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Goettin der Legenden

Goettin der Legenden

Titel: Goettin der Legenden
Autoren: P.C. Cast
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genau das zu geben schien, was sie sich erhofft hatte, als sie die Idee zu einem Buch mit ihrer Agentin besprochen hatte – ihre Seele fühlte sich getröstet, und ihre Kreativität begann, sich wieder in etwas anderem zu verwurzeln als nur in Tod und Zerstörung.
    Impulsiv streifte Isabel ihre Wanderstiefel und ihre Socken ab. Dann rollte sie ihre Jeans hoch und trat mitsamt ihrer Kamera in den kristallklaren Bach. Nach den ersten Schritten hatte sie sich an das kalte Wasser gewöhnt und ging zu dem Sonnenfleck, in dem gerade noch der Bison gestanden hatte. Dort hob sie das Gesicht und badete im Glanz der Morgensonne, während das kalte Nass ihre Füße und Knöchel umspülte.
    Dieser Ort berührte sie tief. Vielleicht war es auch der krasse Kontrast zwischen der stillen Freiheit der Prärie – grün, üppig, rein – und dem Mittleren Osten, wo alles, worauf sich ihre Augen konzentriert hatten, trocken, verbrannt und ein Albtraum der Zerstörung gewesen war. Sie atmete tief durch und stellte sich vor, dass mit jedem Atemzug ein bisschen mehr von der Negativität abfiel, die sich in ihr angesammelt hatte, und das Wasser die Reste von Tod und Krieg wegwusch, die in den letzten Wochen an ihr gehaftet hatten. Ohne innezuhalten und sich zu fragen, warum sie es tat oder ob sie sich wie eine Idiotin benahm, sprach Isabel ihre innersten Gedanken laut aus und teilte sie dem Bach und dem Sonnenlicht mit.
    »Das ist genau das, was ich brauche. Eine neue Perspektive, eine neue Sicht auf die Dinge. Um mich zu reinigen. Der Bison wollte mir etwas sagen. Nämlich, dass ich mich auf den Weg machen soll. Allerdings wüsste ich gern, wohin. Sag mir, Herrin des Sees«, fuhr sie mit einem breiten Grinsen fort, »Mrs. Tiger hat uns in der achten Klasse alles über dich beigebracht. Was ist mein Schicksal?«
    Natürlich wusste Isabel, dass es nur ihre Phantasie war, aber es kam ihr vor, als würde das Silberlicht stärker, und sie hätte schwören können, dass sie irgendetwas spürte. Lachend breitete sie die Arme aus und spritzte mit dem Fuß das Wasser in die Luft, so dass die Tropfen im Sonnenlicht wie leuchtende Kristalle herabregneten und sie mit ihrem Glanz umgaben.
     
     
    Viviane konnte sich kaum noch von ihrem Orakel losreißen. Sie wusste, es war zu früh, die Ranken ihrer Magie konnten die richtige Frau noch nicht gefunden haben, aber sie war so von Energie erfüllt, dass sie ständig vor ihrem mit Perlen gefüllten Kristallbecken saß und sich Sorgen machte.
    Als eine der Perlen zu glühen begann, stürzte sie sich förmlich darauf, nahm sie zwischen den anderen dunklen Perlen heraus, hielt sie hoch und spähte in ihre milchigen Tiefen. Als sie sich klärten, zeigte sich eine alte Frau, die an einem großen See saß und etwas ins Wasser spuckte, was aussah wie Sonnenblumenkerne.
    »Jünger!«, rief Viviane voller Abscheu, trennte den magischen Strang von der Frau und schickte ihn weg. Ungeduldig warf sie die Perle zurück in das Becken und begann, nervös auf und ab zu wandern.
    Die nächste Perle, die aufleuchtete, zeigte ihr ein Kind, das am Meer spielte. Vor Ärger hätte Viviane fast aufgeschrien. »Doch nicht
so
jung!«, wies sie ihr Orakel zurecht.
    Auch die nächsten beiden Visionen waren völlig ungeeignet, zwar weder zu jung noch zu alt, aber viel zu gewöhnlich. Nun war Viviane am Ende ihrer ohnehin nicht sehr strapazierfähigen Geduld. Kurz entschlossen riss sie sich eine lange Strähne aus dem dichten Vorhang ihrer Haare, die ihren Körper wie ein Schleier umhüllten. Diese hielt sie über das mit Perlen gefüllte Becken und begann, sie langsam kreisen zu lassen.
    Nicht zu gewöhnlich, nicht zu alt, auch kein Kind,
    die kann ich nicht brauchen, mach es anders geschwind.
    Perfekt muss sie sein, das ist mein Befehl,
    voller Schönheit und Anmut und Tatkraft – schnell,
    schnell!
    Daraufhin ließ die Göttin die zarte Haarsträhne in die Schale fallen, und als sie auf die Perlen hinabschwebte, vollendete sie ihren Zauberspruch.
    Ein Teil meiner selbst gibt dem Orakel die Kraft,
    dass es den Auftrag umgehend schafft.
    Ein silberner Blitz leuchtete auf, die Strähne explodierte und sprühte Funken flüssigen Lichts, die sich auf die Perlen verteilten. Mit neuer Energie eilten die silbernen Magiestränge aus dem Reich der Göttin hinaus über Seewege und Meere, Flüsse und Bäche, durchsuchten Zeiten und Wirklichkeiten, bis ein kleiner glühender Strang, der in der fernen, modernen Welt der Sterblichen –
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