händchenhaltend durch die Gegend gezogen sind. Sie haben sich auch geküsst, aber eben nur so trocken auf den Mund oder auf die Wange. Ida meinte damals, so richtig mit Zunge zu küssen wäre ihr zu ekelig.
     
    Als sie dann im Sommer aus dem Urlaub wiederkam, hat sie nur noch von Bella Italia geschwärmt und sich italienische Musik reingezogen. Florian war richtig eifersüchtig. An einem Nachmittag bei ihr zuhause hat er sie richtig küssen wollen. Das ging wohl mächtig in die Hose. „Ich dachte, der hat den Schleudergang eingeschaltet. Es war grauenhaft“, erzählte sie empört und ich musste mir immer und immer wieder anhören, wie einfühlsam und zärtlich
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