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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung
Autoren: T.C. Boyle
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immer noch einfach eine Tierart unter vielen.
    RB: Und sehen Sie sich als Teil der Umweltbewegung?
    TCB: Ich würde mich zweifellos als Freund der Umwelt und der Natur bezeichnen. Aber ich bin kein Aktivist, weil ich ganz einfach die Leute nicht ertrage und mich mit niemandem auseinandersetzen und zu Versammlungen gehen oder Reden halten will. Aber auf meine Art bin ich selbstverständlich ein Umweltfreund, weil mich die Probleme der Erde beschäftigen, das Artensterben, die Überbevölkerung und so weiter. Und auch, weil ich gern allein in der Natur bin. Deswegen bin ich jetzt gerade hier in den Bergen. Jeden Tag gehe ich nach getaner Arbeit in den Wald, ohne Wanderwege, ohne besonderes Ziel. Ich bin einfach so in der Natur, wie ein Kind. Es ist fantastisch zu sehen, was es da draußen alles gibt. Bloß dem Wind in den Bäumen zu lauschen und dem kleinen Bach und zu beobachten, was die Vögel treiben und die Eichhörnchen und die Bären und Pumas und Kojoten und der Waschbär, der jede Nacht herkommt und sich aus dem Futterhäuschen der Vögel bedient. In diesem Sinne bin ich gewiss Teil der Umweltbewegung.
    RB: Was fasziniert Sie an der Umwelt- und Naturthematik so sehr?
    TCB: Das hängt mit Fragen der Ontologie zusammen. Ich denke, jeder Mensch beschäftigt sich täglich und sein ganzes Leben lang ständig mit irgendetwas, um nicht daran denken zu müssen, dass das Leben, abgesehen von der Fortpflanzung, keinen tieferen Sinn hat. Unserem Verstand gefällt das nicht, wir wünschen uns einen Sinn. Darum haben wir die verschiedensten Religionen erfunden, und religiöse Fanatiker sind fanatisch, weil sie keinen Zweifel ertragen. Wenn man zweifelt, muss man der Tatsache ins Auge blicken, dass kein tieferer Sinn hinter dem steckt, was wir tun. Und das hängt damit zusammen, dass wir Tiere in einem Ökosystem sind. Wenn ich also über solche Themen schreibe, und zwar nicht einfach nur über Ökologie und Biologie, sondern auch über die ganze Technologie, die unser Leben durchdringt und so radikal verändert, dann frage ich mich, was bedeutet das? Und der einzige Sinn, den ich finden kann, ist: Ich bin ein Tier, ich lebe, ich werde von Hormonen gesteuert und von der Biologie und von anderen Dingen, derer ich mir nicht einmal bewusst bin, und ich tue einfach mein Bestes.
    TH: Wie, denken Sie, sind wir in diese globale Umweltkrise hineingeraten?
    TCB: Weil wir gierige, habsüchtige Tiere sind, und wie bei jeder anderen Tierart auch besteht unsere Aufgabe darin, für uns und unseren Nachwuchs alles zu ergattern, was geht. Nun, wir waren zu erfolgreich darin. Und das Ergebnis ist: Wir sind dabei, die Bedingungen zu zerstören, die es unserer Spezies ermöglicht haben, zu erblühen und zu gedeihen. Und es hat den Anschein, als wäre es bald so weit. Egal, welchen Umweltforscher man fragt, es gibt nicht einen auf der ganzen Welt – es sei denn, er ist eine Marionette der Ölindustrie –, der noch einen Funken Hoffnung für den Fortbestand unserer Spezies hat, zumindest nicht in ihrer derzeitigen Form. Unsere gesamte Wirtschaft mit unseren Häusern und Maschinen und Computern und so weiter basiert auf einem kapitalistischen Kaufen und Verkaufen. Und selbstverständlich ist dieser Kapitalismus angewiesen auf unerschöpfliche Ressourcen und unendlich viele Produkte und Konsumenten – es muss immer weiter und weiter gehen. Aus diesem Grund habe ich beispielsweise ein Buch wie Drop City geschrieben, eine Neubetrachtung der Hippie-Ära und der Idee der Rückkehr zur Natur und einer nachhaltigen Lebensweise. Natürlich, für kleine Stämme in einem riesigen Gebiet könnte das funktionieren – doch für unsere Gesellschaft ist es bereits seit Hunderten von Jahren unmöglich. Es gibt also keine gute Lösung. Entweder wir fahren unsere Wirtschaft drastisch herunter und lassen damit die Gesellschaft kollabieren, oder wir machen so weiter, bis alle Menschen schließlich von irgendeiner Mikrobe getötet werden, da wir solch eine wunderbare Masse an Protoplasma für all die anderen Zellen darstellen, gegen die wir kämpfen. Denn natürlich werden alle Kämpfe im Leben auf zellularer Ebene ausgetragen.
    RB: Möchten Sie mit Ihren Büchern das Verhalten der Menschen ändern?

    TCB: Nein, das ist nicht mein Ziel. Ich bin Künstler. Ich tue, was ich möchte, für meine eigenen Zwecke, für mich selber. Wenn das das Verhalten meiner Leser positiv beeinflusst, wunderbar. Wenn nicht, hat das nichts mit mir zu tun. Ich bin nur ein Individuum,
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