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Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser

Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser

Titel: Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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weißt du auch warum?«
    »Keinen Schimmer.«
    »Weil auf dem Cover meistens junge Frauen abgebildet sind, über die sich ein Kerl beugt – und zwar so, als würde er seine Zähne gleich in ihren Nacken schlagen wollen.«
    »Du meinst Vampirromane!«
    »Keineswegs. Vampire beißen in den Hals und nicht in den Nacken.«
    Jansen lachte. Zufällig sah ich in dem Moment zum Erdhügelhaus hin und bemerkte, dass sich die helle Gardine bewegte.
    »Augenblick, da ist was«, rief ich aus. »Es scheint doch jemand da zu sein, da bewegt sich was.«
    »Oben auf der Galerie?«
    »Nein, unten.«
    »Wo unten?«
    »Unten eben.«
    »Deine Angaben sind ja wieder mal sehr präzise, Grappa. Was siehst du denn nun?«
    »Die Gardine wackelt.«
    »Dann versuch's noch mal«, sagte Jansen. »Und zwar pronto.«
    Ich drückte das Gespräch weg, stieg wieder aus und ging zum Haus. Doch auf mein heftiges Klingeln reagierte erneut niemand. Ich klopfte sogar, rief meinen Namen und den der Zeitung – es blieb totenstill. Frustriert kehrte ich zum Auto zurück.
    Auf dem Weg ins Dorf erinnerte ich mich an Jansens Satz mit der ›Galerie‹. Ja, in dem Haus gab es eine offene Galerie – ich hatte sie von außen gesehen. Woher aber wusste Peter Jansen das? Kannte er das Haus?

Töttchen brutal
    Mysterien, Geheimnisse und Verborgenes hatten mich schon immer fasziniert. Mein Interesse an Lilo von Berghofen stieg. Jansen wusste mehr über die Schriftstellerin, als er mir gegenüber zugeben wollte. Zuerst hatte er ihre Telefonnummer im Kopf, dann wusste er, dass ihr Haus eine Galerie besaß.
    Die Kneipe hieß Zur Steigerklause. Vor der Tür pries eine Schiefertafel westfälische Spezialitäten an.
    Ich zog die Tür auf und musste mich durch einen Filzvorhang kämpfen. Ein Sänger sülzte Jenseits von Eden. Der Hit erinnerte mich an meine Volksschulzeit.
    Vor dem Tresen saßen und standen einige Männer, hinter der Theke agierte der Wirt. Einer der Tresensitzer war der Bauer, der mir mit seinem Trecker so galant die Vorfahrt genommen hatte. Alle glotzten mich an.
    »Tach, die Herren«, sagte ich.
    »Tach auch. Und?«, knurrte der Wirt.
    »Ich las, dass in diesem Etablissement westfälische Köstlichkeiten gegen einen kleinen Obolus abzugeben sind«, flötete ich.
    »Wat is?«
    »Essen, guter Mann! Was können Sie mir empfehlen?«
    »Töttchen«, kam es aus des Wirtes Mund.
    »Töttchen? Kenn ich nicht.«
    »Ich hab aber nur noch Töttchen«, erklärte er und grinste.
    »Gut, dann eben Töttchen.«
    »Setzen Sie sich, junge Frau.« Der Wirt deutete auf einen blank gescheuerten Holztisch. »Pilsken dazu?«
    »Nein, Wasser, bitte.« Ich ließ mich auf den Stuhl fallen, er war ungepolstert und kalt.
    Der Trecker-Rowdy blies eine Zigarettenwolke in meine Richtung. Ich wedelte sie mit übertriebener Gestik weg.
    Im Mineralwasser schwamm eine müde Zitronenscheibe. »Töttchen kommt gleich«, brummte der Wirt, als er es mir brachte.
    »Was ist denn nun im Töttchen so drin?«
    »Was drin is? Keine Ahnung. Is abba lecka.«
    An der Wand gegenüber hingen die Köpfe von Rehen und Hirschen. Sie waren auf Bretter genagelt. Rechts von mir hatte der Tierpräparator einen Raben auf einen Ast gesetzt. Sein Gefieder war stumpf und staubig.
    Ich erinnerte mich an den Raben auf dem Zaun und kramte die Feder aus meiner Handtasche. Das Blut am Kiel war schwarz nachgedunkelt und eingetrocknet, der blauschwarze Glanz noch erhalten.
    Der Wirt trabte erneut an, in der Hand eine Terrine und einen Teller. Ich schob die Blumendekoration beiseite, um Platz für das westfälische Gebinde zu schaffen.
    »Guten Appetit«, murmelte der Wirt.
    »Danke«, antwortete ich. »Kennen Sie sich hier aus in der Gegend?«
    Er hatte mir schon den Rücken zugedreht, wandte sich aber noch einmal um. »Klar. Was wollen Se denn wissen?«
    »Das Haus oben auf dem Berg«, sagte ich. »Mit dem Grasdach. Steht das schon lange da?«
    »Der Rabenhügel? «
    »Wenn das Haus so heißt, dann der Rabenhügel. «
    »Seit zehn Jahren isses da. Vorher war dort was anderes.«
    »Was denn?«
    »Auch ein Haus, kleine Hucke aus Stein.«
    »Wieso heißt das Haus Rabenhügel? «
    Er überlegte. »Das hieß schon immer so.«
    »Und warum?«
    »Weil in dem Haus davor, also nicht in dem da jetzt, eine Alte wohnte. Die hatte 'nen Raben.« Der Wirt deutete auf den Teller vor mir. »Essen Se mal, das wird nich wärmer.«
    Das Töttchen war ein mittelbraunes Gemisch aus zerstampftem Gemüse und irgendwelchem Fleisch.
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