Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Titel: Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt
Autoren: Beth Revis
Vom Netzwerk:
Sterne wären echt! Ich dachte, das Schiff hätte ein Leck in den Weltraum!«
    »Es sind doch nur Lampen!«
    »Woher sollte ich das wissen? Ich dachte, es wären echte Sterne! Wozu sind sie überhaupt da?«
    »Jedenfalls nicht für dich!«, brüllt der Älteste mich an.
    »Und für wen dann?«, brülle ich zurück. »Schließlich leben nur wir beide auf diesem Deck!«
    Die Gesichtsmuskeln des Ältesten sind sichtbar angespannt. Ich habe einen Kloß im Hals, aber ich schlucke ihn herunter. Ich werde nicht zulassen, dass er denkt, ich wäre nur ein kleiner Junge, der einen Wutanfall kriegt, weil er gemerkt hat, dass die Sterne nicht echt sind.
    »Du darfst so etwas nicht tun, Junior. Damit kannst du eine Panik im ganzen Schiff auslösen!« Der Älteste sieht gleichzeitig wütend und erschöpft aus. »Verstehst du das nicht? Du bist der Junior. Wenn du meinen Platz als Ältester einnimmst, musst du dein ganzes Leben auf diesen einen Gedanken ausrichten: Du bist für jeden Einzelnen auf diesem Schiff verantwortlich. Du darfst niemals Schwäche zeigen, denn du bist ihre Stärke. Du darfst nie zulassen, dass sie deine Verzweiflung sehen, denn du bist ihre Hoffnung. Du musst alles für jeden auf diesem Schiff sein.« Er holt tief Luft. »Und das bedeutet auch, nicht in Panik zu geraten und ein ganzes Deck abzuriegeln!«
    »Ich dachte, wir hätten ein Leck«, verteidige ich mich.
    Der Älteste starrt mich an. »Und du hast das Schiff abgeriegelt.«
    Muss er mich immer wieder daran erinnern? Ich bin ein verdammter Idiot, das habe ich mittlerweile kapiert.
    »Als du noch drin warst.« Seine Stimme klingt jetzt anders. Ruhiger. Unsere Blicke treffen sich, und ich sehe etwas in seinen Augen, das ich dort noch nie zuvor gesehen habe.
    Stolz.
    »Du wolltest dich selbst opfern, um das Schiff zu retten«, sagt er.
    Ich zucke mit den Schultern. »Ja, es war blöd von mir. Tut mir leid.«
    »Nein«, sagt der Älteste. »Also, doch, es war blöd. Aber auch sehr selbstlos. Das hat Mut erfordert, Junge. Und Führungsqualität. Du wolltest dich für den Rest des Schiffes opfern? Das beweist, dass du denkst. Du hast daran gedacht, dass das Regentendeck ganz oben ist, stimmt’s? Und wenn das Regentendeck ein Leck hätte, würde auch das Deck darunter implodieren und dann das darunter. Du hast gedacht, bevor du gehandelt hast. Du hast an all die Menschen unter dir gedacht.«
    Ich schaue weg. Vielleicht war es selbstlos von mir, aber jetzt sehe ich nur noch, dass die Sterne unecht waren.
    »Es tut mir leid«, sagt der Älteste. Er bemerkt, dass ich verblüfft bin, und fügt hinzu: »Ich habe dich ignoriert. Es ist meine Schuld. Du hast mich an den anderen Junior erinnert und wir sind … nicht miteinander klargekommen. Als ich ihn ausgebildet habe, habe ich ihn zu früh zu viel gelehrt. Und er hat sich als unwürdig und selbstsüchtig erwiesen. Aber du bist anders. Ich vergesse es manchmal, aber du bist nicht wie er.«
    Der Älteste hat jetzt meine volle Aufmerksamkeit. Ich weiß natürlich, dass es einen anderen Junior gegeben hat. Er ist gestorben, bevor ich geboren wurde, aber bis jetzt hat der Älteste nie von ihm gesprochen.
    »Ich hatte diesen Junior schon ausgebildet. Er sollte dich unterrichten, damit ich mich in Ruhe um das Schiff kümmern konnte. Als er dann starb und ich dir auch noch alles beibringen musste … Es war nie vorgesehen, dass ich mich mit einem weiteren Junior abgeben sollte, und ich habe mich dir gegenüber verantwortungslos gezeigt.«
    Ich sehe ihm prüfend in die Augen. Wenn wir auf dem Versorgerdeck sind, ist der Älteste ein netter Großvater. Auf dem Technikdeck ist er wie ein alter König, befehlsgewohnt, aber dennoch aufmerksam. Wenn wir jedoch unter uns sind, zeigt er sein wahres Ich – oder zumindest das, was ich für sein wahres Ich halte –, es ist zwar alt, aber nicht nett und bestimmt nicht schwach.
    Etwas an seinem Schweigen lässt mich erkennen, dass der Älteste mir und nur mir erlaubt hat, es zu sehen. Und das bringt mich mehr als alles andere dazu, ihm zu verzeihen, dass er sich so wenig um mich gekümmert hat.
    »Und?«, frage ich fordernd. »Werden Sie mich jetzt vernünftig unterrichten?«
    Der Älteste nickt und bedeutet mir, ihm ins Lernzentrum zu folgen. Sein Hinken ist stärker als sonst; anscheinend verpasst ihm sein Bein jetzt die Quittung für das wütende Herumstampfen.
    Auf dem Regentendeck gibt es nur vier Räume: die Kammern vom Ältesten und mir, das Lernzentrum und den Großen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher