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Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Titel: Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen
Autoren: Alfred Bekker
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das stand für ihn auf einmal außer Frage. Er hatte nur keine Ahnung, was dies sein könnte.
    Gorian ging zum Fenster. Eisblumen hatten sich über das Glas gelegt. Das Haupthaus von Nhorichs Hof war eines der wenigen Gebäude in der Gegend von Twixlum, deren Fenster vollständig verglast waren und nicht etwa aus Alabaster bestanden oder nur mit Tuch verhängt waren. Nhorich hatte die Kunst der Verglasung als junger Mann auf einer Reise ins Westreich erlernt, wo die Fertigkeit, Fenster mit Glas auszustatten, weiter verbreitet war als in dieser Gegend. Aber seit das Wetter immer kälter und schlechter wurde, gab es vor allem in den nördlichen Gebieten des Heiligen Reiches immer mehr Hausbesitzer, die ihre Fenster mit Glas versahen und mit Bitumen abdichteten. Denn ähnliche Wetterlaunen, wie Gorian sie an diesem Tag erlebt hatte, kamen dort immer öfter vor.
    Adhe und Orxanier sprachen seit langem darüber, aber man konnte inzwischen auch die Händler aus Ameer, der Axtlande oder gar von den Mittlinger Inseln davon reden hören, wenn ihre Schiffe im Hafen von Twixlum anlegten. Gorian waren derartige Berichte zu Ohren gekommen, wenn er zu den Schultagen ging und er Gelegenheit hatte, sich in dem Hafen des kleinen Ortes umzusehen. Immer häufiger klagten die Seeleute auch über geflügelte Fische, die zu einer wahren Plage der Seefahrt geworden waren, ebenso wie über Eisberge, von denen manche angeblich sogar schon bis zu den Inseln des Herzogtums der Dreilande getrieben wurden.
    Gorian kratzte sich am Hals und sah aus dem Fenster. Die Gebäude waren weiß, und ebenso die umliegenden Felder und Wiesen. Aber inzwischen hatte es zu schneien aufgehört, und in der Ferne schien ein fahler Mond über einem Meer, das so grau wie ein Leichentuch war.
    Ein durchdringendes Wiehern ließ Gorian zusammenzucken. Zuerst dachte er, er hätte eines der Pferde im Stall gehört, die der kalte Wind ebenso frieren ließ wie Menschen, Orxanier und Adhe, auch wenn man Letzteren nachsagte, dass sie nur bei ihrer Entstehung kälteempfindlich wären. Dann aber vernahm Gorian Hufgetrappel. Und zugleich wurde ihm klar, dass er beides nicht wirklich hörte . Nicht mit den Ohren zumindest. Diese Geräusche existierten nur in seinem Kopf, wie aufdringliche Gedanken, die sich einfach nicht verscheuchen ließen.
    Der Hufschlag wurde drängender, als ob sich tatsächlich eine Gruppe Reiter dem Hof näherte. Dunkle Schatten tauchten aus der Nacht heraus auf. Sie schienen über dem Meer zu entstehen wie Frühdunst und verdichteten sich immer mehr, bis sie zu dunklen Gestalten auf Pferden wurden.
    Es dauerte nur einen Augenblick, dann hatten die Reiter den Hof erreicht. Es waren gut ein Dutzend, doch sie blieben schattenhaft. Ihre Reittiere hatten jeweils acht Beine und waren sehr viel größer als alle Pferde, die Gorian je gesehen hatte. Der dröhnende Hufschlag wurde zu einem so bedrängenden Geräusch in seinem Kopf, dass er kaum noch in der Lage war, einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn etwas zu tun.
    Er hätte schreien mögen, aber es ging nicht. Er war wie gelähmt. Eine fremde Macht bannte ihn regelrecht, eine Form der Magie, das spürte er instinktiv, die mit der Alten Kraft, wie die Schwertmeister des Ordens sie einsetzten, eng verwandt war. Gorian vermochte nicht, sich gegen ihren Einfluss zu wehren.
    Die Reiter schienen aus purer Finsternis zu bestehen, und die monströsen Streitäxte, die sie bei sich trugen, waren nur als Umriss auszumachen und veränderten ihre Größe, je nachdem, wie sie vom jeweiligen Reiter gehalten wurden.
    Wie Schatten!, durchzuckte es Gorian.
    Einer der Schattenreiter stieg von seinem achtbeinigen Pferd und wandte den Kopf so, dass Gorian meinte, er würde zu seinem Fenster hinaufblicken. Ihm war sogar, als würde der Reiter seinen Namen aussprechen.
    »Gorian!«
    Der Gedanke des Schattenreiters dröhnte in seinem Kopf. Wie ein Befehl, der geradewegs in sein Innerstes wirkte und gegen den es keine Möglichkeit des Widerspruchs gab.
    Ein höhnisches Gelächter folgte, als der Reiter mit der freien Hand unter den Schatten seines Umhangs griff. Seine dunkle Faust umschloss etwas, ohne dass Gorian erkennen konnte, um was es sich handelte, und schleuderte es empor. Im nächsten Moment traf ein Stein das Fenster. Klirrend zersprang das Glas – und dieses Klirren war das erste reale, nicht nur in Gedanken vorhandene Geräusch, das die Schattenreiter verursachten.
    Als das Glas zerbarst, glaubte Gorian, die
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