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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park
Autoren: Martin Cruz-Smith
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An einer Ampel wischte er die beschlagene Windschutzscheibe ab. »Tut mir leid, dass wir uns gestern nicht zum Mittagessen treffen konnten«, sagte Arkadi. »Heute?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wir haben eine Besprechung.«
    »Alle Lehrer? Den ganzen Tag lang?«
    »Dr. Schmidt und ich. Wir müssen festlegen, womit die Turner sich am Aufmarsch beteiligen werden.«
    Ah, Schmidt! Die beiden hatten so vieles gemeinsam … Er war Sekretär des Bezirksausschusses der Partei. Berater in Sonjas Komsomolrat. Turner. Gemeinsame Arbeit musste gegenseitige Zuneigung erzeugen. Arkadi unterdrückte seinen Drang nach einer Zigarette, weil das allzu gut zu dem Bild des nervösen, eifersüchtigen Ehemannes gepasst hätte.
    Schüler strömten durch den Haupteingang, als Arkadi vor der Schule 457 hielt. Obwohl sie theoretisch eine Schuluniform tragen mussten, hatten die meisten abgelegte Kleidungsstücke älterer Geschwister an; einheitlich waren lediglich ihre roten Pionierhalstücher.
    »Ich muss mich beeilen!« Sonja stieg rasch aus.
    »Schon gut.«
    Sie blieb noch einen Augenblick an der Tür stehen. »Schmidt sagt, dass ich mich scheiden lassen soll, solange ich kann«, fügte sie hinzu und schloss die Autotür.
    Am Haupteingang riefen Schüler ihren Namen. Sonja sah sich kurz nach dem Auto und Arkadi um, der sich eine Zigarette anzündete.
     
    Ljudin erwartete ihn hinter einem mit Glasplättchen, Fotos und Laborprotokollen übersäten Schreibtisch und lächelte so selbstgefällig wie ein Zauberkünstler, der gleich verblüffende Tricks vorführen wird.
    »Mein Labor hat sich allergrößte Mühe für Sie gegeben, Genosse Chefinspektor. Die Einzelheiten sind faszinierend.«
    »Ich kann’s kaum noch erwarten, sie zu hören.«
    »Sie wissen natürlich, wie die Gaschromatographie funktioniert, bei der … «
    »Entschuldigen Sie, das ist mein Ernst gewesen«, wandte Arkadi ein. »Ich kann’s wirklich kaum erwarten.«
    »Nun ja«, meinte der Labordirektor seufzend, »um es kurz zu machen, kann ich Ihnen mitteilen, dass der Chromatograph an den Kleidungsstücken der drei Toten winzige Mengen von Gips und Sägemehl und an der Hose von GP-2 einen Hauch von Gold gefunden hat. Wir haben die Kleidungsstücke mit Luminol besprüht und in der Dunkelkammer Fluoreszenz beobachtet, die auf Blut schließen ließ. Das meiste Blut stammte natürlich von den Ermordeten, aber die kleinsten Flecken waren kein Menschenblut, sondern stammten von Hühnern und Fischen. Außerdem haben wir etwas sehr Interessantes an den Kleidungsstücken festgestellt.« Ljudin hielt eine Tatortskizze mit den eingezeichneten Positionen der drei Leichen hoch. »Auf den hier schraffierten Körperoberflächen haben wir Spuren von Kohlenstoff, tierischen Fetten und Gerbsäure entdeckt. Mit anderen Worten:
    Nachdem die Toten teilweise eingeschneit waren, sind sie noch - wahrscheinlich innerhalb von achtundvierzig Stunden - mit einer dünnen Ascheschicht von einem in der Nähe brennenden Feuer zugedeckt worden.«
    »Der Brand in der Gorki-Gerberei!« rief Arkadi aus.
    »Ganz recht.« Ljudin lächelte zufrieden. »Am dritten Februar ist über dem Oktjabrskaja-Bezirk bei einem Brand in der Gorki-Gerberei ein Ascheregen niedergegangen. Am ersten und zweiten Februar sind dreißig Zentimeter Schnee gefallen. Vom dritten bis fünften Februar waren es zwanzig Zentimeter. Wäre der Schnee auf der Lichtung nicht umgeschaufelt worden, hätten wir den Tattag genau bestimmen können. Aber auch so steht ziemlich sicher fest, wann das Verbrechen verübt worden ist.«
    »Ausgezeichnet!« bestätigte Arkadi. »jetzt brauchen wir den Schnee nicht mehr eigens zu untersuchen.«
    »Wir haben uns außerdem mit den Kugeln befasst. An allen Kugeln lassen sich mikroskopisch kleine Stoff- und Körpergewebeteilchen nachweisen. An der Kugel GP1-A haben wir außerdem Leder-Partikel gefunden, die nicht von den Kleidungsstücken der Mordopfer stammen.«
    »Pulverspuren?«
    »Nicht an der Kleidung von GP-1, aber schwache Spuren bei GP-2 und GP-3, was darauf schließen läßt, dass sie aus geringerer Entfernung erschossen worden sind.«
    »Nein, das beweist, dass sie nach GP-1 erschossen worden sind«, stellte Arkadi fest. »Was ist mit den Schlittschuhen?«
    »Weder Blut, Gips noch Sägemehl. Keine sehr hochwertigen Schlittschuhe.«
    »Ich meine Namen. Manche Leute schreiben ihren Namen auf ihre Schlittschuhe, Genosse Oberst. Haben Sie die Schlittschuhe saubergemacht und nachgesehen?«
     
    In seinem
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