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Gottes Zorn (German Edition)

Gottes Zorn (German Edition)

Titel: Gottes Zorn (German Edition)
Autoren: Olle Lönnaeus
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gestützt hatte. Er stöhnte und kroch mühsam zu ihr hin. Sank dicht neben ihr in sich zusammen und lehnte seinen Kopf schwer gegen ihre Schulter. Sie strich ihm behutsam über die verklebten Haarsträhnen.
    Vor ihnen lag Erik Norlin nahezu an genau derselben Stelle, an der Mårten gelegen hatte, auf dem Rücken, die Arme ausgestreckt wie ein Engel. So sah er also aus. Ein schwarzer Engel in weißem Gewand.
    Mitten auf seiner Stirn klaffte ein kleines Loch. Ein Meisterschuss, dachte sie. Papa wäre stolz auf mich gewesen. Fatima selbst war bereits klar, dass sie von nun an gezwungen sein würde, mit der Einsicht zu leben, das Leben eines anderen Menschen ausgelöscht zu haben.
    Sie legte einen Arm um Joel. Gemeinsam lauschten sie dem Heulen des Schneesturms, der an der Kastanie riss und die Dachbalken des alten Eternithauses ächzen ließ. Vielleicht, dachte sie. Vielleicht muss ich ja nicht so einsam bleiben.

Epilog
    J oel presste die Urne an seine Brust und blinzelte in die Sonne, die langsam im Westen niedersank. Die gewaltigen Grabsteine der Schiffssetzung warfen lange Schatten im Gras. Unterhalb der Abbruchkante glitzerte das Meer silbern. Ein frischer Frühlingswind blies in Richtung Horizont. Er würde genügend Kraft haben.
    Joel hatte die Stelle sorgfältig ausgewählt.
    Die Fotografie von Mårten mit Strohhut beim Ausflug nach Ales stenar. Auf dem Bild hatte er glücklich ausgesehen. Und immerhin handelte es sich hier um ein altes Wikingergrab.
    Als er einen Blick auf die drei Frauen warf, die feierlich in einer Reihe standen, erfüllte ihn ein zärtliches Gefühl.
    Siw Wollgren hatte die Idee blendend gefunden. «Wie romantisch», hatte sie voller Entzücken ausgerufen. «Seine Asche mit dem Wind übers Meer wehen zu lassen.» Das rote Akkordeon der Marke Walter hatte Joel allerdings nicht finden können. «Das macht doch nichts», versicherte sie ihm. «Ich lebe sowieso in der Erinnerung.»
    Zu Ehren des Tages hatte sie sich eine rote Rose in ihr goldblondes Haar gesteckt. Ihr Leopardenpelzmantel war aufgeknöpft und flatterte im Wind.
    Rakel hielt einen Strauß Schneeglöckchen in der Hand. Sie war wie immer in Grau und Schwarz gekleidet, was an einem Tag wie diesem, wo immerhin eine Bestattung stattfand, durchaus angemessen war. Sie war jetzt endlich frei, aber dennoch bedrückt. Die Polizei war zum Mörderhaus gekommen und hatte Torsten abgeholt. Die letzte Verkündigung des Predigers, bevor sie ihn abführten, war ein giftsprühender Schwur, Rakel totzuschlagen, wenn sie nicht bis in alle Ewigkeit auf ihn warten würde.
    Helga hatte gegen die Zeremonie protestiert. «Mårten muss schließlich in geweihter Erde begraben werden.» Doch ihren Worten fehlte die Überzeugungskraft. Jetzt würde sie nicht nur um ihren Verlobten, sondern auch noch um ihren einzigen Sohn trauern müssen. Sie hatte eine Weile an Joels Brust gelehnt geweint. «Wofür soll ich denn jetzt noch leben?»
    Begriff sie eigentlich, dass Erik sowohl den Mord an Mårten als auch an seinem eigenen Vater in Strängnäs begangen hatte? Sie sah so hilflos aus, wie sie in ihrer Trauerkleidung dastand, diese großgewachsene, unbeholfene Frau.
    Dann stellte Joel die Urne ins Gras und öffnete seinen Saxophonkoffer. Das Instrument leuchtete auf dem roten Seidenfutter.
    Er hatte vor, nur ein einziges Stück zu spielen.
    Mårten musste es anscheinend gefallen haben, wenn es ihm einen Fünfhunderter wert gewesen war.
    «Somewhere over the Rainbow
    Way up high …»
    Als die letzten Töne über die Ostsee geweht und verklungen waren, sah Joel, dass alle drei Frauen Tränen in den Augen hatten.
    Als er das Saxophon gerade zurücklegen und die Urne anheben wollte, erblickte er eine Gestalt, die geradewegs über die Wiese auf die Abbruchkante zugelaufen kam, vor der sie standen. Ihr Haar flatterte im Wind.
    Elna?
    Die Sonne blendete ihn. Die Fotografie. Das Schwarzweißfoto von Elna, auf dem sie mit wehenden hellen Locken auf der Leiter stand. Irgendwann war es verschwunden, sein einziges Foto von ihr. Aber jetzt kam ihm aus irgendeinem Grund in den Sinn, dass es Elna, seine eigene Mutter, war, die im letzten Augenblick beschlossen hatte, dass sie Mårten ein letztes Geleit oder zumindest ein Winken zum Abschied schuldig war.
    Für eine Sekunde wurde Joel schwindelig.
    Dann sah er, dass es Britt war.
    Sie japste, als sie ankam, lächelte entschuldigend und stellte sich ein Stück hinter die anderen Trauergäste.
    «Also, dann beginnen wir.»
    Als
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