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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung
Autoren: T.C. Boyle
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dezimiert, indem sie ihre Eier und Küken fraßen. Also bombardierte die Nationalparkverwaltung die Insel mit Rattengift. Bei meiner letzten Lesereise in Amerika sagte jemand nach einer Lesung: „Wissen Sie, diese Ratten sind keine einfachen Hausratten mehr. Sie haben sich inzwischen womöglich zu einer eigenen Unterart entwickelt.“ Wer entscheidet also, dass diese Ratten zugunsten der Vögel beseitigt werden müssen? Und welche Ethik liegt dem zugrunde? Und so weiter. Dies sind Fragen, die das Buch stellt. Und natürlich gibt es darin zwei Gegenspieler: Dave LaJoy, ein sehr zorniger und in vielerlei Hinsicht verachtenswerter Mann. Doch er setzt sich für die Organisation PETA ein, People for the Ethical Treatment of Animals , und ist der Meinung, dass kein Tier getötet oder geopfert werden darf und dass niemand das Recht zu solchen Entscheidungen habe. Und dann ist da Alma Boyd Takesue, eine Biologin der Nationalparkverwaltung, die die zugrundeliegende Biologie des Ganzen versteht. Beide lieben sie die Natur, beide möchten keine Tiere töten, beide sind Vegetarier. Aber Alma begreift, dass manche Tiere beseitigt werden müssen, um die sehr viel selteneren Tiere zu schützen, die ansonsten aussterben würden, was seine Ursache natürlich in früherem menschlichem Eingreifen hat. Denn wie kamen die Ratten auf die Insel? Wir haben sie dorthin gebracht. Und wie gelangten invasive Pflanzenarten wie Fenchel auf die Insel Santa Cruz? Durch uns. Warum gibt es dort verwilderte Hausschweine? Wir führten sie ein. Und die Folgen solcher Eingriffe sind immer unvorhersehbar. Wir haben das begriffen, und wir müssen eine Entscheidung treffen. Lassen wir der Natur ihren Lauf oder greifen wir ein? Ich überlasse es den Lesern meines Buches, ihre eigene Entscheidung zu treffen.
    RB: Und wer, denken Sie, sollte diese ethischen Fragen des Ökosystem-Managements im wirklichen Leben beantworten?
    TCB: Das ist ein sehr kompliziertes Thema, nicht wahr? Ich werfe lediglich die Frage auf. Ich habe nicht vor, Antworten zu liefern. Ich habe keine. Ich glaube, es ist längst zu spät, um die Dinge rückgängig machen zu können. Wenn eine Tierart ausgestorben ist, ist sie verloren, für immer. Und die Entstehung neuer Arten dauert unermesslich lang. Mit dem Verlust von Habitaten und der biologischen Vielfalt laufen wir Gefahr, dass die Umwelt kollabiert. Die Folgen des Hinzufügens oder Wegnehmens einer Art sind selbst in einem einfachen Ökosystem katastrophal und völlig unvorhersehbar!
    RB: Katastrophal für wen?
    TCB: Für das Ökosystem und jeden, der von ihm profitiert. Die Geschichte, die mich in Wenn das Schlachten vorbei ist am meisten faszinierte, waren die Vorgänge auf der Insel Santa Cruz. Diese aberwitzige Verkettung von Ereignissen könnte einem absurden Theaterstück von Samuel Beckett entstammen, hat sich aber in den letzten zehn Jahren tatsächlich so zugetragen. Auf Santa Cruz leben eine Zwergfuchsart, die es nirgendwo sonst gibt, und eine ebenso besondere Zwergstinktierart. Die beiden sind die mächtigsten Räuber der Insel. Sie leben dort seit zehntausend Jahren, und wurden mit der Zeit zu eigenen Unterarten und immer kleiner, weil das auf der Insel günstiger war. Wie waren sie dorthin gekommen? Wir nehmen an, sie wurden durch reißende Bäche ins Meer getrieben, klammerten sich an ein Stück Holz und landeten schließlich auf den Inseln. Während des Zweiten Weltkriegs pumpte die Montrose Chemical Corporation das Insektizid DDT in die Bucht von Santa Monica, was ein Vogelsterben zur Folge hatte. Auch der Weißkopfseeadler, das Wappentier der USA, war betroffen. Er ernährt sich überwiegend von Fischen, während der Steinadler meist Landtiere schlägt. Als der Bestand der Weißkopfseeadler zurückging, kamen Steinadler von der Küste auf die Inseln, weil es dort Nahrung für sie gab, und sie begannen, auf Santa Cruz zu nisten. Sie ernährten sich von den erwähnten eingeführten verwilderten Schweinen, köstlichen Schweinchen, wie konnten sie da widerstehen? In der Zwischenzeit waren die Inseln der Nationalparkverwaltung und der Naturschutzorganisation The Nature Conservancy unterstellt worden, und deren erste Amtshandlung war es, die Schafe zu beseitigen. Schafe sind ja unermüdliche Graser und fügen Ökosystemen wirklich größte Schäden zu, indem sie alles bis aufs Letzte runterfressen. Ohne die Schafe wuchs allerdings der Fenchel zu einem enormen Dickicht heran. Den hatten einige Farmer für ihre
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