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Gregor und der Schlüssel zur Macht

Gregor und der Schlüssel zur Macht

Titel: Gregor und der Schlüssel zur Macht
Autoren: S Collins
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sterben, wenn der Fluch stirbt?«, sagte Gregor.
    »Warum raubtest du ihm nicht das Licht?«, fragte Vikus.
    »Weil er ein Baby ist. Das kann man einfach nicht machen«, sagte Gregor. »Das ist das Allerschlimmste … Ich … ich meine, wenn man ein Baby töten kann, wovor schreckt man dann überhaupt noch zurück?«
    »Das sagt dir dein Herz. Hättest du ihm nicht gehorcht, hättest du dein Heil verloren«, sagte Nerissa.
    Gregor ging ein paar Schritte zurück und setzte sich auf den Kubus. Langsam dämmerte ihm, was Nerissa meinte.
    Stirbt das Kleine, stirbt sein Heil
    verliert er seinen wichtigsten Teil.
    Sein Gefühl hatte ihm gesagt, dass er den Fluch verschonen musste. Hätte er ihn getötet, wäre er nie mehr derselbe gewesen. Er hätte sich selbst für immer verloren.
    »Weißt du«, sagte Vikus zu Nerissa, als wäre er mit ihr allein im Raum, »immer wieder überrascht es mich, wie falsch wir Sandwichs Prophezeiungen deuten. Wenn wir sie dann verstanden haben …«
    »… ist alles klar wie Wasser«, stimmte Nerissa zu.
    Vikus zitierte einen Teil der Prophezeiung:
    Was könnte unseren Krieger schwächen?
    Wie werden die zornigen Nager sich rächen?
    Ein Junges, das noch nicht mal zählt
    haben sie dafür auserwählt.
    »Die Nager haben den Fluch auserwählt …«, sagte Vikus.
    »Und er ist ein Junges, das noch nicht mal zählen kann. Sandwich ging sogar so weit, das Wort ›Junges‹ zu verwenden, das Wort der Nager für ein Kleines«, sagte Nerissa.
    »Und der Fluch sichert uns den Frieden«, fügte Vikus hinzu.
    »Denn wenn Gregor ihn getötet hätte …«, fuhr Nerissa fort.
    »Verheerender Krieg wäre die Folge gewesen«, sagte Vikus. »Der Tod der weißen Ratte hätte ausgereicht, um die Nager wieder zu einen. Es war ein Geniestreich, dieses Junge zu Ripred zu bringen, Gregor. Oh, sie werden nicht wissen, wie sie diesen Zug parieren sollen.«
    »Königin Nerissa, sollen wir den Prozess fortsetzen?«, fragte die vorsitzende Richterin.
    Nerissa schaute auf, als wäre sie überrascht, wo sie sich befand. »Ein Prozess? Gegen den Krieger? Natürlich wird es keinen solchen geben! Er hat das Unterland gerettet.« Auf Vikus gestützt, stand sie auf und sah, dass die anderen Angeklagten sie anstarrten. Sie lächelte sie ein wenig an,und ihr nächster Satz war allein an Ares gerichtet: »Und alle, die ihm geholfen haben, genießen unsere höchste Wertschätzung.«
    Ares senkte den Kopf, sei es, weil er sich verneigte, sei es, weil er ihr nicht in die Augen sehen mochte.
    »Möchtet ihr mit mir speisen, ihr vier? Ihr seht halb verhungert aus«, sagte Nerissa. Aus ihrem Mund entbehrte das nicht einer gewissen Ironie, doch die Einladung war willkommen.
    Ziemlich benommen von der unerwarteten Wendung der Ereignisse folgten Gregor, Ares, Howard und Andromeda Nerissa aus dem Gerichtssaal. Sie führte sie in ein kleines intimes Speisezimmer. An dem Tisch hatten nicht mehr als sechs Personen Platz. Wasser plätscherte in einem Brunnen in der Ecke. Die Wände waren mit alten Teppichen behangen. Offenbar hatten die ersten Unterländer sie von oben mitgebracht, denn sie zeigten Szenen aus dem Überland, nicht aus dieser dunklen Welt. Der Raum hatte etwas Beruhigendes.
    »Schön hier«, sagte Gregor.
    »Ja«, sagte Nerissa. »Hier nehme ich oft meine Mahlzeiten ein.«
    Sie setzten sich alle. Platten mit erlesenen Speisen wurden hereingetragen. Große Fische, die mit Getreide und Kräutern gefüllt waren, winzige, in geometrischen Mustern angerichtete Gemüse, dampfendes geflochtenes, mit Früchten verziertes Brot, Stapel von hauchdünnem Roastbeef und Ripreds Leibgericht, Garnelen in Sahnesoße. Reichlich gefüllte Teller wurden vor sie hingestellt.
    »Glaubt nicht, ich äße immer so üppig«, sagte Nerissa. »Diese Speisen wurden für die Krönung bereitet. Bitte fangt an.«
    Gregor tunkte sein Brot in die Sahnesoße und nahm einen kräftigen Bissen.
    Eine Weile waren sie alle vollauf mit dem Essen beschäftigt – mit Ausnahme von Nerissa, die ihres vor allem hin- und herschob.
    »Ich fürchte, ich bin eine schlechte Gesellschafterin«, sagte Nerissa. »Selbst wenn es mir gut geht. Und in diesem Augenblick nimmt mir die Trauer um meine Cousine das wenige, was ich sonst vielleicht zu sagen wüsste.«
    »Uns geht es nicht anders«, sagte Howard betrübt.
    »Ja, niemand hier blieb verschont«, sagte Nerissa.
    Es stimmte. Die Reise zum Irrgarten hatte jedem von ihnen einen großen Verlust bereitet. Gregor war froh,
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