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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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Wand des Grabhauses jetzt deutlich erkennen konnte. Sie waren mit roten und gelben Malereien von Tanzenden oder Opfernden geschmückt. In der Ecke lag noch der Hasenfellumhang des Toten, den er rasch hinter einem Grab versteckte. Dort, wo der Sterbende gelegen hatte, war ein großer, dunkler Fleck auf dem Boden; Hylas schüttete Erde darüber. Mehr konnte er nicht tun.
    In der Ferne erklang Flötenmusik, die Dorfbewohner waren auf dem Weg zum Grabhaus. Trotz der Schwarzen Krieger mussten sie ihrem Verwandten, der zum Ahnen geworden war, Wein und Honig als Geschenk bringen.
    Hylas hatte keine Zeit mehr zu verlieren und steuerte auf die Tür zu.
    Der Dolch! Der Keftiu hatte ihm seinen Dolch geschenkt, aber er hatte ihn mit in sein Grab genommen. Hylas warf einen Blick über die Schulter und stellte überrascht fest, dass der Dolch gut sichtbar auf dem Boden lag, direkt neben dem Sarkophag.
    Wahrscheinlich hatte ihn der Sterbende aus der Scheide gezogen und fallen lassen, als er ins Grab geklettert war. Nimm den Dolch … Du musst ihn verstecken …
    Die schlichte, schmucklose Waffe war aus Bronze, hatte einen breiten, behäbigen Griff und drei Nieten am Knauf. Die Klinge war etwa doppelt so lang wie Hylas’ Hand und verjüngte sich bis in die tödliche Klingenspitze. Die beiden Schneiden schimmerten rötlich im Morgenlicht. Nie zuvor hatte Hylas etwas so Schönes gesehen.
    Er hob den Dolch auf. Er war schwer, und der kühle Griff nahm beinahe sofort die Wärme seiner eigenen Hand an.
    Die Flöten kamen stetig näher.
    Hylas schloss die Faust um die Waffe und ergriff die Flucht.

K aum hatte Hylas den Hügelkamm erreicht und sich dort verborgen, als die Dorfbewohner auch schon am Grabhaus auftauchten.
    Zu seiner Erleichterung schienen sie nichts Ungewöhnliches zu bemerken, sondern machten sich unverzüglich daran, Steine vor dem Eingang aufzuschichten. In der Menge entdeckte er den Hund vom Abend zuvor, der einem Jungen auf Schritt und Tritt folgte. Obwohl Hylas sich freute, dass dem Tier nichts zugestoßen war, versetzte es ihm zugleich einen eifersüchtigen Stich, als der Hund die Hand des Jungen beschnüffelte, genauso wie Scram es früher bei ihm getan hatte.
    Hylas verlor keine Zeit mehr und eilte die andere Seite des Hügels hinab. Zum Schutz vor dem Geist des Keftiu klaubte er rasch ein paar Beeren vom Wegedorn und stopfte die Locke und den Dolch in seinen Vorratsbeutel. Später würde er eine Scheide für den Dolch anfertigen, denn Fremdlingen war der Besitz von Bronze verboten. Falls man ihn mit dem Bronzedolch sah, würden ihn alle für einen Dieb halten.
    Während er sich daran zu erinnern versuchte, was Telamon ihm über Lapithos erzählt hatte, schritt er zügig nach Osten aus, auf die Ausläufer der Berge zu. Die kümmerlichen Pinien boten nur unzureichende Deckung und mannshohe Disteln kratzten ihn mit Dornen, so lang wie die Stoßzähne eines Ebers. Von den Schwarzen Kriegern war jedoch keine Spur zu sehen und auch sonst kein Mensch weit und breit. In Gedanken an seine Verfolger versunken, umrundete Hylas eine Felsnase und wäre beinahe in einen Streitwagen gelaufen.
    Entsetzt erfasste er mit einem Blick zwei Pferde und einen Krieger mit Lederhelm, der ihm den Rücken zuwandte. Als die Pferde wieherten, drehte sich der Mann um. Hylas hatte genug gesehen und jagte wie ein Hase einen Hang hinauf, wohin ihm der Wagen nicht folgen konnte.
    Er stolperte über den Kamm, rutschte an der anderen Seite hinunter und hielt auf den Bach am Fuße des Hügels zu. In einer dichten Staubwolke schoss der Wagen um den Hügel, während der Krieger aus Leibeskräften brüllte. Mit einem Satz sprang Hylas in den schmalen Wasserlauf. Eine Fontäne spritzte auf, Trinkschlauch und Vorratsbeutel schlugen schwer gegen seinen Rücken.
    Er hörte ein lautes Krachen und das nervöse Wiehern der Pferde hinter sich, dann folgte ihm der Krieger zu Fuß. Hylas schlug einen Zickzack-Kurs ein, der Krieger ebenfalls, dann packte ihn eine Hand an der Schulter, riss ihn nach hinten und beide stürzten rücklings in den Bach. Der Fremde drehte ihm den Arm auf den Rücken, aber Hylas schüttelte ihn ab und drückte seinen Kopf unter Wasser. Wild um sich schlagend, versetzte der Fremde Hylas einen schmerzhaften Hieb auf den verletzten Arm. Hylas’ Gegner hatte sich aus der Umklammerung befreit und tauchte spuckend auf, woraufhin Hylas ihm einen kräftigen Tritt in den Unterleib versetzte. Der Krieger klappte mit einem Schmerzensschrei
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