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Grisham, John

Grisham, John

Titel: Grisham, John
Autoren: Der Anw
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Umkleideraum führte eine zweite Tür in einen dunklen, engen Gang, der unter
der Tribüne der Fans der Heimmannschaft verlief. Am anderen Ende befand sich
ein Ausgang, durch den man in eine Seitengasse trat. Kyle war nicht der erste
Coach, der diesen Fluchtweg entdeckt hatte, und an diesem Abend wollte er nicht
nur den lamentierenden Eltern seiner Schützlinge, sondern auch dem Mann im
Trenchcoat ausweichen. Er verabschiedete sich von seinen Jungs, und als die den
Umkleideraum verließen, verschwand er durch die andere Tür. Kurz darauf stand
er in der Seitengasse. Es hatte stark geschneit, und er eilte den vereisten,
kaum passierbaren Gehsteig hinab. Die Temperafür lag irgendwo unter null. Es
war halb neun an diesem Mittwochabend, und sein Ziel war die Redaktion der
Zeitschrift der Yak Law School, wo er mindestens bis Mitternacht arbeiten
wollte.
    Er
schaffte es nicht.
      
Der Agent/Cop lehnte am Kühler eines am Straßenrand geparkten roten Jeep
Cherokee. Zugelassen war das Fahrzeug auf einen John McAvoy, wohnhaft in York,
Pennsylvania, doch während der letzten sechs Jahre war es der treue Begleiter
von dessen Sohn Kyle gewesen, dem eigentlichen Besitzer.
      
Obwohl seine Füße bleischwer schienen und seine Knie nachzugeben drohten,
schaffte es Kyle irgendwie, weiterzugehen, als wäre alles in Ordnung. Er
versuchte, einen kühlen Kopf zu bewahren. Sie haben nicht nur mich gefunden,
dachte er, sondern auch meinen Jeep. Dafür musste man bestimmt nicht übermäßig
gründlich recherchieren, aber sie hatten ihre Hausaufgaben gemacht. Ich habe
nichts Unrechtes getan, sagte er sich wieder und wieder.
     "Nervenaufreibendes
Spiel, Coach", sagte der Mann, als Kyle noch etwa drei Meter entfernt war
und den Schritt verlangsamte.
      
Er blieb stehen und betrachtete den dicken jungen Mann, der ihn in der Sporthalle
beobachtet hatte. Er hatte rote Wangen, rotes Haar und eine Ponyfrisur.
"Kann ich Ihnen helfen1", fragte er. In diesem Moment sah er Nr. 2
über die Straße kommen. Sie arbeiteten immer zu zweit.
    "Das
hoffe ich", erwiderte Nr. 1, während er eine Brieftasche hervorzog und sie
aufklappte. "Bob Plant, FBI."
    "Ist
mir ein Vergnügen", sagte Kyle, der unwillkürlich zusammenzuckte.
Plötzlich war ihm sehr mulmig zumute.
      
Nr. 2 trat zu ihnen. Er war zehn Jahre älter als sein Kollege, deutlich
schlanker und an den Schläfen ergraut. Lässig zog er eine Dienstmarke aus der
Tasche und wiederholte das einstudierte Ritual, das Plant gerade vorgeführt
hatte. "Nelson Ginyard, FBI."
     
Bob und Nelson. Beide irischer Abstammung. Beide aus der Gegend, aus dem
Nordosten.
     
    "Kommt
noch jemand?", fragte Kyle. "Nein. Haben Sie eine Minute für
uns?"
    "Eigentlich
nicht."
    "Vielleicht
sollten Sie sich die Zeit nehmen", sagte Ginyard. "Wir könnten sie
produktiv nutzen."
    "Das
bezweifle ich."
    "Wenn
Sie wegfahren, folgen wir Ihnen." Plant stieß sich von dem Kühler ab und
trat einen Schritt vor. "Sie wollen doch nicht, dass wir Ihnen in der Uni
einen Besuch abstatten, oder?"
    "Drohen
Sie mir?", fragte Kyle. Wieder brach ihm der Schweiß
    aus,
diesmal unter den Armen, und trotz der schneidenden Kälte spürte er zwei
Tropfen an seinen Rippen herabrinnen. "Noch nicht", antwortete Plant
grinsend.
    "Trinken
wir einen Kaffee, dauert nur zehn Minuten", sagte Ginyard. "Um die
Ecke ist ein Deli, wo man Sandwiches bekommt. Da ist es bestimmt wärmer."
    "Brauche
ich einen Anwalt?"
    "Nein."
    "Das
sagen Leute wie Sie immer. Mein Vater ist Anwalt, ich bin in seiner Kanzlei
aufgewachsen. Ich kenne Ihre Tricks."
    "Keine
Tricks, Mr McAvoy, versprochen", entgegnete Ginyard. Es klang aufrichtig.
"Wie gesagt, nur zehn Minuten. Sie werden es nicht bereuen."
    "Worum
geht's?"
    "Nur
zehn Minuten. Um mehr bitten wir Sie nicht."
    "Geben
Sie mir einen Anhaltspunkt, worum es geht. Sonst lautet die Antwort nein."
     
Die beiden FBI - Beamten blickten sich an und zuckten die Achseln. Warum nicht?
Früher oder später müssen wir es ihm sowieso sagen. Ginyard wandte den Blick ab
und schaute die Straße hinunter. "Duquesne University. Vor fünf Jahren.
Betrunkene Jungs von einer Studentenverbindung und ein Mädchen."
     
Kyles Körper und Verstand reagierten unterschiedlich. Seine Schultern sackten
herab, die Beine knickten etwas ein, ein leises Ächzen entfuhr ihm. Aber sein
Verstand wehrte sich sofort. "Blödsinn." Er spuckte auf den Gehweg.
"Das habe ich längst hinter mir. Es ist nichts passiert, und Sie wissen
das."
      
Für einen langen
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