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Götter des Meeres

Götter des Meeres

Titel: Götter des Meeres
Autoren: Hubert Haensel
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allem um seinen Kopf.
    Ein gewaltiger Stoß, stärker als alle vorangegangenen, warf Gerrek von den Beinen. Er klatschte ins Wasser. Aber das Beben nahm kein Ende. Einige Okeazar stürzten über den Beuteldrachen; indem er die Beine an den Körper zog und sich herumwälzte, entledigte er sich dieser Last. Trotzdem kam er nicht in die Höhe. Wie ein scheuendes Pferd bockte der Boden.
    Aus den Augenwinkeln heraus gewahrte Gerrek einen Schatten, der sich langsam auf ihn zuschob. Zuerst dachte er, daß es ein Tritone sei, und erwartet jeden Moment den tödlichen Stoß, dann erkannte er dicke Muskelstränge, die sich zusammenzogen. Unmittelbar neben ihm verengte sich der Tunnel.
    Alles stand plötzlich schräg. Abgesehen davon, daß das Wasser naturgemäß nach unten hin abfloß, verspürte Gerrek keine Erleichterung. Der Rückweg wurde ihnen abgeschnitten. Durch einen letzten schmalen Spalt konnte der Mandaler Mythor erkennen, der sich auf der anderen Seite befand und ihm irgend etwas zurief, was er aber nicht verstand.
*
    Mythor hatte Learges’ Nähe gesucht, weil ihm klar war, daß nur der Tritone und dessen Gefährten ihnen helfen konnten, das Nasse Grab heil zu verlassen. Auch Gudun schien das inzwischen eingesehen zu haben, denn unvermittelt stand sie neben ihm, und schlug mit ihren Schwertern die Okeazar zurück.
    »Wir müssen ihn schützen.« Kein Wort verlor sie über die Gründe, aus denen sie ihre Meinung geändert hatte.
    Zu erkennen, wer von den Kämpfenden zu Learges Leuten zählte und wer dem Jagdtrupp Ertachs angehörte, war nahezu unmöglich. Jeder Okeazar konnte der Gegner sein, der nur darauf wartete, zuzustoßen.
    Plötzlich schloß sich der Tunnel. Irgendwie schaffte Gudun es, in Mythors Nähe zu bleiben.
    »Wir müssen schnellstens zu den anderen«, rief sie ihm zu.
    Aber es war bereits zu spät. Die zerfurchte Wand, die sich vor ihr gebildet hatte, öffnete sich auch dann nicht wieder, als sie beide Schwerter bis ans Heft hineinstieß. Die Muskelstränge verhärteten innerhalb weniger hastiger Atemzüge. Sie wurden wie Stein, an dem jede Klinge wirkungslos abprallte.
    Stöhnend wandte die Amazone sich um. Flüchtig ruhten Mythors und ihr Blick ineinander.
    Etwa zwanzig Tritonen waren mit ihnen zusammen abgeschnitten worden. Die Fischmenschen schienen kein Erbarmen zu kennen. Auch Learges hatte es auf diese Seite des Tunnels verschlagen. Noch sichtlich geschwächt, suchte er mit dem Dreizack einen Angreifer abzuwehren.
    »Den nehme ich mir vor«, rief Gudun und hastete schwertschwingend davon. Mythor folgte ihr langsamer. Der Kampf wurde ohne sein Zutun entschieden. Sechs Tritonen umringten Learges; sie warfen den Menschen interessierte Blicke zu.
    »Wir müssen zurück«, sagte Gudun.
    »Ich fürchte, das ist unmöglich«, erwiderte Learges stockend und deutete auf die Wand, die den Tunnel verschloß. »Außerdem wäre keiner von euch dort sicher. Wenn ihr eine Zuflucht sucht, nur unter Wasser, wo keiner von Ptaath euch vermutet.«
    »Aber unsere Gefährten…«
    »Sie werden sich selbst helfen können. Und falls nicht, ist es besser, daß wenigstens ihr die Freiheit behaltet. So könnt ihr mehr tun, als wenn ihr sinnlos den Kampf wählt und Ertach in die Hände fallt.«
    Mythor nickte.
    »Kannst du uns Unterkunft gewähren?«
    »Den Ort, an dem alle Rebellen zusammenkommen, kennt sonst keiner in Ptaath. Dort werdet ihr ausharren, bis meine Getreuen herausgefunden haben, was Ertach unternimmt.«
    »Einverstanden«, nickte Mythor. »Aber wie willst du uns hier herausbekommen?«
    »Das laß meine Sorge sein.« In der Sprache der Tritonen sagte Learges etwas zu zweien seiner Begleiter, die daraufhin durch die Wand verschwanden. Es ging zu schnell, als daß Mythor es mit Bestimmtheit sagen konnte, aber er hatte den Eindruck, daß die Okeazar mit kurzen Berührungen die runden Muskelstränge dazu brachten, sich zu öffnen.
    Träge tropfte die Zeit dahin, ohne daß irgend etwas geschah. Bald wurde Gudun ungeduldig.
    »Wie lange sollen wir warten?« wollte sie wissen.
    »Das hängt von den Umständen ab. Solange welche von Ertachs Jägern in der Nähe sind, dürfen wir es nicht wagen, euch…«
    Einer der beiden Tritonen kehrte zurück.
    »Kommt!« sagte Learges nur und schritt auf die Öffnung in der Wand zu.
    »Da sollen wir durch?« Gudun zögerte für einen Augenblick. »Was erwartet uns dahinter?«
    »Ihr werdet nicht ertrinken. In Luftblasen wie dieser bringt man menschliche Gefangene nach
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