Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gott ist tot

Titel: Gott ist tot
Autoren: Ronald F Currie
Vom Netzwerk:
einen gelenkt zu haben. So dagegen durchzuckte ihn nur ein flüchtiges Gefühl der Ungläubigkeit, als Crispy über die Front des Panzers herunterrutschte und sich über die Leichenhaufen zu ihm durcharbeitete.
    »Arnie«, sagte Crispy, indem er sich Arnolds einen Arm um die Schultern legte und ihn hochzog, »lass dir gesagt sein, dass ich hier eine beachtenswerte Ausnahme von meiner derzeitigen Taktik mache, alle, die ich sehe, plattzuwalzen.«
    Arnold brauchte einen Moment, um seine Zunge vom Gaumen loszubekommen. »Ich fühle mich geehrt«, sagte er schließlich. »Obwohl, wenn du kein Wasser hast, wäre es mir lieber, du walzt mich platt.«
    »Keine Sorge, keine Sorge«, sagte Crispy. Er hievte Arnold ein Stück weit den Panzer hoch, ging dann in die Knie und
stemmte beide Hände gegen Arnolds Gesäß. »Hopp, rauf mit dir«, sagte er, und nach kurzem Zögern strampelte Arnold mit den Füßen, bis sie Halt fanden, und schwang sich, von Crispy kräftig angeschoben, auf den Panzerturm, wo er bäuchlings landete und in die offene Luke starrte. Ein halbes Dutzend Augenpaare starrten zurück. Irgendwie hatte Crispy es geschafft, drei Hunde, ein Schwein, eine Ziege und sein eigenes Haustier, einen dickschnäbligen Papagei, den er Pepe nannte, in den Bauch des Panzers zu bugsieren.
    »Was willst du mit den ganzen Viechern?«, fragte er, als Crispy sich neben ihm hochzog.
    »Kennst mich ja«, sagte Crispy. »Mit Menschen hab ich’s nicht so, aber so ein Tier …«
    Ja, Arnold kannte ihn, und zwar gut genug, um ihm seinen Spitznamen verpasst zu haben, eine Anspielung auf Crispys auffällige Vorliebe für Streichhölzer, Zigaretten und in Extremfällen auch glühende Eisenstücke und Feuerzeugbenzin, wenn es darum ging, einen Gefangenen zum Reden zu bringen.
    »Soll ich jetzt fragen, wie du an das Ding rangekommen bist?«, sagte Arnold.
    »Lieber nicht«, sagte Crispy.
    »Wie war das mit dem Wasser?«
    Crispy schüttelte den Kopf. »Erst recht nicht. Die Geschichte wird nicht appetitlicher.«
    »Ich meinte eigentlich, ob ich welches kriege.«
    »Ach so, klar, natürlich.« Crispy verschwand durch die Luke und kam gleich darauf mit einem noch ungeöffneten Plastikkanister wieder zum Vorschein. »Du wirst hier oben sitzen müssen«, sagte er. »Unten ist es ein bisschen eng.«
    Arnold drehte den Verschluss auf und trank in so hastigen, gierigen Zügen, dass ihm das Wasser über Kinn und Hals bis ins Hemd lief.

    »Hey«, rief Crispy aus dem Panzerinnern. »Immer sachte. Ich mag dich, Arnie, aber verschwende nicht mein Wasser.«
    Die Ziege stieß ein kurzes Meckern aus, wie zur Unterstreichung von Crispys Worten und der Drohung, die darin mitschwang. Arnold wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. Er schraubte den Kanister zu und reichte ihn durch die Luke.
    »Gut festhalten«, sagte Crispy. »So ganz hab ich dieses Monster noch nicht im Griff.«
    Der Panzer fuhr mit einem Ruck an. Arnold wäre fast hintenübergestürzt und bekam gerade noch den Rand der Luke zu fassen. Während die Turbinen hochliefen und die Kadaver wieder zu purzeln begannen, versuchte er eine Haltung zu finden, in der er halbwegs dösen konnte.
    Den ganzen Nachmittag durch rollten sie stetig nach Norden, zunehmend schneller, je mehr die Reihen der Toten sich lichteten. Crispy hielt einmal an, um einem Leichnam einen Arm abzuhacken und ihn den Hunden hinzuwerfen (»Die glubschen diese Ziege an, als ob sie ein Schinkensandwich wäre«), und ein zweites Mal, um eine Schildkröte aufzulesen, die sich auf der Straße sonnte. Trotz ihres nach wie vor sehr langsamen Tempos und trotz seiner leisen Angst vor Crispy, nun da dessen Wahnsinn durch keine militärische Disziplin mehr im Zaum gehalten wurde und sein Sadismus kein sanktioniertes Ventil mehr fand, wuchs Arnolds Zuversicht mit jeder Meile, die sie zurücklegten. Nicht lange, und sie wären in Texas, wo er Crispy Lebwohl sagen und sich allein bis nach Hause durchschlagen konnte.
    Sein Optimismus erlitt einen Dämpfer, als die Dunkelheit hereinbrach und Crispy den Panzer rumpelnd anhielt und ein Tier nach dem anderen zu Arnold heraufreichte.
    »Für heute bleiben wir hier«, sagte Crispy, während er sich
durch die Luke wand. »Und legen dann morgen einen frühen Start hin.«
    Arnold widersprach nicht, auch wenn er das ungute Gefühl hatte, je länger er und Crispy zusammenblieben, desto eher konnte etwas Schlimmes passieren, irgendetwas, das seine Heimkehr und die Abrechnung mit seiner Mutter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher