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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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Moment lang sogar, dass seine Hände in Leder steckten. Der Wunsch, sie zu berühren, ihre Haut zu spüren, war fast übermächtig.
    Und dann, als er die geheimnisvolle Fremde fast passiert hatte, riss von hinten eine Hand an seinem Kragen. Sie schob sich unter seinen Schal, und eiskalte Finger griffen nach seinem Hals.
    Ein Feuerwerk von Gefühlen explodierte in seinem Kopf – Erregung, Verlangen, Wut, Freude. Er spürte einen Druck, gefolgt von einem Knacken. Seine Hand zuckte zum Hals, und er fuhr herum.
    Einen Moment hielt der Dieb, ein untersetzter Mann mit Knollennase und Wurstfingern – Sipowicz aus NYPD Blue –, das silberne Kruzifix vor ihm in die Luft. Das Licht vorüberfahrender Scheinwerfer blitzte hell darin auf. Hilflos starrte Elijah seinen Talisman an, da drängte der Dieb an ihm vorbei und stieß Angela Bassett zur Seite.
    Elijah wollte ihm hinterher rennen, aber er war einfach zu perplex. Einen Moment sah er nur eine Million greller Farben, und dann …
    Die Wirklichkeit kehrte zurück, und die Welt war wieder zu erkennen. Unsicher tat er noch einen Schritt, doch der Dieb war längst verschwunden. Elijah befühlte seinen nackten Hals. Er konnte nicht glauben, dass das Silberkreuz tatsächlich weg war.
    Er fing an, zu hyperventilieren, hechelte und japste. Elijah suchte etwas, an dem er sich festhalten konnte, irgendetwas, und seine Hand schloss sich um Bassetts Oberarm. Und dann tat sie etwas, das Elijahs Panik eigentlich ins Unermessliche gesteigert hätte.
    Sie berührte sein Gesicht. Erstaunlicherweise schreckte er nicht zurück. Bei ihrer leisen Berührung fühlte sich Elijah … gut. Als schwebte er. Fast so, als …
    Ein ganzes Orchester aus Autohupen dröhnte los. Die Ampel war umgesprungen, und sie standen noch immer mitten auf der Straße. Bassett nahm Elijah beim Arm und zog ihn eilig auf den Bordstein, als eben eine Stretch-Limo vorüberraste.
    «D-d-danke», stöhnte Elijah, der sich noch immer nicht erklären konnte, was da eben passiert war. Ihm fehlten die Worte, weil er sich so ruhig und friedlich fühlte. Die vielen Menschen drängten an ihm vorbei, doch Elijah war ganz ruhig. Er blickte in die dunklen Katzenaugen dieser Frau.
    «Alles klar?»
    «Ich glaube schon», sagte Elijah und wünschte, ihm würde etwas einfallen, damit sie noch bei ihm blieb.
    «Gut», sagte Bassett. «Immer schön vorsichtig.»
    Doch bevor er reagieren konnte, war dieses geheimnisvolle Wesen schon wieder auf der Kreuzung und verschwand in der Menge.
    Hätte Elijah klar denken können, hätte er sich wohl bewusst gemacht, wie beunruhigend es war, die Kette nicht mehr zu tragen. Oder darüber, wieso er bei dem Raub eigentlich keinen Nervenzusammenbruch erlitten hatte. Oder wieso er nicht die leiseste Panik empfand, obwohl er von Menschen umringt war. Stattdessen konnte er nur an diese schimmernde Frau denken.
    Und selbst als er sie jetzt nicht mehr sehen konnte, wurde Elijah doch das Gefühl nicht los, dass sie irgendwo da draußen war. Und ihn beobachtete.
     
    Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis der Notarzt kam. Zwei Paukisten waren bei Michael geblieben, während eine der Cellistinnen, ein stilles Mäuschen namens Laura, die Polizei rief und Carol Royce etwas Eis für ihre Beule am Kopf besorgte.
    Winter schlang die Arme um sich, als die Sanitäter Michael auf der Bahre aus dem Zimmer rollten. Zwar war sein Gesicht von der Sauerstoffmaske fast ganz verdeckt, doch sein verliebter Blick bohrte sich in ihre Seele. Als die Sanitäter ihr erklärten, er werde wieder ganz gesund, wusste Winter nicht, was sie dazu sagen sollte.
    In diesem Moment blitzte es. Unwillkürlich blickte Winter zur offenen Tür und wurde von einem wahren Blitzlichtgewitter geblendet. Sie schloss die Augen und sah grelle blaue und rote Punkte. Plötzlich begriff sie.
    «Carl!» Sofort stampfte der Paukist heran, doch bevor er bei der Tür war, hatte der Fotograf sie ihm schon vor der Nase zugeschlagen. Carl riss sie auf und stürmte hinaus, aber es war zu spät. Der Paparazzo war entkommen.
    «Miss Zhi?»
    Und wieder stand ein Fremder in der Tür. Er war Anfang vierzig, mit pockennarbigem Gesicht und roter Nase. Er trug einen billigen, grauen Anzug, der um die Taille spannte, als hätte der Mann, der ihn trug, schon mal zehn Kilo weniger gewogen.
    «Ich bin Detective Pastorelli», sagte er. «Brauchen Sie einen Arzt?»
    «Nein», sagte Winter mit ausdrucksloser Stimme. «Geht schon.»
    «Hätten Sie dann was dagegen, wenn ich Ihnen

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