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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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von Pfeilen in Köchern. Sein Magen zog sich zusammen.
    Sie waren zurückgekommen.

    Er kroch über den Rand des Pfades, bekam einen Kiefernschössling zu fassen und klammerte sich wie eine Fledermaus daran fest.
    Die stampfenden Schritte kamen näher.
    Hylas ertastete mit den Zehen einen kleinen Vorsprung und schob sich darauf seitwärts unter einen kleinen Überhang. Das Gesicht an eine Baumwurzel gepresst, warf er einen Blick in die Schlucht und bereute es sofort. Alles was er sah, waren die schwindelerregenden wogenden Baumkronen unter ihm.
    Die Krieger hatten ein rasches Tempo angeschlagen. Hylas hörte Leder knirschen, roch ranzigen Schweiß und einen seltsam bitteren, schrecklich vertrauten Geruch. Derselbe Geruch war ihm bereits gestern Abend aufgefallen. Die Krieger hatten ihre Haut mit Asche eingerieben.
    Unter dem Überhang konnten ihn die Männer zwar nicht sehen, aber zu seiner Linken wand sich der Pfad in einer weiten Kehre bis in die Schlucht hinein. Er hörte den Trupp schnaufend vorbeistürmen und in der Kurve sah er die Männer in einer dichten, roten Staubwolke: albtraumhafte Gestalten in Rüstungen aus steifem schwarzen Leder, umgeben von einem Dickicht aus Speeren, Dolchen und Bögen. Die langen schwarzen Umhänge flatterten wie Krähenflügel hinter ihnen, die Gesichter unter den Helmen waren aschgrau.
    Plötzlich ertönte ganz in der Nähe eine Männerstimme.
    Hylas hielt die Luft an. Der Krieger musste unmittelbar über ihm auf dem Pfad stehen.
    Die anderen weiter oben auf dem Weg machten kehrt und kamen zurück, direkt auf Hylas zu.
    Steinchen knirschten unter Sohlen, als sich ein einzelner Mann näherte. Seinem gemächlichen Tempo nach zu urteilen war er sicher der Anführer. Das Klirren seiner Rüstung klang eigentümlich laut und metallisch.
    »Sieh mal, da«, sagte der Mann, der zuerst stehen geblieben war. »Blut.«
    Hylas überlief es eiskalt. Blut. Sein Blut. Es musste auf den Pfad getropft sein.
    Er wartete.
    Der Anführer schwieg.
    Sein Schweigen schien den anderen Krieger zu verunsichern. »Wahrscheinlich ist es nur das Blut des Ziegenhirten«, sagte er hastig. »Entschuldige. Du wolltest ihn lebendig haben.«
    Beharrliches Schweigen.
    Hylas war schweißüberströmt. Mit einem Mal fiel ihm ein, dass die Pfeilspitze ebenfalls auf dem Pfad lag. Hoffentlich entdeckten die Männer sie nicht.
    Er verrenkte sich fast den Hals, bis er schließlich unmittelbar über sich die Hand eines Mannes erkannte, die sich auf einen Stein an der Kante über ihm stützte.
    Die kräftige Hand sah wie die eines Toten aus. Die Haut war mit grauer Asche eingerieben, und die Nägel waren pechschwarz. Der Armschutz des Mannes glühte rot wie die untergehende Sonne und blinkte so hell, dass der Anblick beinahe schmerzte. Hylas wusste, was das war, obwohl er es zum ersten Mal aus der Nähe sah: Bronze.
    Trotz der Staubkörnchen in seinen Augen wagte er nicht einmal, zu blinzeln. Die beiden Männer standen so dicht über ihm, dass er ihre Atemstöße hörte.
    »Weg damit!«, sagte der Anführer. Seine Stimme klang dumpf und tief. Hylas dachte unwillkürlich an eine kalte Höhle, in die niemals ein Sonnenstrahl fiel.
    Dann fiel etwas Schweres über den Rand und verfehlte ihn nur knapp. Es landete krachend in dem dornigen Baum, eine Armeslänge entfernt, und blieb an seinem Fuß liegen. Als Hylas begriff, was es war, wurde ihm übel.
    Früher war es einmal ein Junge gewesen, aber nun war es nur noch ein blutiges, zerschundenes Bündel. Hylas kannte den Toten. Skiros war zwar nicht sein Freund gewesen, aber er hatte Ziegen gehütet, so wie Hylas. Der Tote war etwas älter als Hylas und hatte als besonders rücksichtsloser Kämpfer gegolten.
    Die Leiche war bedrohlich nahe, er konnte sie beinahe berühren. Er spürte, wie der böse Geist aus dem Toten ausbrechen wollte. Wenn er ihn fand und in seine Kehle eindrang …
    »Damit haben wir sie alle erledigt«, sagte der Mann.
    »Was ist mit dem Mädchen?«, fragte der Anführer.
    Hylas erstarrte.
    »Ist das Mädchen denn wichtig?«, entgegnete der andere. »Es ist doch bloß ein …«
    »Und der andere geflüchtete Junge?«
    »Den habe ich mit dem Pfeil erwischt, der kommt nicht weit.«
    »Dann haben wir also nicht alle erledigt«, erwiderte der Anführer kalt. »Nicht, solange dieser Junge noch am Leben ist.«
    »Das ist wahr.« Der andere klang ängstlich.
    Wieder knirschten Steinchen, als sich die Männer erneut in Bewegung setzten. Hylas hoffte inständig, dass sie
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