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Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Titel: Greifenmagier 1 - Herr der Winde
Autoren: Neumeier Rachel
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achten, dass Kes nicht weitere Menschen heilt. Nur um sicherzustellen, dass niemand sonst mit dieser besonderen Verbundenheit eine solche ...« - er zögerte; es erschien ihm kaum eine Gabe zu sein - »... Macht erhält.«
    »Das werde ich. Darauf kannst du dich verlassen. Ich werde ihr die Wahrheit sagen, denke ich. Das wird sie wirkungsvoller daran hindern als irgendein Hemmnis, das ich sonst zum Einsatz bringen könnte.«
    Bertaud nickte. »Ich habe nur dich gerufen. Ich habe nur gegen dich Zwang angewandt. Hat sonst niemand eine Vermutung?«, fragte er, um sicherzugehen.
    »Nein, Mensch, du kannst beruhigt sein«, antwortete der Greif mit ironischem Unterton. »Nur ich wurde durch die Kraft deines Befehls gefügig gemacht.«
    Bertaud bemühte sich, nicht erkennbar zusammenzuzucken. Einen Augenblick später sagte er: »Es liegt im Wesen eines Pferdes, sich dem Reiter zu fügen. Es liegt sogar in der Natur eines Wolfs, die Grenzen seiner Jagd zu respektieren, die ihm ein Mensch vielleicht auferlegt. Ich weiß jedoch ... dass sich irgendjemandes Herrschaft zu fügen völlig dem Wesen deines Volkes widerstrebt. Ist dir klar ... wie entsetzlich es für einen Menschen ist, eine Kreatur von gleicher Berufung gegen ihren Willen zu bezwingen?«
    »Wirklich?«
    »Es bräche mir das Herz«, erklärte Bertaud schlicht.
    Kairaithins stolze Miene wurde hart. »Also sollte ich froh sein, meine Freiheit und die des Volkes von Feuer und Luft deiner zarten Empfindsamkeit anzuvertrauen, Mensch? Ist es das, was du von mir erwartest?«
    »Nein«, entgegnete Bertaud. »Das erwarte ich ganz und gar nicht. Ich weiß sehr gut, dass du die langen Jahre deines Lebens damit zubrächtest, am eigenen Herzen und der eigenen Seele zu zweifeln.« Er erwiderte den Blick der feurigen schwarzen Augen und fuhr einen Moment später fort: »Du solltest deine wahre Gestalt annehmen. Ich denke, dass du dann schneller bist. Du wirst schnell sein müssen. Denn wenn ich ... wenn ich den Angriff kommen spüre, denke ich nicht, dass ich fähig sein werde, dich ihn ausführen zu lassen.«
    Kairaithin starrte ihn an.
    Bertaud schloss die Augen und wartete.
    Eine ganze Weile verstrich. Viel mehr Zeit verstrich, als hätte nötig sein dürfen. Bertaud öffnete die Augen.
    Kairaithin saß in Greifengestalt vor ihm, wie eine große Katze, den Löwenschweif ordentlich um die krallenbewehrten Vorderfüße gewickelt. Er hatte den Hals gewölbt und den Kopf zur Brust hin angezogen, sodass er mit dem grausamen Schnabel auf den Boden wies. Das Nackengefieder bewegte sich im Wüstenwind. Kairaithin wirkte wuchtig und gefährlich, wie ein Wesen, dessen Abbild auf einem Wappen prangt - und irgendwie unentschlossen.
    »Denkst du«, fragte Bertaud ihn, »dass ich dir ein solches Angebot zweimal mache? Denkst du, ich könnte endlos den Mut dazu aufbringen? Denn ich verspreche dir: Falls du das denkst, irrst du dich.« Seine Stimme bebte, und am Ende sprach er abgehackt.
    Nein, erwiderte Kairaithin leise. Seine Stimme glitt behutsam um die Peripherie von Bertauds Bewusstsein. Das erwarte ich nicht im Mindesten.
    Bertaud starrte dem Greifen kurz in die Augen und wandte den Blick wieder ab. Seine Hände, die leer auf dem Tisch lagen, fuhren nun langsam über dessen körnige Oberfläche. Er sammelte eine kleine Handvoll roten Staub auf und ließ ihn durch die Finger rinnen. Einen Augenblick lang betrachtete er nichts weiter als das leichte Glitzern des Staubes im Sternenlicht. Er sprach kein einziges Wort. Ihm fiel einfach nichts ein, was er hätte sagen können. Der endlose Himmel wölbte sich über sie beide.
    Ich werde auf deine Empfindsamkeit vertrauen, Mensch, sagte Kairaithin. Sein Tonfall war rau und stolz, als wollte er Trotz ausdrücken. Du wirst nicht rufen. Du wirst mir nicht deinen Willen aufzwingen. Keinem aus meinem Volk.
    »Das werde ich nicht«, versprach Bertaud.
    Ich werde die Jahre dafür nutzen, nach Möglichkeiten zu forschen, wie ich dich töten kann, falls du dich als unaufrichtig erweist.
    »Davon bin ich überzeugt.«
    Ich werde nicht auf den Augenblick warten, dass du rufst, erklärte der Greif in einem sanfteren Ton. Ich werde nicht voller Furcht vor dem Klang deiner Stimme leben und hoffen, dass sie meinen Namen nicht spricht.
    Bertaud senkte den Kopf. Einen Moment später blickte er wieder auf. »Ich werde ihn nicht sprechen. Das schwöre ich dir. Ich werde dich nicht wiedersehen.«
    Nein.
    »Das bricht mir das Herz, aber ... auf eine bessere Art.«
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