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Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Titel: Greifenmagier 1 - Herr der Winde
Autoren: Neumeier Rachel
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wenn er sich jetzt nach der Feuersglut sehnte, war sie fast erloschen und hatte nur noch Asche hinterlassen. Trotzdem war ihm auf seltsame, ungewohnte Art und Weise klar, was er tun musste. Nicht, um das Feuer wieder anzufachen, sondern um ... es richtig einzudämmen.
    Es wurde ruhig im Lager. Die Soldaten Farabiands und die Gefangenen aus Casmantium waren unter vergleichbaren Umständen untergebracht; sie alle genossen nur wenige Annehmlichkeiten, waren aber zu müde, um sich darum zu scheren. Feuer funkelten im Dämmerlicht: freundliche kleine Lagerfeuer, die nicht im Mindesten etwas mit der Wüste gemeinsam zu haben schienen. Auf eine Eingebung hin suchte Bertaud nach Kes' Schwester, aber die Menschen aus Minasfurt hatten sich alle irgendwohin entfernt - sicherlich nicht zurück in ihr verlorenes Dorf. Wahrscheinlich zu irgendeinem außerhalb gelegenen Bauernhof, den sie kannten und der Ortsfremden unbekannt war. Wahrscheinlich sehnten sie sich nach dem Trost vertrauter Mauern und der Gesellschaft von ihresgleichen, und niemand konnte ihnen daraus einen Vorwurf machen.
    Bertaud wünschte sich weder Gesellschaft noch Mauern. Er folgte langsam der Straße, die ihn vom Fluss wegführte und auf die neue Wüste zulief. Nach einer Weile verließ er die Straße und folgte einem direkteren Weg bergan. Er genoss die Anstrengung wie auch die Taubheit der Erschöpfung, die an ihm klebte. Das feuchte Gras gab unter seinen Schritten sacht nach, und er kam an den kleinen, kräftig gestutzten Bäumen eines Obstgartens vorbei. Der inzwischen, wie er vermutete, jeden Obstes beraubt war - durch Soldaten, die nur zu froh waren, ihre aus hartem Brot und Trockenfleisch bestehende Kost aufzubessern. Gleichwohl verwunderte ihn, dass jemand überhaupt noch die Energie dazu gehabt hatte.
    Unter seinen Schritten wich das weiche Gras unvermittelt dem Sand. Einen Herzschlag später schlug ihm vom Sand aus die Hitze entgegen, die selbst in der Dämmerung noch stark war. Bertaud zögerte kurz. Dann ging er weiter, jetzt allerdings langsamer. Er erreichte eine niedrige Mauer aus flachen, abgerundeten Steinen, die inzwischen brüchig und rissig geworden waren, als hätten sich die Zeit und die Sonne sowie die Macht der Wüste viele Jahre lang darauf ausgewirkt und nicht nur einen Nachmittag lang. Er stützte sich mit einer Hand auf dieser Mauer ab und stieg steif hinüber. Er fühlte sich, als wäre er an diesem einen Abend zwanzig Jahre älter geworden, und hätte sich am liebsten einen Augenblick lang auf der Mauer ausgeruht. Letztlich fand er jedoch keine Ruhe: Würde er ruhig dazusitzen versuchen, bliebe ihm zu viel Zeit für Gedanken - und dafür, dass sich das Grauen mit Nachdruck durch seine Müdigkeit schlich. Und so ging er schnell weiter und suchte nach ... Er wusste kaum, was er eigentlich zu finden hoffte oder warum eine bestimmte Stelle besser als irgendeine andere für das geeignet sein sollte, was er plante. Vielleicht suchte er lediglich nach einer bestimmten Neigung der länger werdenden Schatten. Oder nach einer Ausrede, um die abschließenden Augenblicke dieses endlosen Tages hinauszuzögern.
    Am Ende ertappte er sich dabei, wie er der einzigen Straße von Minasfurt folgte, an deren beiden Seiten die Häuschen aufragten. Sand bedeckte das Pflaster. Die Häuser, die dem casmantischen Heer so wacker widerstanden hatten, waren der Wüste zum Opfer gefallen, welche die Greifen mit letzter Anstrengung bis hierhin ausgeweitet hatten: Hier war eine Wand eingebrochen, als sich das Gestein darunter verschoben hatte, dort ein Dach eingestürzt ... Bertaud durchquerte langsam die Ortschaft und erreichte schließlich das Tor zum Hof des Gasthauses. Er ging hindurch. Es standen noch die Tische auf dem verlassenen Hof und auf manchen von ihnen auch noch die Vasen; die Blumen darin waren freilich tot und vertrocknet: ein Anblick, ebenso absurd wie trostlos.
    Bertaud setzte sich an einen Tisch. Das Tageslicht war inzwischen fast gänzlich gewichen. Die alterslosen Sterne leuchteten hart und streng; sie besaßen nur wenig von dem bebenden Funkeln, das sie an einem freundlicheren Himmel auszeichnete. Bertaud blickte zu ihnen hinauf und fühlte sich irgendwie von ihrer Zeitlosigkeit getröstet. Er ertappte sich dabei, wie er an die Sterne über dem See bei Tihannad zurückdachte und dann aus irgendeinem Grund an den weiten Himmel über dem Delta, wo er jene grimmigen Jahre seiner frühen Kindheit verbracht hatte. In den zurückliegenden Jahren
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