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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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Mond aufgegangen, und der durchdringende Chor der Nachtzikaden setzte ein, als Hylas den schattigen Mandelbaumhain hinter dem Dorf erreichte. Er streifte eilig die Tunika über und schlang sich das Seil um die Taille.
    Ein paar verspätete Bienen summten um die Stöcke. Im Gras stand ein Opfertisch. Hoffentlich hatten sich alle von den Göttern geschickten Kreaturen bereits bedient, dachte er und schlang zwei Honigkuchen sowie einen Fladen herunter. Der Pfannkuchen aus Kichererbsenmehl war üppig mit einem Mus aus Linsen, getrocknetem Barsch und Käsekrümeln gefüllt und schmeckte besonders köstlich. Hylas ließ einen winzigen Rest für die Bienen übrig und bat sie, nach Issi Ausschau zu halten. Ihr Summen konnte Ja und Nein bedeuten.
    Jedenfalls war Issi bestimmt nicht hier entlanggekommen. Nie im Leben hätte seine Schwester diese leckeren Pfannkuchen verschmäht. Sollte er hier auf sie warten oder sich lieber nach Laphitos durchschlagen, weil sie vielleicht dorthin unterwegs war und seinen Freund Telamon dort zu finden hoffte? Aber Laphitos lag weit entfernt auf der anderen Seite des Berges, und weder Hylas noch seine Schwester waren je dort gewesen. Ihr einziger Anhaltspunkt bestand in den reichlich vagen Beschreibungen Telamons.
    Weit entfernt erklang unablässig das Bellen des Hundes, den er schon vorhin gehört hatte. Es klang nun noch verzagter und mutloser. Hylas wünschte sich inständig, das Gebell würde aufhören, denn es erinnerte ihn an Scram.
    Er wollte jetzt nicht an seinen Hund denken. Das durfte er einfach nicht. In seinem Schädel waren alle möglichen unangenehmen Erinnerungen hinter einer schützenden Mauer eingeschlossen.
    In den Bergen kühlte die Luft nach Sonnenuntergang rasch ab, und bald klapperte Hylas trotz der groben Wolltunika mit den Zähnen. Da er zudem völlig erschöpft war, beschloss er, sich nach einem Schlafplatz umzusehen.
    Er war noch nicht weit gekommen, als er bemerkte, dass das Bellen verstummt war. Stattdessen ertönte nun ein lang gezogenes, klägliches Jaulen.
    Das Jaulen schwoll an, als Hylas um die Kurve bog.
    Der Hund war kleiner als Scram, aber genauso struppig. Sein Besitzer hatte ihn vor einer Hütte aus Pinienzweigen an einem Baum festgebunden. Die Wasserschüssel war leer. Der Hund war noch jung und geriet bei Hylas’ Anblick außer Rand und Band. Er stellte sich auf die Hinterbeine und strampelte in ekstatischer Begrüßungsfreude mit den Vorderpfoten.
    Hylas war, als presste ihm jemand das Herz zusammen. Das Bild von Scram, wie er mit einem Pfeil in der Flanke tot am Boden lag, tauchte vor ihm auf.
    Der Hund bellte aufgeregt und wackelte begeistert mit dem Hinterteil.
    »Sei still!«, befahl Hylas.
    Das Tier legte den Kopf schräg und winselte.
    Hylas öffnete rasch den Trinkschlauch, goss Wasser in die Schüssel und warf dem Hund die Blutwurst zu. Das Tier trank das Wasser in gierigen Zügen und verschlang die Wurst mit einem Happs. Anschließend warf er Hylas mit einem Sprung zu Boden und leckte begeistert seine Wange. Halb betäubt vor Kummer grub Hylas das Gesicht in das Fell des Hundes und sog den warmen, vertrauten Geruch ein. Dann stieß er ihn mit einem Aufschrei von sich, rappelte sich hoch und zog sich außer Reichweite zurück.
    Der Hund wedelte mit dem Schwanz und gab ein klägliches Wu-wu-wuhuuu von sich.
    »Ich kann dich nicht losbinden«, erklärte Hylas. »Dann folgst du mir und sie fangen mich.«
    Der Hund sah ihn flehentlich an.
    »Dir passiert schon nichts«, sagte Hylas möglichst überzeugend. »Dein Besitzer hat dir sogar einen Wassernapf zurückgelassen. Bestimmt kommt er bald und holt dich.«
    Er handelte doch richtig, oder? Er konnte den Hund einfach nicht mitnehmen, wenn ihn die Schwarzen Krieger verfolgten. Hunde können sich nicht verstecken und man kann einem Hund unmöglich beibringen, dass er einen nicht verraten darf.
    Aber wenn sie den Hund töteten, so wie sie Scram getötet hatten?
    Schnell, bevor er es sich anders überlegte, ergriff er die Wasserschüssel, befreite den Hund und zog ihn hinter sich her. In Sichtweite des Dorfes band er ihn an einem Baum fest, füllte erneut die Wasserschüssel und vergewisserte sich, dass das Seil nicht zu stramm saß.
    »Keine Sorge«, murmelte er. »Jemand wird sich um dich kümmern.«
    Er ließ den Hund zurück, der auf den Hinterbeinen hockte und ihm leise winselnd nachschaute. Als Hylas sich umdrehte, sprang er hoch und stieß ein hoffnungsvolles Wu-wuuu aus.
    Hylas biss die Zähne
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