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Goettin der Legenden

Goettin der Legenden

Titel: Goettin der Legenden
Autoren: P.C. Cast
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an einem Ort namens Oklahoma – einen Bach entlangsauste, in einem Strahl Morgenlicht den Klang einer lachenden Frauenstimme einfing, die sich gerade von neuem zu den erfreulichen Möglichkeiten des Lebens bekannte.
    Viviane hörte den verlockenden Laut und nahm die leuchtende Perle aus dem Becken. Mit angehaltenem Atem spähte die Göttin in die milchige Tiefe, die sich langsam klärte und den Blick auf eine höchst seltsam gekleidete blonde Frau freigab, die ausgelassen in einem Bach tanzte, dass das Wasser nur so spritzte. Vor Aufregung begann Vivianes Herz, schneller zu schlagen.
    »Zeig mir ihr Gesicht!«, befahl die Göttin.
    Das Orakel näherte sich dem Gesicht der Frau. Nun, sie war zweifellos attraktiv. Viviane kniff die Augen zusammen und taxierte die Frau genauer. Sie war nicht mehr jung, aber auch nicht zu alt, zumindest dem Aussehen nach. Und ein gewisses Maß an Erfahrung war ja ganz sicher nicht von Nachteil. Wieder lachte die Frau, und zu ihrer Überraschung merkte Viviane, wie sie unwillkürlich mitlächelte. Denn dieses ansteckende Lachen machte die Frau nicht nur attraktiv, sondern bezaubernd.
    »Ja«, murmelte Viviane. »Ich glaube, sie eignet sich ziemlich gut für meine Zwecke.« Langsam hob sie die Arme, und ihre Macht umströmte sie.
    Ich fordere diese sterbliche Frau für mich ein.
    Wenn ihr Leben dort endet, ist ihre Seele mein.
    Was mein schlafender Liebster sich wünscht, soll geschehen,
    so dass die Verzweiflung, die ihn fesselt, muss gehen.
    Nur was verloren ist, nehme ich mir frei;
    mein Ziel ist gesteckt, so schwierig es sei.
    Arthur entflieht seinem harten Geschick,
    und dann kommt mein Liebster zu mir zurück.
    Nun warf die große Wassergöttin, bekannt als Coventina, Merlins Viviane, eine Flammenkugel göttlicher Macht durch ihr Orakel, und die Kugel flog weiter … immer weiter … in eine andere Zeit, in eine andere Welt, und änderte Isabel Cantellis Schicksal für immer.

2
    Späte Einsichten, so entschied Isabel Cantelli rückblickend, konnten ganz schön nerven. Zu diesem Schluss kam sie, nachdem sie, um einem Streifenhörnchen auszuweichen, das Lenkrad herumgerissen hatte und ihr Geländewagen außer Kontrolle geraten war.
    Wahrscheinlich hätte sie nicht nach ihrem heruntergefallenen Handy suchen sollen, während sie aus voller Brust »Camelot« schmetterte und dabei mit hundert Stundenkilometern über einen Feldweg bretterte. Wahrscheinlich hätte sie den kleinen Kerl einfach seinem Schicksal überlassen sollen, statt zu versuchen, ihm heldenhaft das Leben zu retten. Rückblickend war eben nichts fifty-fifty. Sondern null-einhundert.
    Aber dieses ganze »sollte, hätte, wäre« half ihr jetzt auch nichts mehr. Sie und ihr Nissan flogen in einem alarmierenden Tempo in den Grand Lake.
    Isabel wappnete sich für den Hechtsprung, der ihnen bevorstand und der höchstwahrscheinlich nicht sehr graziös ausfallen würde. Der See, den sie vor ein paar Minuten noch zauberhaft gefunden hatte, würde ihr sozusagen einen Tritt in den Hintern verpassen.
    Viele Gedanken rasten ihr durch den Kopf. Seltsamerweise aber war kein einziger dabei, den sie jetzt, da ihre letzte Stunde gekommen war, erwartet hätte. Nicht das Leben, das sie hinter sich hatte, beschäftigte sie, sondern vielmehr das Leben, das sie noch nicht gelebt hatte.
    Sicher, auch Todesangst flackerte auf, aber es war die Trauer über das, was sie nicht erreicht hatte, die ihr Gehirn ausfüllte.
    Als ihr Auto auf dem Wasser aufschlug, fühlte es sich an wie eine Atomexplosion. Der Airbag sprang auf und nagelte sie auf ihrem Sitz fest. Als er endlich wieder in sich zusammenfiel, versuchte sie, den Sicherheitsgurt zu lösen, aber aus irgendeinem Grund ließ er sich nicht öffnen. Da sie das Fenster vorhin heruntergekurbelt hatte, füllte sich der Innenraum rasch mit Wasser, und der Wagen begann zu sinken.
    Wenn jetzt nicht ein Wunder passierte, würde sie das nicht überleben. Nun packte sie doch die Todesangst. Ihr Herz klopfte wild, und sie wusste, es würde nicht mehr lange durchhalten. Sie entschuldigte sich bei ihm, dass sie es enttäuscht hatte. Und sie entschuldigte sich bei ihrer Leber, dass sie sie nicht in dem Ausmaß misshandelt hatte, wie sie es hätte tun können. Was für eine verschwendete Chance. Aber obwohl sie zwischendurch auch an ihre Freunde und an ihre Familie dachte, zog ihr Leben nicht vor ihren Augen vorbei, egal, was die Experten behaupteten.
    Während sie unter Schmerzen nach Luft rang, war sie
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