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Glutopfer. Thriller

Glutopfer. Thriller

Titel: Glutopfer. Thriller
Autoren: Michael Lister
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trifft jedoch fast immer Letzteres zu.
    »Sie kennen ihn?«
    Sam nickt.
    »Nicht von der Ausbildung, von einem Fall.«
    »Einem
Fall

    »Er hat das Department hin und wieder beraten.«
    »Ein Professor für Religionswissenschaft?«
    »Wenn ein Verbrechen vermutlich religiös motiviert war oder kultische Symbole am Tatort gefunden wurden.«
    »Oh.«
    »Was hat er hier draußen zu suchen gehabt?«
    »Er ist gelaufen.«
    »War er auf der Flucht?«
    Der Sheriff scheint sich das ernstlich zu überlegen.
    »Ich nehme an, vor dem Tod«, sagt er dann. »Das macht man doch so in Ihrer Generation.«
    Sie lächelt. Mache ich das, wenn ich laufe? Zum Teil wahrscheinlich schon. Den Tod habe ich jedenfalls so oft gesehen, dass mich der Dreckskerl beim Namen kennt.
    Sheriff Preacher Gibson ist ein korpulenter älterer Mann mit feinem weißem Haar und freundlichen blauen Augen und erinnert Sam an einen liebenswürdigen alten Großvater, der wahrscheinlich jedes Jahr beim städtischen Weihnachtsumzug den Nikolaus spielt. Wie ihr eigener Großvater riecht er nach Pfefferminz, Old Spice und Haaröl.
    »Apropos meine Generation, Daniel ist zu jung, um pensioniert zu sein.«
    Der Sheriff zuckt mit den Schultern.
    »Vielleicht ist es ja was Gesundheitliches.«
    Das muss sie sich merken. Nach einem kurzen, aber intensiven Kontakt und einem Flirt, den sie wegen Stan abbrach, hatte sie Daniel aus den Augen verloren. Sie hat gehört, dass er seine Beratertätigkeit aufgegeben hat, weiß aber nicht, warum. Sie ist einfach davon ausgegangen, dass es ihm – wie den meisten Leuten – einfach zu viel war, aber wenn er sich aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen hat, ist er vielleicht einem der Monster zu nahe gekommen, bei deren Ergreifung er helfen sollte.
    »Tut mir leid, dass es so holpert«, sagt der Fahrer. »Die Gleise wurden seit Jahren nicht mehr gewartet.«
    Der Fahrer, ein Weißer Mitte fünfzig, der sich dringend rasieren müsste, riecht nach Schweiß und Motorenöl und trägt eine dreckige Uniform, marineblaue Hosen, ein hellblaues Hemd und eine weiße Kappe, die in Blau mit dem Schriftzug Bay Line Railroad bestickt ist und unter der zu lange, fettige Haare in sämtliche Richtungen abstehen.
    »Kein Problem«, sagt Gibson. »Nett von Ihnen, dass Sie uns aushelfen.«
    Alles, was er sagt, ist so höflich und leutselig, und immer lächelt er dabei. Kein Wunder, dass er schon so lange Sheriff von Pine County ist.
    Sam ist aufgeregt. Sie verspürt diesen Kitzel, mit dem jede neue Ermittlung beginnt. Angespannte Nerven. Gereizter Magen. Rasende Gedanken.
    »Was ist mit dem Gebäude, in dem die Leiche gefunden wurde?«, fragt Sam.
    »Altes Eisenbahndepot. Liegt mittlerweile am Ende der Welt. Früher gab es in der Gegend mal ein paar Leute, Terpentinsammler und Holzarbeiter.«
    Weil die Klimaanlage des alten Hi-Rail ausgefallen ist, herrscht drückende Hitze in der Kabine, obwohl die Fenster heruntergekurbelt sind.
    »Und die Gleise hier werden nicht mehr benutzt?«
    »Seit die Papierfabrik in Bayshore geschlossen wurde.«
    »Ich frage mich, wie der Mörder sein Opfer hierhergeschafft hat«, sagt Sam. »Und warum überhaupt?«
    »Deswegen sind Sie ja hier. Ich kann eine ganze Menge – für Sauberkeit und Sicherheit im County sorgen, ein kleines Sheriff-Department leiten, ein ordentliches Gumbo kochen –, aber so was hier kann ich nicht. Ich hoffe, Sie können das.«
    »Möglich«, sagt Sam.
    Fälle von Brandstiftung, mit deren Hilfe ein Mord begangen oder vertuscht werden soll, haben in den letzten Jahren zugenommen, und Sam hatte in und um Dade County relativ oft mit dergleichen zu tun. So oft, dass sie inzwischen sozusagen darauf spezialisiert ist und häufig Kollegen berät oder anderen Behörden zugeteilt wird.
    Expertin ist sie noch lange nicht.
    »Ich stelle Ihnen einen Ermittler an die Seite, der mit Ihnen zusammenarbeitet und Ihnen alles besorgt, was Sie brauchen«, sagt er, »aber verantwortlich für diesen Fall sind Sie.«
    Sam nickt, fragt sich, ob sie zuversichtlich wirkt, und wünscht sich, dass sie es wäre.
    »Ich habe bei der Brandermittlung der Feuerwehr angerufen«, sagt er. »Da hieß es, dass die sich mit so was eigentlich gar nicht befassen. Die haben eher mit Brandstiftung zu tun – Gebäude, Versicherungen und so weiter. Das hier ist was ganz anderes. Die meinen, das FDLE ist viel besser ausgerüstet, um mit so was klarzukommen, und wenn ihr das auch nicht schafft, müssen wir uns einen vom FBI holen, der
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