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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)
Autoren: Aileen P. Roberts
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Frengata ließ selbst an den wenigen Menschen, und auch den Waldelfen und Gnomen, die in dessen Nähe lebten, kein gutes Haar. Sie war der Meinung, es wären allesamt Schurken und Diebe – andererseits war das aber kein wirklicher Maßstab. Wenn es sich Dimdur recht überlegte, gab es kaum jemanden, der in Frengatas Augen kein Schurke war. Unweigerlich kamen seine Gedanken wieder zu dieser seltsamen Sache mit seiner Herkunft zurück. Konnte er in der Tat ein Halbling sein? Unruhig wälzte er sich von einer Seite auf die andere und grübelte weiter, wobei seine Augen die Umgebung absuchten. Winzige Irrlichter schwebten über dem Moor, schienen ihren eigenen magischen Tanz aufzuführen, und als auf einmal leise Gesänge erklangen, sphärisch und sanft auf und ab schwingend, setzte sich Dimdur auf.
    »Fürchte dich nicht, das sind nur die Seelen der Verstorbenen, die ihre Geschichte erzählen«, erklärte Raliána.
    » Nur die Seelen der Verstorbenen?«, keuchte Dimdur – er konnte sich kaum etwas Gruseligeres vorstellen. Zudem war es ihm nicht möglich, einzelne Worte auszumachen. Die getragenen Melodien ließen seinen Geist träge werden, dennoch liefen ihm eisige Schauer über den Rücken.
    Auf einmal holte Raliána eine kleine Flöte hervor und begann, ein Lied zu spielen. Leise schwebten ihre Töne durch die Nebelschwaden, die Irrlichter sammelten sich in ihrer Nähe und schienen zu lauschen. Raliánas Melodie klang fröhlicher, machte Dimdur weniger Angst, und bald verstummten die Lieder der Moorgeister. Nach einer Weile ließ Raliána die Flöte sinken.
    »Das war … ungewöhnlich, aber schön«, versuchte Dimdur, seine Gefühle in Worte zu fassen.
    »Das Spiel der Flöte besänftigt die Geister des Moores«, erklärte Raliána. »Für kurze Zeit finden sie Frieden und werden aus ihrer Trauer um das, was sie verloren haben, gerissen.« Sie nahm ihr Spiel erneut auf, und Dimdur lauschte ihr fasziniert. Doch nach und nach wurden seine Lider schwer, und er fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
    Am Morgen weckte ihn Raliána, indem sie ihm ein köstlich duftendes Fleischstück vor die Nase hielt.
    Gut, ich bin nicht tot , dachte er erleichtert, wobei er sich – rein zur Vorsicht – kurz in den Unterarm zwickte. Aber wie es aussah, hatte Raliána Wort gehalten und während der Nacht auf ihn geachtet.
    Er sah sich um. Unweit von ihm rauchte ein kleines Feuer aus Schilfgras. Hungrig griff Dimdur zu und kaute begeistert auf dem schmackhaften, wenn auch leicht zähen Fleisch herum. »Ich war schon jagen, während du noch geschlafen hast.«
    »Oh.« Beschämt hob er die Schultern, aber Raliána schien nicht wütend zu sein.
    »Das war köstlich. Allerdings kenne ich diese Wildart gar nicht.«
    Die Moorelfe kicherte verhalten. »Wild? Das war eine Wasserschlange.«
    Jetzt schluckte Dimdur schwer, denn eine Schlange hatte er noch niemals zuvor gegessen. Plötzlich hatte er das Gefühl, sie würde sich in seinem Magen bewegen, darin herumschwimmen und wieder an die Oberfläche drängen.
    »Dimdur«, Raliánas schlanke Hand legte sich auf seine Schulter, »alle Sumpfbewohner essen Schlangen, andere Wassertiere und bestimmte Gräser. Sie sättigen und schaden ganz sicher nicht.«
    »Mal abgesehen davon, dass ihr ganz grün im Gesicht seid«, grummelte er, was die Moorelfe jedoch nur grinsen ließ.
    Nun machten sie sich wieder auf den Weg, und da Dimdurs Magen knurrte, ließ er sich zu einem weiteren Stück gebratenen Schlangenfleisches überreden. Doch auch davon wurde Dimdur kaum satt.
    Als Raliána urplötzlich stehen blieb und ihren Bogen aufzog, wobei sie einen Finger an die Lippen legte, wunderte er sich.
    »Was ist?«, flüsterte Dimdur.
    »Möglicherweise ein Sumpfungeheuer«, wisperte sie zurück. »Hast du das Knurren nicht vernommen?«
    »Knurren?« Dimdur lauschte angestrengt, dann zog er verschämt die Schultern ein. »Das war mein Magen.«
    Ungläubig sah die Moorelfe ihn an. »In meinem ganzen Leben habe ich noch niemanden mit einem solch ausgeprägten Appetit getroffen«, meinte sie kopfschüttelnd, und als sie weitergingen, rupfte sie einige kleine weiße Beeren von den Sträuchern längs ihres Pfades ab und gab sie Dimdur zu kauen. Sie schmeckten recht fade und hinterließen einen pelzigen Geschmack auf der Zunge, aber zumindest sättigten sie ihn fürs Erste. »Wenn du längere Zeit im Sumpf leben würdest, hätten wir ein ernsthaftes Versorgungsproblem für den Rest der Bewohner«, bemerkte Raliána
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