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Großstadtvampire (German Edition)

Großstadtvampire (German Edition)

Titel: Großstadtvampire (German Edition)
Autoren: Thomas Fröhlich
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entgegen. Im Kühlschrank stapelten sich Blutkonserven. In gewisser Weise sorgte sich Arno immer noch um das Heil seiner Gemeinde. Nur dass dieses heute von einer ausreichenden Blutversorgung abhing. Und dass man, anders als in der Kirche, bei Arno dafür zahlen musste. Johannes holte den ersten Blutbeutel aus seinem Rucksack und drückte ihn Arno in die Hand. Arno hatte über die Jahre ein ausgeklügeltes und für jeden Vampir bezahlbares System entwickelt, das alle mit Blut versorgte, ohne dass sie sich außerhalb, sprich unter den Lebenden, danach umsehen mussten. Es hatte ihn von seinem ersten Tag als Vampir an gestört, dass man als Vampir nur existieren konnte, wenn man Andere tötete. Dabei ging es ihm gar nicht so sehr um die Grausamkeit des Vorgangs, sondern viel mehr störte ihn das Aufsehen, dass die blutleeren Leichen erregten und die damit verbundene Gefahr entdeckt und vernichtet zu werden. Seine persönliche Lösung hatte darin bestanden, sich recht schnell nach seiner Vampirwerdung als Bader nieder zu lassen. Als Bader war man im Spätmittelalter zwar hauptsächlich fürs Zähneziehen zuständig, was Arno hasste, aber gleichzeitig gehörte auch der Aderlass zu den Aufgaben eines Baders. So konnte sich Arno mit Blut versorgen, ohne dass die Gefahr bestand aufzufallen. Schon bald wurde seine Methode von anderen Vampiren kopiert, was wiederum zur Folge hatte, dass es nach und nach immer weniger gewalttätige Vampire gab, die nachts über ihre wehrlosen Opfer herfielen. Mit dem Verschwinden der Opfer und den damit verbundenen Überfällen begannen sich auch die Reihen der Vampirjäger zu lichten.
    Den wirklichen Durchbruch gab es aber erst, als Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts die Bluttransfusionsmedizin durch die Entdeckung der Blutgruppen ermöglicht wurde. Schon als in den zwanziger Jahren in London der erste Bluttransfusionsdienst gegründet wurde, war Arno dabei und zwackte sich Blut für den Eigenbedarf ab. Zehn Jahre später hatte er sein System perfektioniert und überall auf der Welt seine Leute, natürlich alles Vampire, bei Blutspendeorganisationen eingeschleust und schließlich übernommen. Die Verteilungswege waren mittlerweile so professionalisiert, dass heute der gesamte Blutkonservenhandel von Vampiren kontrolliert wurde. Es war somit für die Vampire nicht mehr nötig, Menschen zu töten, um an ihr Blut zu kommen, da sie es ja beinahe freiwillig hergaben – wenn auch ohne ihr Wissen und Einverständnis.
    Damit hatte sich das Leben der Vampire endgültig beruhigt und man hatte sich auf die Moderne gestürzt, überkommene Vorstellungen revidiert und versucht ein weitgehend normales Dasein im Kreis der Lebenden zu führen.
    Mit der zunehmenden Verfügbarkeit von Informationen und den aufregenden neuen technischen Errungenschaften des auslaufenden 19. Jahrhunderts verlor die Religion mehr und mehr an Bedeutung und damit auch der gute alte Aberglaube. Da immer weniger Vampire, ebenso wie ihre lebendigen Verwandten, an Gott oder Kirche glaubten, funktionierten deren Insignien der Macht nicht mehr als Abschreckung oder als Waffe. Kreuz und Weihwasser hatten damit ihren Schrecken für Vampire verloren.
    Zu dieser Zeit hatte sich auch herausgestellt, dass Vampire nicht zu Staub zerfallen, wenn das Sonnenlicht sie berührte. Vielmehr waren ihre Augen und ihre Haut einfach lichtempfindlicher und sie bekamen schneller einen Sonnenbrand, dem man allerdings mit handelsüblicher Sonnencreme begegnen konnte. Die geröteten Augen konnte man ganz einfach hinter den dunklen Gläsern einer Sonnenbrille verstecken. Auch Augentropfen aus der Apotheke halfen dagegen.
    Nur Knoblauch führte weiterhin bei allen Vampiren zu Übelkeit und Abwehrreaktionen. Anscheinend kam es bei der Verwandlung zum Vampir zu einer genetischen Mutation, die diese spezielle Allergie hervorrief. Johannes fragte sich, ob man auch dieses Problem eines Tages in den Griff bekommen würde. Es war zumindest für Berlin wünschenswert, wo unzählige Kebabbuden die Stadt mit ihrem Knoblauchgestank verpesteten.
    "Hier", sagte Arno und stopfte fünfhundert Euro in Johannes' vordere Brusttasche. Johannes zuckte ein wenig zusammen bei der Berührung.
    "Wo bist du denn schon wieder?"
    "Ach nirgends", sagte Johannes und "Äh. Danke. Wollen wir noch ein Bier trinken?"
    "Nur eins? Ich glaube, wir könnten heute ein paar mehr vertragen!", grinste Arno ihn an und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. "Komm!"
     
     

Lohmann saß ruhig und
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