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Goldfasan

Goldfasan

Titel: Goldfasan
Autoren: J Zweyer
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Blödsinn. Und vermutlich war diese Auffassung auch Margot Schäfer zu Ohren gekommen, denn er hatte bei der Sekretärin seines Chefs einen Stein im Brett.
    »Golsten. Guten Morgen, Fräulein Schäfer. Ist der Chef zu sprechen?«
    »Heil Hitler, Hauptsturmführer. Um was geht es denn?«
    »Nun lassen Sie doch die Dienstgrade weg. So förmlich müssen wir doch nicht sein.«
    »Wie Sie meinen, Herr Hauptkommissar. Also, was kann ich dem Sturmbannführer ausrichten?«
    Peter Golsten lachte. »Eigentlich bezog sich meine Bemerkung auf alle Dienstgrade, Fräulein Schäfer. Ich wollte den Kriminalrat in Sachen der vermissten Ostarbeiterin sprechen.«
    »Diese Polin? Wie heißt sie doch gleich … Slowacki, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Der Sturmbannführer hat mir davon erzählt.«
    Peter Golsten wunderte sich. Normalerweise war es nicht Saborskis Art, mit seiner Mitarbeiterin über die Fälle zu sprechen, die über seinen Schreibtisch liefen.
    »Tatsächlich?«
    »Natürlich keine Details. Aber da der Parteigenosse Munder persönlich vorstellig geworden ist …«
    »Munder war in dieser Angelegenheit höchstselbst bei dem Kriminalrat?«
    Margot Schäfer registrierte Peter Golstens Überraschung. »Ich glaube, das hätte ich Ihnen nicht sagen dürfen. Sie verraten mich doch nicht?«
    »Ach was. Sie können sich auf mich verlassen, Fräulein Schäfer.«
    Ihre Erleichterung war hörbar. »Danke. Dann verbinde ich Sie jetzt mit dem Sturmbannführer.«
    Es knackte in der Leitung.
    »Saborski. Was gibt es, Golsten?« Saborski hielt sich nie lange mit Höflichkeitsfloskeln auf.
    »Es geht um den Fall Slowacki.«
    »Ja?«
    »Warum haben Sie mich mit dieser Angelegenheit betraut?«
    »Weil Sie einer meiner besten Leute sind.«
    »Schon gut. Aber eine vermisste Person? Das ist doch keine Angelegenheit für unsere Abteilung? Wir bearbeiten Kapitalverbrechen und …«
    »Ich weiß, womit Sie sich üblicherweise beschäftigen, Hauptsturmführer. In dieser Sache machen wir eine Ausnahme.«
    Peter Golsten schluckte.
    »Wollten Sie etwas sagen, Hauptsturmführer?«
    »Mir ist nur nicht klar …«
    Erneut unterbrach ihn Saborski. »Dann will ich Ihnen etwas sagen. Parteigenosse Munder ist, wie Sie wissen, ein junger, ehrgeiziger Mann. Er wird nicht ewig stellvertretender Kreisleiter bleiben, sondern Karriere machen. Spätestens nach dem Endsieg wird er mit anderen, höheren Aufgaben betraut werden. Verstehen Sie jetzt?«
    Peter Golsten verstand. Saborski suchte heute die Verbündeten von morgen. »Natürlich. Sie haben angewiesen, dass Sie über jeden meiner Schritte informiert werden möchten?«
    »So ist es. Bevor Sie einen unternehmen.«
    »Selbstverständlich. Ich werde mich über die näheren Umstände des Verschwindens des Mädchens informieren und dazu Erkundigungen im Haushalt der Munders einholen. Außerdem sollten wir die Polin zur Fahndung ausschreiben. Dazu benötigen wir eine Beschreibung ihres Äußeren. Sind Sie damit einverstanden?«
    »Das hört sich vernünftig an. Aber wahren Sie die notwendige Diskretion.«
    »Sie können sich auf mich verlassen.«
    »Das hoffe ich.«
    Es knackte erneut. Saborski hatte aufgelegt.
    Peter Golsten dachte nach. Saborskis Beweggründe konnte er nachvollziehen. Aber Munders nicht. Warum in aller Welt bemüht sich so ein hohes Tier persönlich, wendet sich sogar direkt an den Kriminalrat?, fragte sich Golsten und griff dann erneut zum Telefonhörer, um sich bei diesem Parteibonzen anzumelden.
    6
    Dienstag, 30. März 1943
    E r erwachte aus einem unruhigen Schlaf. Ein Geräusch hatte ihn geweckt. Er lauschte in die Dunkelheit. Da war es wieder. Die Treppenstufen, die in den Keller führten, knarrten. Heinz Rosen wagte kaum zu atmen. War seine Flucht nun zu Ende? Er zählte die Schritte. Noch drei Stufen, noch zwei. Dann die wenigen Meter bis zu dem Verschlag, hinter dem er sich verborgen hielt.
    »Heinz«, flüsterte zu seiner Erleichterung eine bekannte Stimme. »Ich bin’s.«
    Heinz Rosen holte tief Luft. Er streckte seine tauben Glieder, so gut es ging. Viel Platz hatte er nicht in seinem Versteck hinter den Kohlen und Briketts. Der Raum war nicht einmal lang genug, um im Liegen schlafen zu können. Nur wenn im Haus alle zu Bett gegangen waren, ermöglichte ihm sein Freund Theo Mönch einige Schritte im Keller. Aber diese kleine Freiheit währte nie länger als zehn oder fünfzehn Minuten. Dann wurde Theo unruhig und Rosen kroch zurück in den stickigen Raum hinter den Kohlen.
    »Mach auf«,
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