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Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus

Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus

Titel: Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus
Autoren: Christian Jacq
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werden und gehörte damit früher oder später zur herrschenden Schicht.
    Kels größter Wunsch aber war es, Ägypten zu dienen, dem Land, das die Götter liebten. War die Lehre von der Sprache nicht auch die von Thot, dem Schutzherrn der Schreiber? Indem er sein Wissen Tag für Tag vertiefte, hoffte der junge Mann, eines Tages die Weisheit zu erlangen, die Imhotep, der Erbauer der Stufenpyramide, gelehrt hatte. Schreiben war eine ernste Angelegenheit. Es ging nicht darum, seine Gefühle oder jeweiligen Vorlieben niederzuschreiben, sondern darum, Hieroglyphen, die ›göttlichen Worte‹ zu zeichnen und im täglichen Leben zu verkörpern, indem man sich an die Gesetze von Maat, der Göttin der Gerechtigkeit, hielt.
    Jetzt ging es aber zunächst einmal darum, den Angreifern zu entkommen, die vermutlich an den Schauplatz ihrer Untat zurückgekehrt waren.
    Kel nahm Anlauf, und es gelang ihm, nach der Oberkante einer kleinen Mauer zu greifen und sich hochzuschwingen.
    Auf der anderen Seite wäre er in Sicherheit!

3
    D och da täuschte sich Kel.
    Die Männer, die in das Gebäude drangen, waren weder Mörder noch Räuber, sondern Soldaten, die sich Sorgen machten, weil ihr Kamerad am Eingang der Sackgasse nicht auf seinem Posten stand. Sie mussten nicht lange suchen, bis sie seinen Leichnam unter Palmzweigen versteckt entdeckten.
    Der Anblick der vielen Leichen machte sie sprachlos.
    Schließlich raffte sich einer von ihnen auf und ging zu seinem Vorgesetzten.
    Nicht einmal eine Stunde später hatte ein Trupp Soldaten das Viertel abgeriegelt und vier ranghohe Persönlichkeiten machten sich nun ihrerseits mit dem Ausmaß der Tragödie bekannt.
    »Das ist ja unglaublich«, erklärte Richter Gem, ein älterer Mann, den der Pharao an die Spitze des Gerichtswesens gestellt hatte. »Was für eine Untat! Ich werde die Untersuchung persönlich leiten.«
    »Worum ich Euch sonst gebeten hätte«, ergänzte der stattliche Udja, oberster Befehlshaber über Sais und königlicher Siegelbewahrer, Aufseher der Gerichtsschreiber, oberster Gefängnisschreiber und Admiral der königlichen Flotte. Obwohl noch immer medizinischer Leiter der angesehenen Schule von Sais, gab er keine Gutachten mehr ab und beschränkte sich darauf, die Bibliothek, die Pflegemittel und die Ernennung neuer Ärzte zu beaufsichtigen. Udja war ein enger Vertrauter von Pharao Amasis und sozusagen sein Erster Minister – kein wichtiges Schriftstück blieb ihm verborgen.
    »Was haltet Ihr davon, lieber Freund?«, fragte er Horkheb, den Palast-Oberarzt, der die Opfer bereits flüchtig untersucht hatte.
    »Die Todesursache ist eindeutig: eine blitzschnelle Vergiftung. Schon eine winzige Menge der Milch hat wohl gereicht. Das konnte keiner überleben.«
    Horkheb, ein gut aussehender Mann, rühmte sich, die königliche Familie ärztlich zu betreuen. Mit der Aussicht auf ein kleines Vermögen hütete er sich, Udja in den Schatten zu stellen, und mischte sich nicht in Reichsangelegenheiten ein.
    »Werdet Ihr herausfinden, um welches Gift es sich handelt?«, wollte Richter Gem wissen.
    »Ich werde es versuchen, aber ich mache mir keine großen Hoffnungen.«
    »Müssen die Leichname verbrannt werden?«
    »Nein, es besteht nicht die Gefahr einer Seuche. Trotzdem wäre es gut, wenn diese Unglücklichen möglichst bald begraben werden könnten.«
    Der Richter erteilte seine Zustimmung.
    Henat, der vierte Würdenträger, ein Mann mit schwarzen Haaren, prüfendem Blick und derart unauffälligem Benehmen, dass man ihn häufig übersah, war von Amts wegen Oberritualist, Diener des Gottes Thot und Palastverwalter. Vor allem aber musste er das ›Ohr des Königs‹ spielen, das heißt, er war Leiter des Geheimdienstes.
    Seine Anwesenheit bereitete Gem Kopfzerbrechen.
    »Gibt es irgendwelche Einzelheiten, die Ihr mir mitteilen solltet, Henat?«
    »Nicht eine einzige.«
    »Untersteht das Übersetzeramt eigentlich nicht direkt Euch?«
    »Doch, ja.«
    »Sollte also der Grund für diesen Massenmord … eine Reichsangelegenheit sein?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Darf ich auf Eure uneingeschränkte Zusammenarbeit rechnen?«
    »Natürlich, sofern sie nicht die Grenzen überschreitet, die mir Seine Majestät vorschreibt.«
    »Ich wundere mich, dass Ihr hier seid.«
    »Ihr habt es doch gerade selbst erwähnt – ich bin hier in meiner Funktion als Leiter des Übersetzeramtes.«
    Oberarzt Horkheb bat darum, entschuldigt zu werden. »Nachdem man mich hier nicht mehr braucht, muss ich zurück
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