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Goldkehlchen: Kriminalroman (German Edition)

Goldkehlchen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Goldkehlchen: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Andreas Stammkötter
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Totenruhe noch vor dem großen Komponisten? Diese Kirche ist doch ein Ort des Glaubens und des Friedens. Wer könnte so etwas getan haben?«
    Erst nachdem der Staatsanwalt Kroll kurz vorgestellt hatte, beantwortete er die Frage. »Glauben Sie mir, Herr Pfarrer, wenn Sie unseren Job machen würden, stellten Sie die Frage nach so etwas wie Respekt nicht mehr. Den erleben wir leider höchst selten.«
    Der Pfarrer setzte sich ungläubig neben die Beamten. Dr. Schmidt eilte an ihnen vorbei. Er grüßte kurz mit einem Handzeichen und betrat den Altarraum.
    »Wer könnte so etwas getan haben?«, wiederholte der Thomaspfarrer fassungslos seine Frage.
    Staatsanwalt Reis versuchte, ihn zu beruhigen. »Wir müssen leider abwarten, was die Ermittlungen ergeben.« Er zuckte mit den Schultern. »Es gibt so viele Möglichkeiten. Es könnte ein fanatischer Bachfan sein oder jemand, der Bach nicht mag. Es könnte ein kranker Sammler sein, es gibt sicher auch einen Markt für Reliquien. Es könnte jemand sein, der die Kirche nicht mag, der Musik nicht mag oder der einfach nur Aufmerksamkeit erregen will.«
    Der Pfarrer nickte.
    »Oder es ist etwas, woran wir noch gar nicht gedacht haben«, ergänzte Kroll nachdenklich. Er ahnte nichts Gutes.
    Pfarrer Bernhard Brecht war immer noch bestürzt. »Verstehe. Ich bin einfach nur fassungslos.« Er sah auf die Uhr. »Wie lange brauchen Ihre Mitarbeiter noch?«
    Kroll schaute in den Altarraum. »Mit Sicherheit noch einen halben Tag, mindestens.«
    »Wir müssen den Gottesdienst absagen«, murmelte der Pfarrer geistesabwesend. »Wenn wir Glück haben, kann sich die Gemeinde wenigstens noch zum Mittagsgebet um zwölf versammeln.«
    Kroll ging nicht auf die Sorge des Pfarrers ein. »Ist in der letzten Zeit irgendetwas Ungewöhnliches vorgefallen? Gab es Drohungen? Hat sich irgendjemand auffällig verhalten? Gab es eigenartige Anrufe oder Begegnungen?«
    Brecht schüttelte den Kopf. »Also bei mir nicht. Es gab nichts Unübliches. Es war eigentlich alles so wie immer.«
    Der Rechtsmediziner Dr. Schmidt kam auf sie zu. »Ich konnte mir natürlich erst einen kurzen Überblick verschaffen. Wir bringen das gesamte Skelett in die Rechtsmedizin. Ich muss mir die Sache genauer ansehen.«
    »Hast du schon was gefunden?«, hakte Kroll nach.
    »Es fehlt auf jeden Fall die rechte Hand.«
    »Die rechte Hand?« Kroll und Reis sahen sich ungläubig an.
    »Sonst nichts?«
    Dr. Schmidt lächelte freudlos. »Das menschliche Skelett besteht aus über 200 Knochen. Das muss man jetzt genauer abklären. Die Untersuchung wird natürlich nicht einfach. Bach wurde zweimal umgebettet. Ich weiß auch nicht, ob dabei nicht schon etwas verloren gegangen ist. Immerhin wurde Bach vor über 250 Jahren beerdigt. Da ist eine Menge Recherchearbeit notwendig.«
    »Bachs Gesicht wurde anhand des Schädels rekonstruiert«, ergänzte der Pfarrer. »Darüber gibt es doch bestimmt alte Aufzeichnungen.«
    Dr. Schmidt überlegte kurz. »Das ist ein wichtiger Hinweis. Ich hoffe, die haben dabei eine Bestandsaufnahme des gesamten Skeletts gemacht.«
    Der Rechtsmediziner verabschiedete sich und ging.
    Brecht wandte sich besorgt an die Beamten. »Wie lange werden denn diese Untersuchungen dauern? Bach gehört ja schließlich in diese Kirche und nicht in ein Labor.«
    »Das wissen wir«, beruhigte ihn Reis. »Wir werden ihn keinen Tag länger untersuchen als notwendig.«
    Kroll ging zum Leiter der Spurensicherung. Er rieb sich die Augen. »Sag mir einfach deinen ersten Eindruck.«
    »Das ist ein öffentlicher Raum, Kroll. Hier sind Spuren ohne Ende. Bis wir die alle gesichert haben, ist der Tag vorbei.« Er grinste sarkastisch. »An die Auswertung der Spuren will ich gar nicht denken.«
    Kroll sah kurz in Richtung des Kirchenschiffs. Der Pfarrer und der Staatsanwalt waren in ein Gespräch vertieft. »Sichert alle Spuren, die ihr finden könnt. Egal, wie lange das dauert. Wir dürfen hier keinen Fehler machen!«
    »Wir müssen erst einmal rauskriegen, wie er die Platte weggekriegt hat. Die ist ziemlich schwer. So was geht nicht, ohne Spuren zu hinterlassen. Der Täter hat wahrscheinlich ein Stemmeisen benutzt. Beim Hebeln fallen normalerweise immer brauchbare Spuren ab. Hautschuppen, Schweiß, Speichel.«
    Kroll sah sich um. »Der Altarraum ist sonst immer abgesperrt. Das könnte die Suche ein bisschen vereinfachen.«
    »Aber nicht bei großen Anlässen. Wenn die Kirche voll ist, wird auch diese Region fürs Publikum geöffnet. Das habe ich
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