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Gott ist tot

Titel: Gott ist tot
Autoren: Ronald F Currie
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möchten mich sprechen?«
    »Ja«, sagte Arnold. »Setzen wir uns doch kurz. Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    Sie nahmen einander gegenüber am Küchentisch Platz.

    »Erinnern Sie sich an Ihren Mann, Carlene?«, fragte Arnold.
    Ihr Lächeln wurde noch breiter. »Ich war nie verheiratet.«
    »O doch, Sie waren. Ihr Mann ist im Krieg gefallen.«
    »Sie Ärmster«, sagte sie. »Sie sind wirklich schlecht dran. Wir müssen schauen, dass wir Sie zum Arzt schaffen.«
    »Carlene«, sagte Arnold, »ich glaube, ein Teil von Ihnen weiß ganz genau, dass es stimmt, was ich sage.«
    Carlene stand vom Tisch auf. Immer noch lächelnd sagte sie: »Ich geh mal rüber ins Wohnzimmer und guck ein bisschen fern.«
    Arnold folgte ihr mit einigen Schritten Abstand - wartete, während sie sich zwischen den Kartons durchzwängte, sich aufs Sofa legte und die Fernbedienung auf den Fernseher richtete. Über eine Frauenstimme hinweg, die die Vorzüge des RoboMähers erläuterte, hörte Arnold wieder das Heulen eines Jets, lauter und unverkennbar diesmal.
    »Schauen Sie mich an, Carlene«, sagte er. »Sie wissen, dass Sie einen Mann hatten. Sie wissen, dass Ty Ihr Sohn ist.«
    Obwohl das Lächeln unverändert blieb, begann es in Carlenes Augen zu schimmern. »So einen könnte ich echt auch brauchen«, sagte sie und zeigte zum Bildschirm hin. »Diese Gräser hinterm Haus werden höher und höher, und ich komme nie dazu, sie zu schneiden.«
    »Carlene, bitte hören Sie mir zu«, sagte Arnold. »Da rücken Männer an, die uns umbringen wollen. Wir müssen hier weg.«
    »Nein, ich glaube, ich bleibe lieber hier«, sagte Carlene. »Ihr Jungs zieht ruhig los und amüsiert euch.«
    Arnold beugte sich vor und fasste sie beim Handgelenk. »Wir haben keine Zeit zum Herumargumentieren.«
    Carlene setzte sich auf, und einen Augenblick lang dachte Arnold, sie würde einfach mitkommen, passiv und ohne Widerstand.
Doch dann grub sie ihm die Zähne in die Handknöchel, so fest, dass Blut kam. Er zuckte zurück, und sie legte sich wieder hin, ihr Lächeln jetzt mit einem Streifen Rot darin.
    Das Donnern ferner Explosionen ließ das Gebäude beben. Der Bildschirm wurde schwarz und schnitt einem Mann, der die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten für Desodo-Geruchskiller pries, das Wort ab.
    »Ach, ein Gewitter«, sagte Carlene. »Wir haben ewig lang kein Gewitter mehr gehabt. Hier regnet es fast nie, aber wenn, ist es immer so schön.«
    Die Hand an die Brust gedrückt, sah Arnold zu, wie Carlene sich ganz langsam auf der Seite zusammenrollte und die Fäuste unter ihr blutiges Kinn klemmte. Sie lächelte immer noch, den Blick auf den stummen, leeren Bildschirm gerichtet, und Arnold spürte eine jähe, durchdringende Trauer - nicht um sie, sondern um Ty, und nicht, weil Ty bald seine Mutter verlieren würde, sondern weil er sie schon längst verloren hatte.
    Eine neuerliche Folge von Detonationen ließ den Boden unter seinen Füßen erzittern, und er wandte sich von Carlene ab und rannte durch die Küche und die Treppe hinunter. Der Pickup wartete mit laufendem Motor neben den Zapfsäulen. Ty saß auf dem Beifahrersitz und betrachtete durch die Windschutzscheibe gelassen die schwarzen Rauchzungen, die ein Dutzend Brände überall in der Stadt in die Höhe sandten.
    Arnold setzte sich hinters Lenkrad.
    »Wie ich’s gesagt hab«, sagte Ty, ohne den Blick vom Himmel zu wenden.
    »Ich weiß«, sagte Arnold. Er legte den Gang ein und fuhr los, nicht nach Norden, sondern nach Westen, mitten durch die Bomben und das Feuer und die Menschen in den Straßen,
die nicht zu begreifen schienen, dass soeben ihre Welt unterging, und auch als Buca Buitre am Horizont versunken war und Ty zu weinen begann wie ein alter Mann, leise, regungslos, blieben dies die letzten Worte.

Danksagung
    Normalerweise scheinen mir Worte ein mehr als probates Mittel zur Bewältigung anstehender Aufgaben. Um den Menschen zu danken, die zur Entstehung dieses Buches beigetragen haben, greifen sie jedoch in kläglicher Weise zu kurz. Aber da meine Kochkünste auch nicht mehr auf der Höhe sind und ich nicht ungestraft ärztliche Gratisdienste anbieten kann, müssen sie eben doch herhalten:
    Ganz großen Dank an Simon Lipskar, den unangefochtenen Champion unter den Literaturagenten, der unter unermüdlichem Einsatz tagtäglich (oder doch mindestens zweimal pro Woche) das Kunststück vollbringt, mir das Gefühl zu geben, er würde nur mich betreuen. Und an
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