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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald
Autoren: H Coben
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ein bisschen an Spukschlösser.
    »Sind Sie Paul Copeland?«, fragte der größere Polizist.
    »Ja.«
    Er sah seinen kleineren Partner an. Der war fleischig und hatte keinen Hals. Er war gebaut wie ein Betonblock, ein Eindruck, der durch die grobporige Haut noch verstärkt wurde. Ein paar Schüler kamen um die Ecke. Vermutlich Viertklässler. Ihre Gesichter waren noch rot vor Anstrengung. Wahrscheinlich kamen sie direkt vom Sportplatz. Sie gingen an uns vorbei. Ihre abgekämpfte Lehrerin folgte ihnen. Sie bedachte uns mit einem steifen Lächeln.
    »Am besten unterhalten wir uns draußen«, sagte der Größere.
    Ich zuckte die Achseln. Ich hatte keine Ahnung, worum es ging. Ich hielt mich für unschuldig, war aber erfahren genug, um zu wissen, dass man bei Polizisten immer vorsichtig sein musste. Offenbar ging es nicht um den großen, schlagzeilenträchtigen Fall, an dem ich arbeitete. Sonst hätten sie bei mir im Büro angerufen, und ich hätte eine Nachricht aufs Handy oder meinen BlackBerry bekommen.
    Nein, es ging um etwas anderes – etwas Persönliches.
    Auch da war ich sicher, dass ich mir nichts hatte zuschulden kommen lassen. Aber ich habe schon viele Verdächtige erlebt, die auf ganz verschiedene Arten reagiert haben. Einige davon hätten Sie bestimmt überrascht. Wenn die Polizei zum Beispiel einen Hauptverdächtigen in Gewahrsam nahm, ließ sie ihn oft
stundenlang allein im Vernehmungsraum sitzen. Man sollte meinen, die Schuldigen würden die Wände hochgehen, aber meistens war es genau umgekehrt. Die Unschuldigen wurden ganz hektisch und nervös. Sie hatten keine Ahnung, warum sie da waren oder welchen falschen Verdacht die Polizei gegen sie hegte. Die Schuldigen schliefen oft einfach ein.
    Wir standen vor dem Schulgebäude. Die Sonne brannte auf uns herab. Der Größere kniff die Augen zusammen und schirmte sie mit der Hand vor der Sonne ab. Der Betonblock weigerte sich, irgendeine Schwäche zu zeigen.
    »Ich bin Detective Tucker York«, sagte der Größere. Er zog seine Polizeimarke heraus und deutete auf den Betonblock. »Und das ist Detective Don Dillon.«
    Auch Dillon zückte seine Polizeimarke. Sie zeigten sie mir. Ich weiß nicht, warum sie das immer tun. Es wäre ein Leichtes, die zu fälschen. »Was kann ich für Sie tun?«, fragte ich.
    »Würden Sie uns erzählen, wo Sie gestern Nacht waren?«, fragte York.
    Bei einer solchen Frage hätten die Alarmsirenen sofort losgehen müssen. Ich hätte sie sofort darauf hinweisen müssen, wer ich war und dass ich ohne meinen Anwalt keine Fragen beantworte. Aber ich war Anwalt. Ein verdammt guter sogar. Und als solcher war man ein noch größerer Narr, wenn man sich selbst vertrat. Aber ich war auch ein Mensch. Und als solcher wollte man gefallen, wenn man von der Polizei aufgeschreckt wurde. Dagegen konnte man nichts machen – trotz aller Erfahrung.
    »Ich war zu Hause.«
    »Kann das jemand bestätigen?«
    »Meine Tochter.«
    York und Dillon blickten in Richtung Turnhalle. »Das Mädchen, das da eben den Purzelbaum geschlagen hat?«
    »Ja.«
    »Sonst noch jemand?«

    »Ich glaub nicht. Worum geht’s?«
    York hatte das Reden übernommen. Er ignorierte meine Frage. »Kennen Sie einen Mann namens Manolo Santiago?«
    »Nein.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ziemlich sicher.«
    »Warum nur ziemlich sicher?«
    »Wissen Sie, wer ich bin?«
    »Ja«, sagte York. Er hustete in seine Faust. »Sollen wir vielleicht vor Ihnen niederknien oder Ihren Ring küssen oder so etwas?«
    »Das meinte ich nicht.«
    »Gut, dann liegen wir ja auf einer Wellenlänge.« Ich mochte sein Verhalten nicht, ließ es ihm aber durchgehen. »Also, warum sind Sie nur ›ziemlich sicher‹, dass Sie Manolo Santiago nicht kennen?«
    »Ich meine damit, dass mir der Name nicht bekannt vorkommt. Ich glaube nicht, dass ich ihn kenne. Aber ich kann nicht ausschließen, dass ich einmal Klage gegen ihn erhoben habe, dass er Zeuge in einem meiner Fälle war oder dass ich ihm vielleicht vor Jahren bei irgendeiner Wohltätigkeitsveranstaltung begegnet bin.«
    York nickte und forderte mich damit auf weiterzureden. Ich schwieg.
    »Hätten Sie etwas dagegen, uns zu begleiten?«
    »Wohin?«
    »Es dauert nicht lange.«
    »Dauert nicht lange«, wiederholte ich. »Wo liegt das denn ungefähr?«
    Die beiden Polizisten sahen sich an. Ich versuchte, entschlossen zu wirken.
    »Ein Mann namens Manolo Santiago ist gestern Nacht ermordet worden.«

    »Wo?«
    »Seine Leiche wurde in Manhattan gefunden. In der Nähe der
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