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Gromek - Die Moral des Toetens

Gromek - Die Moral des Toetens

Titel: Gromek - Die Moral des Toetens
Autoren: Michael Lutz
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herein.
    »Plappermaul! Plappermaul!«
    Kurzerhand griff Julia nach einer Eigenkonstruktion aus verschiedenfarbigen
Lego-Steinen, die ein Mondfahrzeug darstellen sollte, aufgrund der
eigenwilligen Bauweise aber wohl nicht einmal bei Schwerelosigkeit fahrtüchtig
gewesen wäre, und warf sie nach ihrem älteren Bruder. Der Rumpf des Spielzeugs
prallte am Türpfosten ab, verlor sämtliche fünf Flügel, trudelte in eine andere
Richtung und landete in einem Karton mit anderem Spielzeug.
    »Nicht doch, mein Schatz. Du triffst ihn ja noch, und dann tut es Dir
hinterher wieder leid.«
    Lisa hob ihre Tochter hoch und setzte sie auf den Tisch neben den
Computer. Mit geübten Fingern tippte sie ein paar Befehle ein.
    »Jungs können so gemein sein!«
    Lisa hörte den Erkenntnissen ihrer Tochter nur mit halbem Ohr zu,
nickte aber bestätigend. Auf dem Bildschirm vor ihr erschien das Logo der Sektion¬4 .
Der Cursor verwandelte sich in eine Sanduhr zum Zeichen, dass der Rechner
arbeitete.
    Lisa wartete, während ihr Töchterchen weiter berichtete:
    »Gestern hat er Charlottchen schon wieder auf dem Schrank versteckt
und nicht verraten, wo sie ist!«
    Nachdem Lisa das Passwort eingegeben hatte, erschien eine Datei
mit dem Portrait von Michael Gromek und einigen wenigen Angaben zu seiner
Person. Während Lisa die Daten auf einen USB-Stick downloadete, warf Julia
einen neugierigen Blick auf Gromeks Portrait.
    »Wird das unser neuer Papi?«
    »Wie?« hakte Lisa irritiert nach. »Nein, mein Schatz. Ich glaube,
das ist ein neuer Arbeitskollege«, versuchte sie die Angelegenheit zu beenden.
    Doch Julia hatte an dem Thema Gefallen gefunden.
    »Hat er auch einen Sohn und eine Tochter?«
    »Das weiß ich nicht, mein Engel. Ich will es auch nicht wissen«,
antwortete Lisa knapp. Eilig schaltete sie den Computer aus. »Lass' uns nach
unten gehen, das Telefon wird gleich klingeln.«
    Julia sprang vom Tisch und rief begeistert: »Wer zuerst unten
ist!«
    Lachend und kreischend stürzten Lisa und ihre Tochter aus der Tür.
    Im Wohnzimmersessel saß Daniel inzwischen regungslos vor dem
Fernseher und starrte die Mattscheibe an. In einer Hand hielt er die
Fernbedienung, jederzeit bereit, auf einen anderen Kanal umzuschalten. Es lief
ein Zeichentrickfilm aus seiner Lieblingsserie, die, man mochte es kaum
glauben, auch die Lieblingsserie seiner Schwester war. Julia gesellte sich zu
ihm auf die Sesselkante und rutschte seitwärts, bis sie an der Schulter ihres
großen Bruders gelandet war. Der eben noch aktuelle Streit war längst
vergessen. Begeistert lachten sie über die Abenteuer der Zeichentrickfiguren
und gaben zur Abwechslung einmal ein einträchtiges Pärchen ab.
    Lisa ging zum Telefon, das in der Nähe der Haustür auf einem
Tischchen stand. Sie wandte den Kindern den Rücken zu und sah melancholisch
durch ein Fenster. Auf dem Fensterbrett stand eine Katze, die Daniel einmal im
Kindergarten getöpfert hatte. Der Schwanz des Tieres war geringelt und das
letzte Stückchen abgebrochen.
    Das Telefon klingelte.
    Lisa nahm den Hörer ab.
    »Delius.«
    »Nach der Erledigung Ihrer nächsten beiden Aufträge haben Sie zwei
Wochen Zeit für die Abwicklung des übermittelten Rendezvous. Äußerste Vorsicht
- das Zielobjekt ist bewaffnet und gefährlich«, erklärte eine Stimme
emotionslos.
    Lisa konnte ihr Entsetzen nur schwer unterdrücken.
    »Ein Rendezvous? Da muss ein Irrtum vorliegen! Ein Rendezvous
bedeutet Gefahrenklasse eins! Ich bin eingestuft ...«
    »Zwei Wochen!« wiederholte die Stimme unbeeindruckt. Dann war die
Leitung tot.
    Aufgewühlt legte Lisa den Hörer auf die Gabel und rückte die Katze
auf dem Fensterbrett zurecht. »Das kann nicht wahr sein. Es kann einfach nicht
...!«
    Bleich setzte sie sich zu den Kindern auf das Sofa, ohne von ihnen
beachtet zu werden. »Ein Rendezvous!« ging es ihr immer wieder durch den Kopf,
während die flinken Zeichentrickfiguren mit ihren piepsigen Stimmen einander
auf alle nur erdenklichen Arten gegenseitig ans Leder gingen, mit Ambossen,
Heizungskörpern, Bügeleisen und Küchenbesteck malträtierten und abwechselnd
durch Wände, Türen und schließlich in den Boden rammten. »Und bereits in drei
Tagen soll ich mit den Vorbereitungen beginnen?« rechnete sie sich ungläubig
aus. Dass die Kinder vor Lachen aus dem Sessel kugelten, nahm sie in diesem Moment
kaum wahr.
    »Ein Rendezvous!« Sie konnte es noch immer nicht begreifen. Dann
wurde sie wütend. »Das können die mir doch nicht antun! Doch
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