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Grauen im Grand Hotel

Grauen im Grand Hotel

Titel: Grauen im Grand Hotel
Autoren: Jason Dark
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bekommen.«
    »Regen Sie sich ab, John, er kann eben nicht aus seiner Haut.« Sir James schaute sich um. »Hier haben wir wohl nichts mehr verloren. Wir werden die Wohnung den Spezialisten überlassen. Kann ich Sie mit ins Büro nehmen?«
    »Ja, ich habe keinen Wagen mit dabei. Die U-Bahn ist schneller.«
    »Da sagen Sie was.«
    Ich ging nicht mehr zurück in das Mordzimmer, sondern nach draußen, wo mich ein milder Septembertag empfing, dessen Himmel eine sehr klare Bläue zeigte.
    Sir James Dienstwagen stand auf dem Gehsteig, zusammen mit den anderen Fahrzeugen der Kollegen. Ich erkannte auch den dunklen Leichenwagen. Die Toten waren also noch nicht aus dem Haus geschafft worden. Wie immer hatten sich Zuschauer versammelt, die von einigen Beamten stets zurückgedrängt werden mußten.
    Sir James Fahrer stand neben dem Wagen. Er schaute mich an und fragte locker: »Kommt der Chef auch gleich?«
    »Ja.«
    Sir James kam. »Zum Yard, bitte.«
    »Sehr wohl, Sir.« Ihm wurde die Tür geöffnet, mir nicht. Ich setzte mich in den Fond und sah, daß Sir James einen sehr nachdenklichen Eindruck machte.
    »Woran denken Sie?«
    »Das will ich Ihnen sagen, John.« Er rückte seinen Bowler zurecht. »Ich habe den Eindruck, daß mehr hinter diesem Fall steckt, als wir bisher annehmen.«
    »Da stehen Sie nicht alleine, Sir.«
    »Und was meinen Sie?«
    »Degen war ein Agent, dieser Zombie ebenfalls. Vielleicht haben wir es mit einem ganzen Agentennest zu tun.«
    »Genau.«
    »Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter, Sir. Möglicherweise mit untoten Agenten.«
    Mein Chef schwieg, schaute aus dem Fenster, als wäre es besonders interessant, einen Stau zu beobachten. »Malen Sie den Teufel nicht an die Wand, John.«
    »Aber vergessen kann ich ihn auch nicht.«
    Sir James nickte.
    »Das stimmt wohl.« Dann atmete er tief durch. »Aber sehen Sie zunächst, was Ihnen der kleine Ausflug in das Engadin bringen wird.«
    »Bestimmt keinen Urlaub, Sir.«
    Er widersprach mir nicht…
    ***
    Er war bis Zürich geflogen, hatte sich dort einen Leihwagen genommen und war über Chur, Lenzerheide und den Julier-Paß in das Engadin gefahren. Auf der sehr kurvenreichen Strecke wäre ihm beinahe schwindlig geworden, aber ein Mann wie Wladimir Golenkow biß die Zähne zusammen und dachte nie an Aufgabe. Das hatte er schon vor der Umgestaltung nicht getan. Einmal jedoch hatte er Furcht gehabt, als in seinem Land geputscht wurde, der Umsturz aber nicht klappte, so daß die Bewohner jetzt viel freier als sonst atmen konnten.
    Wladimir Golenkow war KGB-Mann. Er gehörte ausgerechnet einer Organisation an, die in der letzten Zeit stark ins Zwielicht geraten war und deren alte Strukturen dicht vor der Auflösung standen, um neu formiert zu werden.
    Viele seiner Kollegen wurden abgeschoben, sie mußten gehen, einige landeten auch hinter Gittern, doch Wladimir brauchte keine Sorge um seine Zukunft zu haben.
    Er hatte schon immer zu den Leuten gehört, die auf Seiten der Reformer standen und oftmals gegen den Strom geschwommen waren. Er hatte viel Menschlichkeit in seinem Job gezeigt, und er hatte gleichzeitig bewiesen, daß es auch in einem sozialistisch geführten Land Dämonen gab, die sich um Macht-und Parteistrukturen nicht kümmerten, sondern ihren eigenen Zielen nachgingen.
    Zu Beginn hatte es Wladimir schwer gehabt, sich da durchzusetzen, aber als erste Erfolge eintraten, dachte man anders darüber und ließ ihn in Ruhe. Zudem ging ein Freund von ihm, John Sinclair, dem gleichen Job nach, und er war mittlerweile auch in Rußland bekannt geworden, vor allen Dingen deshalb, weil Wladimir und er die großen Erfolge gemeinsam errungen hatten.
    Auch jetzt hätte Wladimir den Freund gern bei sich gehabt, sah aber ein, daß der neue Fall doch zu geheimnisvoll und nebulös und auch nicht eben ein Ruhmesblatt für den KGB war, denn es ging um verschwundene Agenten, die sich irgendwann vor ihrem Verschwinden gemeldet oder einfach einen kurzen Abschiedsbrief hinterlassen hatten, in dem sie erklärten, daß sie zum Sterben in die Schweiz fahren würden. Nicht nur einfach irgendwohin, sondern an einen bestimmten Ort, in ein bestimmtes Hotel.
    Sosehr man auch daran interessiert war, die Vergangenheit aufzuarbeiten, gab es doch Punkte, die nicht unbedingt an die Öffentlichkeit sollten. Dazu gehörte eben das Verschwinden der KGBAgenten. Zuerst hatte man sie als Überläufer angesehen. Aber es gab keine Spuren, es passierte nichts, was auf einen Wechsel hingedeutet
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