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Gottes Zorn (German Edition)

Gottes Zorn (German Edition)

Titel: Gottes Zorn (German Edition)
Autoren: Olle Lönnaeus
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was ich an die Wand geschrieben habe? Clever, nicht wahr? Es war total einfach, im Internet nachzugucken, wie arabische Schriftzeichen aussehen.»
    Als Joel die Dimensionen von Eriks Wahnsinn bewusst wurden, wollte er einfach nur losschreien. Aber er hatte keine Kraft mehr. Es war, als hätte man ihn bereits in ein tiefes Grab gestoßen, in dem er die Erde von der Schaufel des Totengräbers auf seinen Rücken rieseln spürte. Bald würde es dunkel werden. Und es würden keine Geräusche an die Oberfläche dringen.
    Ich will nicht sterben!
    Mit einer letzten Anstrengung riss er an seinen Armen, aber alles, was geschah, war, dass ihm die Nylonschnur noch tiefer in die Handgelenke schnitt. Er wollte mit den Beinen um sich treten, aber seine Füße waren zu eng aneinandergefesselt. In einem Anfall von Verzweiflung versuchte er den Kopf nach vorn zu schleudern und seine Zähne in dieses blasse treuherzige Gesicht zu rammen, das ihm so nahe kam, dass sie dieselbe Luft einatmeten. Doch er zappelte lediglich wie ein Fisch auf dem Trockenen.
    Als er sah, dass Erik den Schaft der Axt umfasste, auf die Knie hochkam und schließlich aufstand, wurde Joel klar, dass er sich nun innerlich darauf vorbereiten musste zu sterben. Allerdings hatte er keinen blassen Schimmer, wie er das tun sollte.
    «Irgendwie schade», sagte Erik und seufzte. «Ich glaube, wir hätten richtig gute Freunde werden können, du und ich.»
    Von irgendwo dort oben hörte Joel ihn murmeln: «Vater unser, der Du bist im Himmel … Dein Wille geschehe.»
    Dann spannte Erik seine Muskeln an, hob die Axt über den Kopf und holte weit aus.
    «Aber Helga», schrie Joel. «Sie wird doch herausfinden, dass du ein Mörder bist!»
    Von oben hörte er einen schweren Atemzug.
    «Sie wird mir verzeihen», entgegnete Erik überzeugt. «Mama verzeiht mir immer.»
    Der Knall war kurz und heftig.
    Zuerst dachte Joel, dass es sein eigener Halswirbel wäre, der gebrochen war. Doch dann spürte er eine schwere Last auf seinen Körper hinuntersacken.
    ***
    S ie feuerte einen einzigen Schuss ab. Das Loch in der Fensterscheibe war nicht größer als ein Einkronenstück. Als die Axt auf dem Fußboden aufprallte, war ein lautes Poltern zu hören. Dann sah sie, wie die großgewachsene Gestalt dort drinnen zusammensackte.
    Mit der Pistole im Anschlag sprang sie die Verandatreppe hinauf und trat die Tür ein.
    Auf dem Fußboden vor dem Kamin lagen zwei Personen.
    Zuerst glaubte sie, dass beide tot wären.
    «Joel!», schrie sie.
    Dann sah sie, dass er sich bewegte.
    Sie steckte ihre Waffe ein, ergriff den Arm des breitschultrigen Mannes und riss und zog an seinem schweren schlaffen Körper, bis es ihr gelang, ihn zur Seite zu wuchten. Ein kurzer Blick genügte, um sie davon zu überzeugen, dass sie ihn unschädlich gemacht hatte.
    Joel wimmerte, während es in seinem Bein leicht zuckte.
    Neben ihm lag ein rotes Schweizermesser. Sie warf sich auf die Knie, klappte die Schneide aus und durchschnitt die Nylonschnur um seine Handgelenke. Das Fleisch war bis auf die Knochen eingeschnitten. Sein Pulli war am unteren Rücken dunkel und feucht.
    Nachdem sie auch die Schnur um seine Fußgelenke gekappt hatte, half sie ihm vorsichtig, sich zu drehen. Seine Wange, die auf dem Dielenboden gelegen hatte, war mit Blut und Dreck verschmiert. Unterm Auge war eine gelbliche Schwellung zu erkennen. Im Mundwinkel war die Lippe eingerissen. Aus einem Nasenloch rann schwarzer Schnodder.
    Fatima beugte sich tief zu ihm hinunter.
    «Joel! Hörst du mich?»
    Es sah aus, als versuchte er zu lächeln, doch sein Gesicht verzog sich lediglich zu einer Grimasse.
    Sie riss sich die Lederjacke vom Leib, knäulte sie zusammen und schob sie ihm unter den Kopf. Sein Brustkorb hob sich. Er atmete also. Sie legte ihm die Fingerspitzen auf das verletzte Handgelenk und fühlte nach seinem Puls.
    «Fatima …», lallte er.
    Sie lächelte ihm rasch zu, nahm dann ihr Handy zur Hand und tippte Eva Ströms Nummer ein.
    «Eva, du musst kommen. Zu Mårten Lindgrens Haus. Ich habe einen Mann erschossen.»
    «Bist du unverletzt?»
    «Ja, es ist vorbei. Aber Joel ist verletzt. Wir brauchen einen Krankenwagen.»
    «Ich komme.»
    Mit einem Mal war es, als wiche jegliche Kraft aus ihr. Das Handy glitt ihr aus der Hand und fiel zu Boden. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen den schweren Ledersessel und schloss die Augen. Ein paar Sekunden lang ausruhen.
    Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie, dass Joel sich auf die Unterarme
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