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Goldfasan

Goldfasan

Titel: Goldfasan
Autoren: J Zweyer
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sagte Theo leise.
    Heinz Rosen schob zwei Keile beiseite. Jetzt ließen sich einige miteinander verbundene Bretter aus der Holzwand entnehmen und mit Theos Hilfe zur Seite schaffen. Heinz Rosen zwängte sich durch die schmale Öffnung.
    »Hier ist frisches Wasser und drei Schnitten. Mehr zu essen haben wir im Moment leider nicht.«
    Heinz Rosen griff nach dem Wasserkrug und trank in gierigen Schlucken. Dann biss er in das Brot. »Danke«, sagte er mit vollen Backen.
    Schweigend sah Theo zu, wie sein Freund das wenige, was er ihm geben konnte, hinunterschlang. Dann sagte er: »Wir haben ein neues Versteck für dich gefunden. Aber wir müssen uns beeilen. Ich befürchte, bald wird uns die Gestapo besuchen. Es wäre besser für uns alle, wenn du dann nicht mehr unser Gast wärest.« Er unterdrückte ein Lachen. »Außerdem habe ich das Gefühl, dass unser Ältester beginnt, misstrauisch zu werden. Leider bin ich mir nicht sicher, ob wir uns auf ihn verlassen können. So weit ist es schon gekommen, dass wir nicht mehr wissen, wem die Loyalität unserer Kinder gehört: Hitler und seiner Bande oder den eigenen Eltern.«
    Heinz Rosen antwortete nicht.
    Theo gab sich einen Ruck. »Wenn es heute Abend Luftalarm geben sollte, werde ich dich zu deiner neuen Bleibe bringen. Dann laufen viele Leute zum nächsten Luftschutzkeller. Dabei fallen wir nicht so auf. Also halte dich bereit.« Er lächelte. »Soweit ich weiß, ist deine nächste Unterkunft gemessen an dieser hier geradezu luxuriös. Und jetzt wieder ab in den Verschlag.«
    »Wer ist denn mein neuer Gastgeber?«, erkundigte sich Heinz Rosen noch, bevor er durch die Öffnung kroch.
    »Ein alter Sozialdemokrat.«
    »Ein Sozi hilft einem Kommunisten?«, wunderte sich Rosen.
    »Der ja.« Theo schüttelte fast unmerklich den Kopf. »Ich bin doch auch Sozialdemokrat, wie du weißt.«
    »Ja. Aber du bist mein Freund. Wie heißt er?«
    »Das brauchst du nicht zu wissen. Wenn er dir seinen Namen nennt, ist das seine Sache. Von mir erfährst du ihn nicht.«
    Heinz Rosen schwieg einen Moment. »Und er ist darüber informiert, dass ich …«
    »Er weiß, dass du Jude bist, ja.«
    Unwillkürlich schaute Rosen an die Stelle auf seiner Kleidung, an der sich eigentlich ein gelber Stern hätte befinden müssen. Aber dort war nie ein Stern befestigt gewesen. Seine Kleidung war bis auf die Unterwäsche von Theo verbrannt worden. Zu groß war die Gefahr, dass er durch sie identifiziert werden könnte. Stattdessen trug er Sachen seines Freundes, die von Helga umgenäht worden waren. Auch sein Ausweis mit dem großen eingestempelten J war im Feuer gelandet. Trotzdem konnte er seine Abstammung nicht verbergen: Heinz Rosen war beschnitten.
    Mit einem leisen Stöhnen kroch er zurück in sein Gefängnis. Gemeinsam hoben sie die Tür an ihren Platz. Rosen schob die Riegel vor. Theos Schritte entfernten sich. Dann war Heinz Rosen wieder allein in der Dunkelheit.
    Bisher hatte er Glück gehabt. Schon kurz bevor jeder Jude gezwungen worden war, den gelben Stern zu tragen, war er in den Untergrund gegangen. Dabei waren ihm, obwohl er keinerlei Parteifunktionen innehatte, seine Kontakte zu Mitgliedern der illegalen Kommunistischen Partei zugutegekommen. Erst später dann hatte er für die Partei kleinere Aufträge übernommen, Kurierdienste zumeist. Aber als das System der lückenlosen Überwachung immer weiter vervollständigt worden war, als nach der totalen Mobilmachung jeder jüngere Mann, der nicht Uniform trug, bis zum Beweis des Gegenteils automatisch verdächtigt wurde, war es für Heinz Rosen fast unmöglich geworden, sich frei zu bewegen. Er hatte die illegale Arbeit einstellen und sich in immer neue Verstecke begeben müssen. So war er schließlich auch bei Theo Mönch gelandet, einem Schulfreund und Arbeitskollegen aus besseren Zeiten.
    Heinz Rosen war eingenickt. Er wurde wach, als im Haus lautes Stimmengewirr zu hören war. Eine Tür schlug. Für einen Moment war es still. Dann polterten Schritte die Treppe herunter.
    »Heinz!«, rief Theo mit lauter Stimme. »Schnell. Luftalarm. Es ist so weit.«
    Erst jetzt vernahm Rosen das entfernte Heulen der Sirenen. Eilig rückte er die Riegel beiseite und kroch ins Freie, wo sein Freund schon mit einem Mantel wartete.
    »Hier. Zieh den an. Und jetzt komm.«
    Theo ging die Kellertreppe hoch, lauschte einen Moment an der Tür, bevor er sie öffnete.
    »Los.«
    Die beiden Männer liefen durch den dunklen Flur zum Hauseingang.
    »Was ist mit deiner
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