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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P
Autoren: Wein des KGB
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sich im Hintergrund zu halten, Monsieur Coulange.«
    »Was glauben Sie eigentlich, was passiert, wenn wir offiziell dort auftreten?« Coulange verbarg seinen Unmut nur mühsam. »Die Preise für Weinberge und Kellereien werden explodieren. Wir werden uns vor Anbietern, Agenten und Beratern nicht retten können. Alle werden sich auf uns stürzen und Geschäfte vorschlagen, bei denen für uns nichts herauskommt. Soweit wir wissen, verkauft Rumänien alles, sogar an die Russen, die sichern sich bereits die Ölförderung, besitzen eine der drei Tankstellenketten – man wird Geld bieten, Schmiergeld, auch unseren Mitarbeitern, vielleicht auch Ihnen, um offen zu sein. Und dieser Gefahr wollen wir Sie nicht aussetzen. Wir würden also niemals ein objektives Bild erhalten. Und genau darum geht es, deshalb brauchen wir Sie! Wir wollen von Ihnen eine Analyse, einen Bericht und Vorschläge. Die Schlussfolgerungen ziehen wir.«
    »Und ich werde von niemandem Geld nehmen?«
    Coulanges »Nein!« kam spontan. »Das ist nicht Ihr Stil, Monsieur.«
    Martin war sich nicht klar darüber, ob sein Gegenüberdeshalb Mitleid mit ihm hatte und ihn womöglich für einfältig hielt, weil er nicht gnadenlos auf seinen Vorteil zusteuerte. Doch da täuschte sich Coulange. Martin sah durchaus seinen Vorteil, nur verzichtete er auf das wichtigtuerische Gehabe, er spielte weder den erfolgreichen Aufsteigerwinzer noch sprach er von »großen Herausforderungen«.
    »Was Sie an Unterstützung von uns brauchen, Monsieur Bongers, finanziell sowie logistisch, das sollen Sie bekommen, Spesen inbegriffen.«
    »Das klingt großzügig«, meinte Martin trocken und nippte am Armagnac, der mittlerweile vor ihm stand.
    Coulange griff nach dem Cognac und zog gespannt die Augenbrauen hoch. »Ich trinke eigentlich nie etwas vor Sonnenuntergang.« Mit diesem Satz vermied er, auf Martins sarkastischen Ton einzugehen, er schaute ihn lediglich befremdet an. »Woher Ihr Unwille, Monsieur Bongers, Ihre Skepsis? Wir machen Ihnen ein großzügiges Angebot. Natürlich sind wir über Ihre finanzielle Lage im Bild. Sie sind mit dem Zukauf von Weinbergen und der Modernisierung Ihrer Kellerei – oder Garage, wie Sie es nennen – an die Grenze Ihrer Leistungsfähigkeit gelangt.«
    »Nett gesagt. Allerdings macht eine größere Erntemenge diese Erweiterung erforderlich.«
    »Ich weiß, in Ihrer Garage liegt nicht eine Flasche, die nicht längst verkauft ist. Ich habe auch nur von Grenzen gesprochen, der Rahmen ist überschaubar geblieben. Doch ein wenig mehr Geld, auch wenn sogar die neue Ernte bereits verkauft ist, schadet nicht. Es liegt Ihnen nicht, Schulden zu machen. Sie sind konservativ. Daher bin ich sicher, dass Sie unser Angebot schätzen. Als Honorar für Ihre Mitarbeit haben wir zwanzigtausend . . .«
    »Fünfundzwanzigtausend.«
    »An fünftausend wird es nicht scheitern. Wir haben einen Vertrag vorbereitet   ... wir zahlen es Ihnen auch in einem anderen Land aus, wenn Sie wollen.«
    Ich hätte dreißigtausend verlangen sollen, dachte Martin, aber nun war es zu spät. Coulange legte den Vertrag auf den Tisch und schob ihn herüber.
    »Wir können über alles reden, wir sind flexibel und gesprächsbereit, nur nicht in Bezug auf die Geheimhaltung. In spätestens einer Woche benötige ich Ihre Zusage, und in vier Wochen sollten Sie unterwegs sein. Ich halte den Juni für ideal, dann sind Sie sowohl im Weinberg wie auch in Ihrer   ... Garage abkömmlich. Außerdem ist Ihr Schwiegervater noch da.«
    Das »Garage« klang ein wenig abfällig, Martin verstand es jedenfalls so. Aber ihn störte etwas ganz anderes. »Was wissen Sie eigentlich
nicht
von mir, Monsieur Coulange?«
    Der Manager lächelte sanft und breitete die Arme aus.

2
    Am frühen Abend kommt jeder Fluss zur Ruhe, so auch die Gironde. Der Wind legt sich, keine Welle kräuselt die weite Wasserfläche vor der Stadt. Die Sonne neigt sich dem Horizont zu, legt ihre späten Strahlen auf die graublauen Dächer, und obwohl der Feierabendverkehr durch Bordeaux brandet, herrscht am Wasser Ruhe.
    Martin zog das Jackett aus, lockerte die Krawatte, schwang sich neben dem Zeitungskiosk auf die Brüstung der Uferpromenade, ließ die Beine baumeln und genoss die Aussicht. Er war nicht in Eile und brauchte sich keine Sorgen zu machen. Die Blüte verlief zufriedenstellend – bis jetzt. Von der Wetterlage her waren weder späte Kälteeinbrüche noch Regen zu erwarten. Ein Verrieseln der Blüten war so gut wie
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