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Grenzgaenger

Grenzgaenger

Titel: Grenzgaenger
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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schon am Samstag am Tatort so ein komisches Gefühl. Das hat mich bis heute Morgen nicht losgelassen.»
    Er zeigte wieder auf das Foto. «Meiner Meinung nach liegt der Stuhl zu weit weg von der Toten. Auch das habe ich ausprobiert. Ich kriege den Stuhl nur dann annähernd so weit weggetreten, wenn ich meine ganze Kraft einsetze. Die Dinger sind ganz schön schwer. Und die Tote war knapp 1,60 m groß und ein ausgesprochenes Leichtgewicht.»
    Toppe strich sich langsam über den Bart, wie er es immer tat, wenn er nachdachte. Wenn er unter Druck stand oder eine Situation besonders heikel wurde, fing er oft an, sich einzelne Haare aus dem Bart zu rupfen.
    Berns kam beiläufig zu ihnen herübergeschlendert. Er warf Toppe einen verschwörerischen Blick zu und tippte sich vielsagend an die Stirn.
    «Das erscheint mir gar nicht so unlogisch, was Sie da sagen, Herr van Gemmern», bemerkte Toppe gelassen. «Gehen wir doch mal runter und hören uns an, was Norbert dazu meint.»
    Aber van Appeldorn war von van Gemmerns Theorie ebenso wenig überzeugt wie Berns. Er blieb skeptisch.
    «Das hört sich alles ein bisschen nach Fernsehkrimi an, Klaus, wenn du mich fragst.»
    «Meine Rede», warf Berns ein.
    Heinrichs kratzte sich hörbar am Kopf: «Wartet mal, war da nicht im letzten ‹Colin Dexter› auch so eine Sache?»
    Van Appeldorn hörte gar nicht hin. «Hast du daran gedacht, dass ihr oben im Labor einen Kachelboden habt? Im Zimmer des Mädchens liegt aber Teppichboden. Da rutscht doch so ein Stuhl ganz anders.»
    Aber van Gemmern ließ sich nicht beirren. «Sicher habe ich daran gedacht. Aber da liegen diese Kunstfaserteppichfliesen. Die bremsen mehr als unser Kachelboden.»
    «Was ja noch zu beweisen wäre», fiel ihm Berns ins Wort. «Wenn du schon diese etwas fragwürdige empirische Methode anwendest, lieber Klaus, dann musst du natürlich erst die richtigen Voraussetzungen schaffen. Also, das ganze Experiment noch einmal am Tatort, junger Mann.»
    Toppe hob beschwichtigend die Hände.
    «Und wenn ich noch etwas sagen darf», fing Berns wieder an, «kann ja sein, dass ich nicht genug Phantasie habe, aber wie soll das denn gelaufen sein? Wenn jemand anders das Mädchen aufgeknüpft hätte, dann hätte die sich doch wohl gewehrt, oder? Und davon war nun wirklich nichts zu sehen am Tatort, und, soweit ich das beurteilen kann, an der Leiche auch nicht.»
    «Eben», bestätigte van Appeldorn.
    «Moment, Moment», mischte sich Breitenegger ein. «Man könnte sie vorher erwürgt oder erdrosselt haben. Es ist doch nicht neu, dass das Erhängen hinterher nur Tarnung ist.»
    «Ach was», wischte Heinrichs den Einwand beiseite, «so etwas ist doch leicht festzustellen. Dazu kann uns Bonhoeffer bestimmt etwas sagen. Man kann eine Strangfurche ganz leicht von einer Drosselmarke oder einem Würgemal unterscheiden. Und da gibt’s auch eine ganze Reihe anderer Merkmale. Wie sah denn das Gesicht der Toten aus?»
    «Kalkweiß», antwortete van Gemmern lahm. Er wusste, worauf Heinrichs hinauswollte.
    «Eben, das weist schon mal klar auf Erhängen hin. Beim Erdrosseln oder Erwürgen ist das Gesicht bläulich verfärbt und aufgedunsen. Überhaupt ist es so gut wie unmöglich, jemanden unauffällig durch Erhängen umzubringen, obwohl es da natürlich mal den Fall Gouffé gegeben hat …», überlegte er.
    Toppe griff entschlossen zum Telefon und wählte die Nummer des Emmericher Krankenhauses.
    «Kripo Kleve, Herrn Dr. Bonhoeffer, bitte.»
    Man ließ ihn eine ganze Weile warten.
    «Helmut, du bist es! Ich wollte dich auch gerade anrufen», meldete sich Bonhoeffer schließlich.
    «Wieso?», fragte Toppe verblüfft.
    «Ich habe da etwas gefunden, das möglicherweise darauf hindeutet, dass es sich hier bei dem Mädchen nicht um einen einfachen Suizid handelt.»
    «Was? Mal langsam. Und wieso obduzierst du überhaupt schon?»
    «Staatsanwalt Stein hat die Obduktion angeordnet. Wusstest du das denn nicht?»
    «Nein, aber egal. Was sagtest du? Doch kein Tod durch Erhängen?»
    «Doch, doch, das ist schon ganz eindeutig. Aber es liegt offensichtlich auch noch ein toxisches Geschehen vor. Ich habe unter anderem im Magen etwas gefunden. Ich bin noch nicht sicher, konnte nur einen Schnelltest machen, aber auf jeden Fall ist Atropin dabei. Die Sachen sind schon unterwegs nach Düsseldorf. Ich denke, ich kann dir wohl schon heute Mittag Genaueres dazu sagen.»
    Toppe zog seinen Notizblock heran. «Atropin» schrieb er auf. «Und sie ist nicht erwürgt
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