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Gold und Mitternachtsschwarz

Gold und Mitternachtsschwarz

Titel: Gold und Mitternachtsschwarz
Autoren: Megan Hart
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ihr Geld“, grollte der Edelmann. „Sie begehren ihr Vermögen ebenso sehr wie ihr Herz.“
    „Das könnte auch stimmen“, gab die Edelfrau zu und blickte aus dem Fenster. Mira ging allein im Garten spazieren. „Aber eines Tages, mein lieber Mann, werden wir sie nicht länger nur für uns haben können. Wäre es nicht besser, wenn wir den Mann für sie aussuchen? Einen Mann, der unsere geliebte Tochter nicht zu weit weg von unserem Zuhause führt?“
    Der Edelmann dachte darüber nach, aber er knurrte und murrte in einem fort und wollte nicht nachgeben.
    Und im Garten beugte Mira sich über die Blumen, um an ihnen zu schnuppern. Und sie war so ganz allein.
    Der Winter stahl sich wie ein verbotener Liebhaber in die Welt. Er nahm das Licht und ließ nur die Dunkelheit zurück. Im Steinhaus auf dem Hügel gab es Speis und Trank im Überfluss, zudem war es warm, und jede nur erdenkliche Ablenkung wurde geboten. Der Edelmann und seine Frau empfingen Freunde von nah und fern, weil sie hofften, die Trägheit der kalten Jahreszeit mit einer Festlichkeit zu lindern.
    Mira, die nicht länger das Kind war, für das ihr Vater sie so gerne hielt, wünschte, das Haus wäre ruhig und nicht erfüllt von den Rufen der Kartenspieler und dem Schnüffeln der Jagdhunde. Sie bevorzugte den Duft nach Schnee und nicht den Geruch nach knusprig gebratenem Geflügel und gebackenem Brot. Sogar jetzt liebte sie es, durch den nahezu toten Garten zu laufen, obwohl sie danach vor Kälte zitterte. Aber das war allemal besser, als in einem mit Gänsedaunen gefütterten Umhang vor der Feuerstelle zu sitzen. Erst im letzten Jahr hatte sie sich nach diesen langen Nächten gesehnt, in denen das Haus voller Gäste war. Aber die vergangenen zwölf Monate hatten sie in eine andere verwandelt. Jetzt schlich sie durch die dunklen und zugigen Korridore und suchte sich ein ruhiges Plätzchen auf dem Dachboden, obwohl ihre Eltern ihr bedeuteten, sie sollte sich ihnen und ihren Gästen anschließen.
    Sie hauchte auf die zugefrorenen Fenster, um in den verlassenen Garten hinabzublicken. Der Garten war jedoch nicht verlassen, wie sie es erwartet hatte. Fußspuren zerrissen die geschlossene Schneedecke. Und in der Ecke, in der Nähe des Tors, kauerte eine Gestalt am Boden. Mira beobachtete, wie die Gestalt im verschneiten Gemüsebeet wühlte. Vielleicht suchte da jemand nach den Resten eines Flaschenkürbis oder etwas anderem Essbaren? Hatte sich ein armer Landstreicher in ihren Garten geschlichen, weil er auf der Suche nach Nahrung war?
    Mitleid überkam sie, und Mira verließ den Dachboden. Sie schlich an den Räumen vorbei, in denen die Gäste sich den Lustbarkeiten hingaben, und huschte ohne Schuhe oder einen Mantel, der sie warm hielt, in den Garten. So sehr drängte es sie, herauszufinden, wen sie vom Fenster aus beobachtet hatte. Der Schnee biss eisig in ihre Zehen, und der Wind nagte an ihren Fingerspitzen, aber das war nichts verglichen mit dem, was der Reisende offenbar durchgemacht hatte.
    „Ihr müsst mit ins Haus kommen“, beharrte sie gegenüber der Person, deren Gesicht von einem Schal verhüllt war. Sie konnte nicht einmal sagen, ob ihr Besucher ein Mann oder eine Frau war, so sehr hatte sich die Gestalt in mehrere Kleidungsschichten gehüllt. „Ihr könnt Euch aufwärmen und bekommt etwas zu essen.“
    Als sie jedoch das Haus betraten, war Miras Vater nicht besonders erfreut über die barmherzige Geste seiner Tochter. An seiner Tafel war kein Platz für einen Bettler, ob nun Mann oder Frau. Nicht mal in seiner Küche war Platz, nicht mal um die Küchenabfälle zu essen, die für die Hunde zu schade waren, und er zwang den verhüllten Besucher, zurück in Schnee und Kälte zu gehen, ehe er Zeit hatte, einen seiner zahlreichen Mäntel abzulegen.
    „Vater …“, protestierte Mira, aber der Edelmann hörte ihr Flehen nicht.
    „Ich werde gehen“, sagte der Bettler, dessen Gesicht noch immer verhüllt war. „Aber ihr sollt wissen, wen ihr fortgeschickt habt.“
    Die Gäste, die sich um sie versammelt hatten, schnappten nach Luft, als der Bettler seine Kapuze zurückschlug und das Gesicht einer schönen Frau mit gefühlskalten Augen offenbarte. Alles an ihr war dunkel. Ihre Augen, ihr Haar, sogar die Farbe ihrer Lippen und ihre Zunge waren eher dunkel statt rot. Sie blickte sich nach allen Seiten um, ehe sich ihr Blick auf Mira heftete.
    „Deine Tochter hat weitaus bessere Manieren als du, alter Mann“, wetterte die böse Fee. „Sie wird
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