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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen
Autoren: Leigh Bardugo
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unsere lächerlich kleinen Messer und murmelten Gebete, während sich die Welt in einen Albtraum verwandelte. Ringsumher brüllten Männer. Soldaten rangen mit den großen, zuckenden Körpern der geflügelten Ungeheuer, und in der unnatürlichen Finsternis der Schattenflur zuckten immer wieder die goldenen Flammen der Grischa.
    Da schrie Alexej auf. Im nächsten Moment wurde mir seine Hand entrissen. Im Schein einer Grischa-Flamme sah ich zu meinem Schrecken, dass er sich nur noch mit einer Hand an die Reling klammerte. Ich sah seinen weit aufgerissenen Mund, seine entsetzten Augen und ich sah das monströse Geschöpf, das ihn mit glänzend grauen Klauen gepackt hielt und heftig mit den Flügeln schlug, um ihn mit in die Höhe zu ziehen. Die mächtigen Krallen, die es tief in Alexejs Rücken geschlagen hatte, waren rot von Blut. Alexejs Finger lösten sich von der Reling. Ich sprang auf ihn zu und ergriff ihn beim Arm.
    Â»Halt dich fest!«, schrie ich.
    Da erlosch die Flamme und in der Dunkelheit spürte ich, wie mir Alexejs Finger entglitten.
    Â»Alexej!«, rief ich.
    Der Volkra verschleppte ihn in die Finsternis, seine Schreie gingen im Kampflärm unter. Als kurz darauf in der Nähe erneut eine Flamme aufloderte, war er schon nicht mehr zu sehen.
    Â»Alexej!«, brüllte ich, über die Reling gebeugt. »Alexej!«
    Als Antwort ertönte das Rauschen von Schwingen und im nächsten Moment stürzte sich ein anderer Volkra auf mich. Ich wich aus, entging um Haaresbreite seinen Klauen und reckte mein Messer mit zitternden Händen. Der Volkra griff wieder an. Im Feuerschein glänzten seine milchigen, blinden Augen, und sein weit aufgerissener Rachen entblößte Reihen krummer schwarzer Reißzähne. Aus den Augenwinkeln sah ich Pulverdampf, und ich hörte einen Schuss. Der Volkra taumelte und brüllte vor Wut und Schmerz.
    Â»Komm!« Es war Maljen, das Gewehr in den Händen, das Gesicht blutverschmiert. Er packte mich beim Arm und zog mich hinter sich her.
    Der Volkra ließ nicht von uns ab, sondern verfolgte uns auf dem Deck. Einer seiner Flügel schleifte hinter ihm her. Maljen wollte im Feuerschein nachladen, aber das Ungeheuer war zu schnell. Es fiel über uns her und riss Maljen, der vor Schmerz aufschrie, mit den Klauen die Brust auf.
    Ich packte den gebrochenen Flügel des Volkra und stieß ihm das Messer tief zwischen die Schultern. Sein muskulöses Fleisch fühlte sich schleimig an. Er entwand sich ruckartig und mit einem Kreischen und ich stürzte rückwärts auf das Deck. Dann sprang er mich an, irrsinnig vor Wut und mit schnappenden Kiefern.
    Da krachte noch ein Schuss. Der Volkra stolperte und sackte zu einem grotesken Haufen zusammen. Schwarzes Blut lief aus seinem Maul. Im Zwielicht sah ich, wie Maljen das Gewehr senkte. Sein zerfetztes Hemd war blutdurchtränkt. Die Waffe entglitt seinen Händen, als er schwankte, in die Knie sackte und zu Boden kippte.
    Â»Maljen!« Ich war sofort bei ihm, drückte die Hände auf seine Brust in dem verzweifelten Versuch, die Blutung zu stoppen. »Maljen!«, schluchzte ich und Tränen strömten über meine Wangen.
    Alles stank nach Blut und Schießpulver. Ringsumher krachten Schüsse. Leute weinten und ich hörte ekelhafte Fressgeräusche. Die Flammen der Grischa wurden schwächer und unregelmäßiger, aber am schlimmsten war, dass das Skiff angehalten hatte. Dies ist das Ende , dachte ich ohne Hoffnung, während ich mich tief über Maljen beugte und weiter die Hände auf seine Wunden drückte.
    Er konnte nur noch mit Mühe atmen. »Sie kommen«, keuchte er.
    Ich hob den Kopf. Im Schein der schwächelnden Grischa-Flammen sah ich, dass zwei Volkra auf uns hinabstießen.
    Ich warf mich über Maljen, beschützte ihn mit meinem Körper. Das war zwar sinnlos, aber mehr konnte ich nicht tun. Ich hatte den fauligen Gestank der Volkra in der Nase und spürte, wie sie mit ihren Schwingen Luft aufwirbelten. Ich legte meine Stirn auf die von Maljen und hörte ihn flüstern: »Wir treffen uns auf der Wiese.«
    In diesem Augenblick brach sich etwas in mir Bahn – vor Zorn, Verzweiflung, Todesangst. Ich spürte Maljens Blut an den Händen, sah sein geliebtes Gesicht, schmerzverzerrt. Ein Volkra schlug seine Klauen in meine Schulter und kreischte triumphierend. Schmerz durchzuckte mich.
    Die ganze Welt wurde
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