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Goldmarie auf Wolke 7

Goldmarie auf Wolke 7

Titel: Goldmarie auf Wolke 7
Autoren: Gabriella Engelmann
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durchzuführen. Momentan konnte ich mich ja noch nicht einmal bei Julia ausheulen, die sich in Sils Maria in irgendeinen Barkeeper verguckt hatte. Was hatte Nives bei unserem letzten Treffen zu mir gesagt, als ich ihr erzählt hatte, dass ich wieder Bratsche spielte? Mit jeder dieser Entscheidungen gehst du ein Stückchen mehr ins Licht! Mein geliebtes Instrument wieder in die Hand zu nehmen, es zu stimmen, Kolophonium auf den Bogen aufzutragen und die ersten Töne zu spielen, hatte sehr viel Kraft gekostet. Doch je mehr ich mich und mein Herz der Musik geöffnet hatte, desto mehr Freude durchströmte mich. Vorsichtig nahm ich die Viola aus dem Kasten und stellte mich vor den Notenständer. Mal sehen: Wie würde es klingen, wenn ich GOLDEN GIRL auf der Bratsche spielte?

59.
    »Irgendetwas läuft hier gerade gewaltig schief«, schimpfte die Feenkönigin entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit. »Im Augenblick sieht es so aus, als hätten Marie und Lykke die Rollen getauscht. Das gefällt mir ganz und gar nicht, denn es war schließlich mein Ziel, beide glücklich werden zu lassen!« Delba lächelte, als sie sah, wie ihre Herrin vor Wut schäumte. »Wart nicht Ihr es, die gesagt hat, dass die Schwäche der einen die Stärke der anderen wird und umgekehrt?« Die Feenkönigin begann zu schmunzeln. »Du hast mich ertappt! Das war zwar nicht der exakte Wortlaut, aber so ähnlich werde ich es wohl ausgedrückt haben. Was ich damals sagen wollte, war, dass jeder Mensch Stärken und Schwächen hat und sowohl helle als auch dunkle Seiten. Nur beide zusammen können ein Ganzes ergeben. Lykke hat gelernt, weicher zu werden und ihr Herz zu öffnen, und bei Marie geht es darum, darauf zu achten, was sie selbst will, was ihr guttut. Ich finde es beachtlich, dass sie so ablehnend ihrer Mutter gegenüber reagiert hat. Das wäre vor ein paar Wochen noch ganz anders gewesen.« Delba schaute die Königin verwundert an. »Aber seid Ihr denn nicht enttäuscht, dass Marie sich so verhält? Schließlich hat Euch der Kampf mit Nergal um ihre Mutter viel, viel Kraft gekostet!«
    »Einerseits, andererseits«, erwiderte Nives. »Natürlich wünsche ich mir aus tiefstem Herzen, dass Mutter und Tochter wieder zueinanderfinden, aber ich kann nun mal nicht in jedes Schicksal eingreifen. Du weißt, die Menschen haben ein hohes Maß an Selbstverantwortung. Wir können manchmal nichts weiter tun, als ihnen den Weg ins Licht zu zeigen. Aber wo wir gerade dabei sind: Hast du an das Pulver gedacht?«
    Delba lächelte verschmitzt und holte das Glasfläschchen aus der Tasche. »Wenn der Nieswurz Marie aus ihrer Ohnmacht erweckt hat, dann wird es uns vielleicht auch mit Rosalie Dorn gelingen. Sie schläft bereits seit 114 Tagen ohne Unterlass. Aber ich habe nicht vor, sie und ihre Familie länger das Schicksal durchleiden zu lassen, das Ahriman für sie vorgesehen hat. Doch um den Zeitsprung zu erreichen, der nötig ist, um die Geschehnisse der Nacht zum 12. September 2011 zu einem Guten zu wenden, braucht es mehr als nur uns beide und das bisschen Niespulver. Bitte in meinem Namen die Erzengel und ihre Abgesandten, uns in diesem schweren Kampf gegen die dunkle Seite der Macht beizustehen und ihn gemeinsam mit uns zu gewinnen.«

60. Marie Goldt
    (Dienstag, 3. Januar 2012)
    Zehnte Rauhnacht
»Geh deinen Weg und schöpfe aus dem
unendlichen Quell deiner Möglichkeiten«
    Endlich ein Lichtblick!
    Julia hatte gestern Abend angerufen, um zu erzählen, dass sie einen Tag früher als geplant wieder aus den Ferien zurück sein würde. Jan hatte einen außerplanmäßigen Geschäftstermin, was Julia nervte, weil sie sich früher als gedacht von Niklas – dem hottest boy in Sils Maria – trennen musste. Nun wollten wir uns im Café May zum Brunch treffen und ausgiebig über die letzten Tage quatschen. Da ich ein bisschen zu früh dran war, suchte ich mir einen ruhigen Platz und blätterte in einer Zeitschrift. Ich war ganz versunken in den Anblick der Pastelltöne, die dieses Jahr Mode werden sollten, und beschloss, mir bald ein wenig Deko-Schnickschnack zu gönnen, vielleicht sogar mein Zimmer neu zu streichen und rosa Tulpen zu kaufen. Es war Zeit, ein wenig mehr Helligkeit in mein Leben zu bringen.
    »Hallo Marie«, hörte ich in diesem Moment eine männliche Stimme sagen, fühlte mich aber nicht angesprochen. Als ich trotzdem hochschaute, blickte ich direkt in Dylans Augen, die heute die Farbe von goldenem Honig hatten. Einen Moment lang starrte ich ihn sprachlos
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