Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goldener Sonntag

Goldener Sonntag

Titel: Goldener Sonntag
Autoren: Garth Nix
Vom Netzwerk:
abgelenkt. Der noch in der Luft liegende Geruch von Meeresgischt; ein flüchtiger Blick auf die Leiche eines kleinen gelben Elefanten; ein alter Mann, der tot am Boden lag, auf dem Gesicht noch ein weit gereistes Lächeln …
    »Nein … was …«, sagte Arthur. Er stöhnte und riss die Hand weg. »Ich bin Arthur Penhaligon! Ich werde niemanden umbringen!«
    Er ließ die Arme sinken und griff an der Wut und dem Stolz, der Arroganz der Macht vorbei nach dem kleinen inneren Kern seines Wesens, wo er immer noch ein stiller, nachdenklicher Junge war, der in Freundlichkeit und Eintracht aufgezogen worden war.
    »Was immer bisher aus mir geworden sein mag, ich bin auch noch Arthur Penhaligon«, wiederholte er. »Ich werde niemanden umbringen.«
    »Es wäre in vielerlei Hinsicht eine Erlösung«, sagte Lord Sonntag. »Es fällt mir immer noch schwer zu begreifen, dass ich versagt habe. Wie konnte ein Sterblicher mich besiegen?«
    Arthur gab ihm keine Antwort, was Lord Sonntag nur noch überheblicher dreinblicken und gleichzeitig noch besiegter aussehen ließ.
    Stattdessen blickte Arthur hinaus auf die Schlacht, die auf der anderen Seite der Unvergleichlichen Gärten tobte. Er brauchte jetzt kein Fernrohr mehr, denn wenn er wollte, konzentrierte er einfach seine Aufmerksamkeit und sah alles so nahe, wie er wünschte. Sein Verstand arbeitete auch schneller, fast sofort verarbeitete er die Bilder und nahm alles in sich auf.
    Er sah die Horde gegen eine fliegende Igelformation mit Regenschirmen bewaffneter Zauberer anstürmen; die Legion in verbissenem vertikalen Gefecht mit Neunichtsen in drei Kilometern Höhe; juwelengeflügelte Insekten und Grenzseematrosen in einem verworrenen, kreisenden Handgemenge, das sich wie ein Tornado bewegte, Kombattanten einsog und Tote und Verwundete ausspie; er sah Susis Räuber, wenn auch ohne Susi, sah die Pfeiferkinder heldenhaft die mächtigsten Feinde angreifen; und endlich sah er Blatt und Daisy, die aus mehreren Hundert Metern Höhe aus der zerrissenen Schlinge fielen.

KAPITEL
SIEBENUNDZWANZIG

    Susi hob Blatt von Daisys Rücken herunter, gerade als die Schlinge endgültig zerriss, und hielt das schmächtigere Mädchen unter den Armen fest. Das Biestwurz warf die Tentakel in die Höhe, und Grenzer bekamen sie zu fassen, aber weil die stachligen Insekten immer noch auf sie abgeschossen wurden und bei dem überall herrschenden Durcheinander fanden sich nicht genug Bürger, um die Kreatur in der Luft zu halten.
    »Versucht auf den See da zuzuhalten!«, schrie Blatt wild. Sie zeigte auf eine große Wasserfläche in einiger Entfernung. »Lasst sie in den See fallen! Halte durch, Daisy!«
    Das Biestwurz stieß einen langgezogenen, hohen Schrei aus und fiel – es waren einfach zu wenig Grenzer zur Stelle, um es zu halten. Blatt holte Luft, um mehr von ihnen herbeizurufen, die ihm nachjagen und es packen sollten, doch stattdessen stellte sich ein stechender Schmerz in ihrer Brust ein. Sie hustete, doch sprechen, geschweige denn rufen konnte sie nicht. Die Gärten unter ihr verschwammen, und einen Moment lang wusste sie nicht, wo sie war oder was sie gerade machte.
    »Daisy?«, flüsterte sie.
    »Ich schätze, sie ist auf dem See aufgekommen«, beruhigte Susi sie. Das Pfeiferkind flog rasch wieder nach oben, um außer Reichweite der stachligen Insekten zu kommen. Die lebenden Geschosse wurden von sonderbaren knollenförmigen Blumen, die mit einem rosafarbenen Gas angefüllt waren, emporgeschleudert, jedoch nicht höher als tausend Meter. »Ist ein ausgesprochen zähes Geschöpf, deine Daisy. Sehr wahrscheinlich wird sie sich aus dem Wasser ziehen.«
    Blatt nickte und presste die Hände auf die Augen, um wieder scharf zu sehen und einen klaren Kopf zu bekommen.
    »Wo bist du auf einmal hergekommen?«, fragte sie.
    »Hab gesehen, wie die Schlinge den Geist aufgegeben hat«, erklärte Susi. »Also hab ich kehrtgemacht.«
    »Gewinnen wir?«, wollte Blatt wissen. Sie konnte sich nicht konzentrieren, konnte sich keinen Überblick verschaffen. Es war leichter, einfach in Susis Armen zu hängen und Fragen zu stellen.
    »Keine Ahnung«, antwortete Susi. »Aber wir machen Boden gut – oder Luft. Sind jetzt nur noch ein paar Kilometer vom Elysium entfernt. Aber der Pfeifer ist vor uns.«
    »Dann sorg dafür, dass jede Menge Soldaten zwischen uns sind!«, meinte Blatt. Sie hatte Schwierigkeiten, bei Bewusstsein zu bleiben; immer wieder stahl sich die Welt fort, wechselten Dunkelheit und Stille sich mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher