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Größenordnung Götterwind

Größenordnung Götterwind

Titel: Größenordnung Götterwind
Autoren: K. H. Scheer
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Präzisionsdrehbank. Als Transporter für geplagte GWA-Schatten eignete sich der Abfang-Jabo jedoch noch vorzüglich.
    Hannibal und ich saßen hintereinander. In einem spitznasigen Geschoß dieser Art konnte man die Sessel nicht nebeneinander anordnen.
    Vor mir agierte der Pilot. Vor dem Start hatte er unsere Gurte überprüft, den Sitz der Höhenanzüge, die Kunstbeatmung und die Absprengschaltung der Schleudersitze. Dabei hatte er mit einem gelangweilten Lächeln erklärt, die Maschinen vom Typ B-1289- G würden wegen einer »gewissen Materialermüdung« neuerdings dazu neigen, beim Wiedereintauchen in die irdische Atmosphäre »rote Ohren« zu bekommen. Damit hatte er die scharf gepfeilten Tragflächen und den Grad ihrer Luftreibungserhitzung gemeint.
    Wie er sich bei einem Katastrophenfall in etwa hundert Kilometer Höhe das Aussteigen per Schleudersitz vorstellte, war ihm selbst unklar. Probiert hatten es nur wenige, aber diese Leute hat ten keinen schriftlichen Erfahrungsbericht mehr einreichen können. Einen mündlichen selbstverständlich auch nicht!
    Jedenfalls hatten wir es geschafft, ohne besondere Vorkommnisse aus dem ballistischen Flug zurückzukehren und den rotglühenden Körper erneut den tragenden Schichten der ständig dicker werdenden Atmosphäre anzuvertrauen. Damit waren die Gefahrenmomente überwunden.
    Unter uns lag eine der typisch nördlichen Einöden des Planeten Erde. Die Prinz-Gustav-Adolf-See wurde teils von gewaltigen Packeisfeldern, teils von treibenden Eismassen bedeckt. Nirgends gab es eine Spur von Leben. Kein Tier, kein Nordlandmoos konn te sich hier behaupten.
    Das Meer war für uns uninteressant, östlich davon, auf dem Axel-Heiberg-Land, schien unser Ziel zu liegen. Es war eine wüste, eisbedeckte Insel; eines von jenen Eilanden, die nahe dem Nordpol ehemals von wagemutigen Forschern mit primitiven Hilfsmitteln entdeckt worden waren.
    Schon in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatten wir hier zahllose Radarstationen des Frühwarnsystems aufgebaut. Überall waren bunkerähnliche Bauwerke entstanden; überall hatten erstklassig geschulte Männer vor ihren Bildschirmen gesessen und auf Kampfraketen gewartet, die zum Glück niemals gekommen waren.
    Faktoren dieser Art gehörten der Vergangenheit an – einer bewältigten Vergangenheit, wie wir hofften!
    Drüben, im nahen Sibirien, hatte man im Mai 2011 andere Sorgen, als uns via Nordpol-Route Knallbonbons aufs Haupt zu werfen.
    Das Erbe dieser unseligen Menschheitsepoche existierte jedoch noch. Auf Grönland und den vielen Mini-Eilanden des Nördlichen Eismeers gab es Tausende von elektronischen Horchstationen und eine unbekannte Anzahl von genial getarnten Abschußsilos, in denen sich immer noch moderne Fernkampfraketen mit ihren lagerungsbeständigen Feststoff-Treibsätzen befanden.
    Als unser Pilot noch tiefer ging und schließlich wegen des zu gering werdenden Tragflächenauftriebs die drei chemisch betriebenen Hubturbinen einschaltete, waren wir angekommen.
    Außer eisbedeckten Bergen und einem zerklüfteten Gelände bemerkte ich nichts. Das änderte sich, als das Visiphon ansprach.
    Ich hatte den Platz des Elektronik-Navigators eingenommen. Die Geräte waren mir vertraut. Sie arbeiteten einwandfrei.
    Das erkennbar werdende Gesicht wirkte auf mich wie eine kal te Dusche. Oberst Reg J. Steamers, unser Abstrakt-Mathematiker und Psychologist, gab sich zurückhaltend wie immer. Natürlich konnte er sein ironisches Lächeln nicht unterdrücken. Seine glatt nach hinten gekämmten Haare paßten peinlich korrekt zu seinem Aristokratengesicht.
    »Der scheint auch noch zu leben«, vermutete Hannibal über BzB-Sprechverbindung. »Großer Jupiter, warum hat man die Nervenfräse nicht in der Vergangenheit zurückgelassen? Er hätte den überlebenden Atlantern bestimmt Manieren beigebracht – sogar in der letzten Fluchthöhle.«
    »Wie schön, daß Sie Ihren Bordfunk auf das Visiphon geschaltet haben«, meldete sich Steamers sofort. »Falls es sich um einen gezielten Versager handeln sollte, nehmen Sie mein aufrichtig gemeintes Kompliment für Ihre neuartigen Wortschöpfungen entgegen, MA-23. Wenn die Herren landen und die Wärme des GWA-Geheimstützpunkts SMARAGD genießen möchten, werden wir Ihnen sogar die Tore öffnen.«
    »Steamers, warum habe ich Sie nicht auf einem heidnischen Altar des whurolanischen Superpriesters Mosso-Nur geopfert?« fragte unser GWA-Giftzwerg. »Mann, im Tempel der Lachenden Dämonen hätten Sie
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