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Grenzen setzen – Grenzen achten

Titel: Grenzen setzen – Grenzen achten
Autoren: Anselm Grün/Ramona Robben
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gelingt nur, wenn die Partner ein angemessenes Verhältnis von Nähe und Distanz, von Grenzsetzung und Grenzüberschreitung finden. Der richtige Umgang mit den Grenzen, den eigenen und denen des anderen, ist die Bedingung dafür, dass eine Partnerschaft hält und dass sie lebendig bleibt. Es ist immer eine Gratwanderung, die Grenze zu achten und sie zu überschreiten. Ein Zuviel an Abgrenzung lässt die Beziehung eintrocknen, ein Zuwenig führt zu einem Kleben am anderen, das die lebendige Beziehung lähmt. Es ist eine Kunst, mit den Grenzen gut umzugehen. Und diese Kunst der Balance müssen wir ein Leben lang lernen. Man kann nie sagen, man würde diese Kunst beherrschen. Denn das Verhältnis von Grenze und Grenzüberschreitung muss immer wieder neu austariert werden, je nach Alter, je nach innerer und äußerer Verfassung der Partner.

    Auch die Beziehung zwischen Gott und Mensch lebt vom richtigen Umgang mit der Grenze. Der Mensch sehnt sich danach, mit Gott eins zu werden. Aber die Gefahr ist, dass er sich in dieser Sehnsucht selbst auflöst und sein Personsein zerstört. Die klassische Formel „unvermischt und ungetrennt“ zeigt den Weg zum Eins-werden des Menschen mit Gott, das zugleich die Grenze zwischen Gott und Mensch achtet und wahrt. Die höchste Würde des Menschen – so sagen die frühen Mönche – besteht darin, im Gebet eins zu werden mit Gott. Aber um eins zu werden mit Gott, muss ich die Grenzen meines engen Egos überspringen. Ich muss von mir selbst Abstand nehmen, damit ich Gott nicht vereinnahme und in mein enges Ego zwänge.Zugleich darf ich mich nicht in Gott auflösen. Sonst wird das Einswerden zu einer Regression, der zum Scheitern verurteilte Versuch des Rückschritts in die Einheit des Mutterschoßes. Wahres Eins-werden überspringt die Grenze zwischen Gott und Mensch und wahrt sie zugleich. Auch im Eins-werden bleibt Gott Gott und der Mensch Mensch. Im Akzeptieren dieser Grenze zwischen Gott und Mensch besteht für die Alten die Weisheit des Menschen. „Die Gottesfurcht ist aller Weisheit Anfang.“ (Spr 1,7) Gottesfurcht aber heißt, von Gott betroffen zu werden, von Gott als dem Gegenüber, als dem unbegreiflichen Geheimnis, aus dem heraus ein Du mich anspricht, um mir zu begegnen und mit mir eins zu werden.

    So trifft das Thema der Grenze ganz zentral alle Bereiche unseres Lebens: unsere Arbeit, den Umgang mit uns selbst, unsere Beziehungen und unser spirituelles Leben. In all diesen Bereichen geht es darum, Grenzen zu setzen und Grenzen zu achten. Wir wünschen den Lesern und Leserinnen, dass sie für sich ihr Maß finden, Grenzen zu setzen und zu überschreiten und die eigenen und fremden Grenzen zu achten, damit ihre Begegnungen gelingen und ihr Leben immer mehr glückt.

Literatur
    Thea Bauriedl, Leben in Beziehungen. Von der Notwendigkeit, Grenzen zu finden, Freiburg 1997.
    Eugen Drewermann/Ingrid Neuhaus, Marienkind. Grimms Märchen tiefenpsychologisch gedeutet, Olten 1984.
    Margrit Erni, Grenzen erfahren, Olten 1978.
    Heinrich Fries, Grenze, S. 568–571, in: Christian Schütz (Hrsg.), Praktisches Lexikon der Spiritualität, Freiburg 1992.
    Theresia Hauser, Grenzerfahrungen. Das Thema 20/77, München 1977.
    Hans Jellouschek, Die Kunst als Paar zu leben, Stuttgart 1992.
    Hans Jellouschek, Bis zuletzt die Liebe: Als Paar im Schatten einer tödlichen Krankheit, Freiburg 2002.
    Barz, H. (Hrsg.): Carl G. Jung, Grundwerk VI: Psychologie und Alchemie, Olten 1985.
    Niehus-Jung, M. (Hrsg.): Carl G. Jung, Gesammelte Werke VI: Psychologische Typen, Olten, 1960.
    Carl G. Jung, Briefe III, Olten 1973.
    Verena Kast, Wege aus Angst und Symbiose. Märchen psychologisch gedeutet, München 1987.
    Thomas Leyener, Grenzerfahrungen, in: LThK 1040. Henri J. M. Nouwen, Ich hörte auf die Stille, Freiburg 2004.
    Horst Petri, Das Drama der Vaterentbehrung, Freiburg 2002.
    Jan-Uwe Rogge, Kinder brauchen Grenzen, Hamburg 1993.
    Peter Schellenbaum, Das Nein in der Liebe. Abgrenzung und Hingabe in der erotischen Beziehung, München 1986.
    Velma Wallis, Zwei alte Frauen. Eine Legende von Verrat und Tapferkeit,
    München 1993. Irvin D. Yalom, Existentielle Psychotherapie, Köln 2000.
    Karl-Heinz Ziegler, Grenze, in: RAC 1095–1107.

Über dieses Buch
    HERDER spektrum
    Band 5844

    Das Buch
    Leben – statt gelebt zu werden, darum geht es. Denn wer nicht Nein sagen kann, wird krank. Wer immer allen Erwartungen nachkommen will, wird seine Grenzen bald schmerzhaft spüren. Ob in der Partnerschaft, im
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