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Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus

Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus

Titel: Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus
Autoren: Christian Jacq
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große Arbeitszimmer, das er sich mit drei Schreibern teilte.
    Vor Entsetzen blieb er wie angewurzelt stehen.

2
    D rei Tote, zwei Männer und eine Frau.
    Drei hochrangige Übersetzer, die dem jungen Kel das Leben schwer gemacht hatten, allerdings ohne dabei ungerecht zu werden. Er schätzte ihren Sachverstand und hatte Tag für Tag von ihnen gelernt.
    Auch sie hatten sich erbrochen, ihre Gesichter trugen Spuren größter Schmerzen.
    Der Schreiber wollte seinen Augen nicht trauen und beugte sich über die reglosen Körper.
    »Wacht doch auf, ich flehe euch an!«
    Neben der Frau lag ein zerbrochener Milchkrug auf dem Boden.
    Der Krug mit der Milch, die Kel als jüngster Schreiber den anderen jeden Tag angeboten hatte, wenn sie geliefert worden war!
    Entsetzt fragte sich der junge Mann, ob das alles wohl nur ein neuer Albtraum sei, führte dann aber seine Erkundung widerstrebend fort.
    Im Zimmer nebenan vier weitere Leichen.
    Dann drei, und noch einmal fünf … Die gesamte Besetzung des Schreiberamts war ausgelöscht worden.
    Blieb nur noch das Zimmer ihres Vorgesetzten.
    Kel zitterte am ganzen Körper, als er ihn an seinem Tisch sitzend mit gesenktem Kopf vorfand.
    Einen kurzen Augenblick lang dachte der Schreiber, er sei am Leben.
    Doch dem war nicht so. Der Leiter des Übersetzeramts hatte sich zwar nicht übergeben, aber auch er hatte von der tödlichen Milch getrunken, was der umgeworfene Becher neben ihm bewies.
    Mit unsicherer Hand hatte er noch ein paar Worte auf ein Stück Papyrus geschrieben:
    Entziffere das verschlüsselte Schriftstück und …
    An wen sonst sollte dieser Befehl gerichtet sein, wenn nicht an Kel, dessen Fehlen dem hohen Beamten natürlich nicht entgangen war? Was aber, wenn es ihm gelänge, das Schriftstück zu entziffern?
    Leergefegte Regale, entrollte und zerrissene Papyrusrollen, zerbrochene Holztafeln. Von der schönen, strengen Ordnung, auf die die Übersetzer so viel Wert legten, war nur noch ein Trümmerfeld übrig. Nicht ein einziger Winkel war verschont geblieben.
    Offensichtlich hatten die Räuber nach einem Schriftstück gesucht. Ob sie es wohl gefunden hatten oder unverrichteter Dinge wieder abgezogen waren?
    Und wenn sie nach dem seltsamen verschlüsselten Schriftstück gesucht hatten, das sein Vorgesetzter Kel anvertraut hatte? Zunächst verwarf der junge Mann diese Möglichkeit, doch dann kam er ins Grübeln. Als er sich dazu entschloss, verstieß sein Herr sowohl gegen die Gesetze der Rangfolge als auch gegen die übliche Vorgehensweise. Misstraute er der Obrigkeit, befürchtete er einen unbefugten Eingriff?
    Vollkommen abwegige Vermutungen! Und dennoch … Es gab kein Übersetzeramt mehr, keinen einzigen Überlebenden!
    Falsch.
    Er, Kel, war dem Anschlag mit der vergifteten Milch entkommen, weil er verschlafen hatte. Und noch einer – sein Freund, der Grieche Demos, befand sich ebenfalls nicht unter den Opfern. Fassungslos untersuchte Kel noch einmal die Leichen.
    Demos war nicht dabei.
    Wie ließ sich dessen glückliche Abwesenheit erklären? Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder hatte der Grieche nicht zur Arbeit erscheinen können, oder er war dem Anschlag entkommen. Die zweite Erklärung war äußerst unwahrscheinlich. Kel vermutete eher Unpässlichkeit oder, mit anderen Worten, einen zu reichlich begossenen Abend.
    Fieberhaft auf der Suche nach der Lösung ging Kel in den Waschraum. Laut Anweisung ihres Vorgesetzten mussten sich die Schreiber mehrmals während der Arbeit die Hände waschen.
    Unter dem Behälter mit der wohlriechenden Pflanzenseife hatte Kel ein Versteck eingerichtet, von dessen Existenz nur sein Herr und er wussten.
    Aufgeregt entfernte er die kleine Steinplatte.
    Die Rolle mit der verschlüsselten Schrift war verschnürt und unversehrt.
    Sollte er sie hierlassen oder doch lieber mitnehmen und den Wachen übergeben?
    Das Geräusch von Schritten ließ Kel hochfahren. Jemand hatte das Gebäude betreten.
    Der Schreiber griff nach dem Papyrus und schob die Steinplatte wieder an ihren Platz. Dann lief er durch einen Gang zu einer Tür, die in einen kleinen Garten führte. Ein geflochtenes Palmblätterdach bot den Übersetzern angenehmen Schatten, wenn sie hier in der Pause ein wenig schwatzten und sich mit kühlem Bier erfrischten. Hier hatte Demos seinen Freund Kel ermutigt durchzuhalten, nichts auf den Tadel seiner Neider zu geben und zu arbeiten, ohne auf die Zeit zu achten. Ein hervorragender Übersetzer wie er musste einfach königlicher Schreiber
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